Oktober 2024

Diesen Sommer haben ich von meiner Mutter deren Eigentumswohnung abgekauft und ihr im Gegenzug ein lebenslängliches Nutzniessungsrecht an der Wohnung eingeräumt. Demnächst findet nun eine Stockwerkeigentümerversammlung statt. Meine Mutter ist der Meinung, sie dürfe an dieser Versammlung teilnehmen und abstimmen. Stimmt das?

Es steht dem Stockwerkeigentümer und der Nutzniesserin frei, sich über die Stimmabgabe zu einigen. Dies kann jeweils im Hinblick auf jede Versammlung von neuem oder im Rahmen einer Vereinbarung generell erfolgen. In einer solchen Vereinbarung können die Parteien das Stimmrecht auch auf Grund verschiedener Kategorien aufteilen. So können sie beispielsweise beschliessen, dass der Stockwerkeigentümer für Wahlen und Fragen im Bereich von Steuern zuständig ist und der Nutzniesser für die restlichen Geschäfte. 

Können sich der Eigentümer und die Nutzniesserin nicht einigen, so überträgt das Gesetz das Stimmrecht je nach Beschlussgegenstand einem der beiden. Gemäss Art. 710o Abs. 2 ZGB gilt die Nutzniesserin in allen Fragen der Verwaltung mit Ausnahme der bloss nützlichen oder der Verschönerung und Bequemlichkeit dienenden baulichen Massnahmen als stimmberechtigt. Sie hat somit eine beinahe vollständige Verwaltungsmacht über den Stockwerkanteil und die gemeinschaftlichen Teile (z.B. Beschluss über notwendige bauliche Massnahmen, ,Wahl der Verwaltung usw.). Nur bei nützlichen oder luxuriösen baulichen Massnahmen behält der Stockwerkeigentümer sein Stimmrecht. 

Matthias Fricker
m.fricker@frickerseiler.ch