Frage des Monats

Mit der «Frage des Monats» nehmen wir rechtliche Fragen des täglichen Lebens auf und geben Ihnen kurze und nützliche Antworten.

2023

Juni 2023

Wir wohnen in einem Reiheneinfamilienhaus und haben vor einigen Jahren mit den Nachbarn einen Dienstbarkeitsvertrag geschlossen, um in unserem Garten einen Wintergarten erstellen zu können. Es wurde ein gegenseitiges Grenz- und Näherbaurecht für Klein- und Anbauten vereinbart. Die Aussenverglasung unseres Wintergartens weist einen Abstand von wenigen Zentimetern zur gemeinsamen Grenze auf.

Nun hat unser Nachbar eine Sichtschutzwand im Bereich unseres Wintergartens bis an die Grenze gebaut. Als Konsequenz verbleibt ein schmaler Spalt zwischen Sichtschutzwand und Wintergartenverglasung, der es uns nicht einmal erlaubt, die Scheiben zu reinigen. Darf der Nachbar das?

Es ist ein gegenseitiges Grenz- und Näherbaurecht vereinbart worden. Entsprechend darf der Nachbar im Grundsatz eine eigene Baute bis an die Grenze errichten. Dienstbarkeitsrechte sind zwar möglichst schonend auszuüben und dürfen nur der Wahrnehmung legitimer Interessen dienen. Hier kann aber nicht davon ausgegangen werden, die Sichtschutzwand diene einzig dazu, den Zugang zur Aussenfassade Ihres Wintergartens zu verhindern. Entsprechend ist die Baute zulässig. Die Problematik ist letztlich aus der Konstruktion Ihres Wintergartens und dem Umstand entstanden, dass ein gegenseitiges Grenz- und Näherbaurecht vereinbart worden ist. 

Roger Seiler
r.seiler@frickerseiler.ch

Mai 2023

Zusammen mit meinem Mann habe ich die Skiferien in einem 4 Sterne Hotel in Arosa verbracht. Als wir uns am zweiten Abend nach dem Skifahren im Wellnessbereich aufhielten, wurde mein Brillantring im Wert von ca. Fr. 5'000.00 aus unserem Zimmer gestohlen. Ich meldete den Vorfall sofort der Hoteldirektion. Als Täterin konnte in der Folge eine Angestellte des Hotels ermittelt werden. Sie wurde wegen Diebstahls verurteilt, hat jedoch kein Geld um mir den Schaden zu ersetzen. Ich habe mich deshalb an die Direktion des Hotels gewandt, welche mir mitteilt, das Hotel sei nicht verpflichtet mir den Schaden zu ersetzen. Trifft das zu?

Gemäss Artikel 487 Abs. 1 und 2 OR haftet der Hotelbetrieb unabhängig vom Verschulden bis zu einem Betrag von Fr. 1'000.00 für jede Beschädigung, Vernichtung oder Entwendung der von den Gästen eingebrachten Sachen. Der Hotelbetrieb kann sich von dieser Haftung nur befreien, wenn ein in Art. 487 Abs. 1 OR aufgeführter Entlastungsgrund vorliegt, der Schaden namentlich durch den Gast selber oder seine Besucher oder Begleiter verursacht worden ist. Art. 488 OR enthält eine Sonderregelung für Kostbarkeiten, grössere Geldbeträge und Wertsachen. Übergibt der Gast Kostbarkeiten, grössere Geldbeträge oder Wertpapiere dem Hotelbetrieb nicht zur Aufbewahrung, so entfällt dessen Haftung gemäss Art. 487 Abs. 2 OR. Der Hotelbetrieb haftet jedoch, wenn ihm oder seinen Angestellten ein Verschulden nachgewiesen werden kann.

Der Brillantring der ihnen gestohlen wurde, stellt zweifellos eine "Kostbarkeit" im Sinne der erwähnten Gesetzesbestimmung dar. Sie haben den Ring zwar dem Hotelbetrieb nicht zur Aufbewahrung übergeben, weshalb dessen Kausalhaftung entfällt. Der Hotelbetrieb haftet ihnen gegenüber jedoch aus Verschulden, weil eine Hotelangestellte den Ring gestohlen hat.

Gemäss Art. 489 OR erlöschen die Ansprüche des Gastes, wenn der Schaden nicht sofort nach dessen Entdeckung dem Hotelbetrieb angezeigt wurde. Dieser Obliegenheit sind sie nachgekommen.

Kurt Fricker
k.fricker@frickerseiler.ch

April 2023

Ich bin Eigentümer einer 4,5 Zimmer-Wohnung und habe diese seit einigen Jahren an eine Familie vermietet. Nun teilten mir meine Mieter mit, sie würden sich einen Entlebucher Sennenhund anschaffen. Muss ich dies akzeptieren?

Das Mietrecht kennt keine expliziten Vorschriften zur Tierhaltung. Somit können die Parteien die Frage der Zulässigkeit der Tierhaltung durch den Mieter im Mietvertrag frei regeln. Findet sich im Mietvertrag keine Regelung zur Tierhaltung, so ist diese erlaubt. Eine Ausnahme davon stellt die Haltung von gefährlichen oder sehr störenden Tieren wie beispielsweise giftige Schlagen und Spinnen, Papageie oder von Tieren in grosser Zahl dar. Auch wenn die Haltung von Haustieren grundsätzlich erlaubt ist, schliesst dies die erwähnten Tiere nicht mit ein.

Häufig wird im Mietvertrag jedoch vereinbart, dass die Haustierhaltung generell verboten ist oder aber der Zustimmung durch die Vermieterin bedarf. Ist Letzteres der Fall, so kann die Vermieterin die Zustimmung ohne Angabe von Gründen verweigern. Es macht auch Sinn, vertraglich festzulegen, unter welchen Umständen die Vermieterin eine erteilte Zustimmung widerrufen kann. Unproblematische Kleintiere wie Hamster, Zierfische, Wellensittiche usw. dürfen jedoch unabhängig von einer Zustimmung durch die Vermieterin gehalten werden. 

Hält sich der Mieter nicht an das Tierhaltungsverbot oder hat er bei der Vermieterin die dafür notwendige Zustimmung nicht eingeholt, kann die Vermieterin den Mietvertrag kündigen.

Auch bei einer erlaubten Tierhaltung ist der Mieter jedoch verpflichtet, dem Mietobjekt Sorge zu tragen sowie auf Nachbarn Rücksicht zu nehmen. 

Zusammenfassend kann Ihre Frage dahingehend beantwortet werden, dass Ihre Mieter einen Entlebucher Sennenhund halten dürfen, sofern die Tierhaltung im Mietvertrag nicht ausdrücklich verboten oder von Ihrer Zustimmung abhängig gemacht wurde. Generell macht es für zukünftige Vermietungen Sinn, die Frage der Tierhaltung beim Abschluss des Mietvertrags zu besprechen und klare Regelungen zu treffen. Es besteht sogar die Möglichkeit einen Vertragszusatz für Haustiere abzuschliessen, welcher Rechte und Pflichten der Haustierhalter genau regelt. Das Institut für interdisziplinäre Erforschung der Mensch-Tier-Beziehung (IEMT) hat einen solchen Vertragszusatz erarbeitet, welcher die Interessen von Vermieter, Mieter sowie auch das Bedürfnis der Tiere nach artgerechter Haltung berücksichtigt. Sie können diesen Vertragszusatz hier herunterladen.

Matthias Fricker
m.fricker@frickerseiler.ch

März 2023

Ich habe seit längerer Zeit eine offene Forderung gegenüber einem früheren Kunden. Was kann ich vorkehren, damit diese nicht verjährt?

Art. 135 des Schweizer Obligationenrechts (OR) sieht vor, dass die Verjährung durch folgende Handlungen unterbrochen wird: durch Anerkennung der Forderung von seiten des Schuldners, namentlich auch durch Zins- und Abschlagszahlungen, Pfand- und Bürgschaftsbestellung (Ziff. 1), sowie durch Schuldbetreibung, durch Schlichtungsgesuch, durch Klage oder Einrede vor einem staatlichen Gericht oder einem Schiedsgericht sowie durch Eingabe im Konkurs (Ziff. 2 ).

Im Weiteren ist es dem Schuldner unbenommen, auf die Verjährungseinrede zu verzichten – so kann er bspw. verhindern, dass ihn der Gläubiger zwecks Verjährungsunterbrechung betreibt und er so im Betreibungsregister erscheint. Art. 141 OR regelt die Erfordernisse dieser Verzichtserklärung: Der Schuldner kann ab Beginn der Verjährung jeweils für höchstens zehn Jahre auf die Erhebung der Verjährungseinrede verzichten (Abs. 1), wobei der Verzicht in schriftlicher Form erfolgen muss und in allgemeinen Geschäftsbedingungen lediglich der Verwender auf die Erhebung der Verjährungseinrede verzichten kann (Abs. 1bis).

Zum Schluss noch dies: Art. 142 OR bestimmt, dass der Richter die Verjährung nicht von Amtes wegen berücksichtigen darf, d.h. wenn der Schuldner die Verjährung nicht geltend macht, darf sie der Richter auch nicht beachten und muss die Forderung ohne Berücksichtigung der Verjährung beurteilen.

Samuel Egli
s.egli@frickerseiler.ch

Februar 2023

Damit ich trotz Pflegebedürftigkeit zu Hause wohnen bleiben kann, habe ich mit einer speziellen Personalverleih-Firma im letzten Herbst einen Vertrag abgeschlossen, wonach diese mir Pflegpersonen zur Verfügung stellt. Die jeweilige Person wohnt in meinem Haus und leistet während 21 aufeinanderfolgenden Tagen, inklusive Wochenende, eine 24-Stunden Betreuung. Wenn die drei Wochen vorbei sind, kommt eine andere Betreuungsperson zu mir und die vorherige hat ein paar Tage Pause. Dies hat bis jetzt immer gut funktioniert. Gestern kommt jedoch mein aktueller Betreuer auf mich zu und meint, ich müsse ihm mindestens einen Sonntag frei geben, weil eine dreiwöchige Arbeitsschicht gegen die Ruhezeitvorschriften des Arbeitsgesetztes (ArG) verstossen. Die Personalverleih-Firma sagt mir aber, dies sei falsch: In Art. 2 Abs. 1 lit. g ArG stehe klar, dass das Arbeitsgesetz auf private Haushaltungen keine Anwendung finde. Wer hat recht?

Die Aussage der Personalverleih-Firma, dass private Haushaltungen, wie in Ihrem Falle, gemäss Art. 2 Abs. 1 lit. g ArG nicht dem Arbeitsgesetz unterstellt sind, ist grundsätzlich richtig. Dies gilt jedoch nur dann, wenn Sie mit der Betreuungsperson direkt einen Vertrag abschliessen. Beim Personalverleih liegt ein sogenanntes Dreiparteienverhältnis vor. Mit Urteil vom 22. Dezember 2021 (BGE 2C_470/2020) hat das Bundesgericht entschieden, dass der Personalverleiher in dieser Konstellation dem Arbeitsgesetz untersteht und die Ausnahmeregelung von Art. 2 Abs. 1 lit. g ArG nicht greift. Ihre Betreuungsperson hat somit gemäss Art. 20 Abs. 1 ArG Anspruch auf mindestens einen freien Sonntag. Die Personalverleih-Firma, die Ihnen eine durchgehende Betreuung für 21 Tage vertraglich zugesichert hat, muss Ihnen für diesen Tag eine Stellvertretung zur Verfügung stellen.

Karin Koch Wick
k.koch@frickerseiler.ch

Januar 2023

Vor einigen Jahren habe ich mit einem Geschäftspartner zusammen einen Aussenparkplatz zur gemeinsamen Nutzung gekauft. Der Parkplatz ist als selbstständiges Grundstück aus-gestaltet und wir sind als Miteigentümer je zu ½ im Grundbuch eingetragen.

Ich benötige diesen Parkplatz nicht mehr und möchte meinen Anteil los werden bzw. mein Eigenkapital realisieren. Mein Geschäftspartner weigert sich aber, beim Verkauf mitzuwirken oder meine Hälfte zu übernehmen. Was kann ich tun?

Jeder Miteigentümer hat im Grundsatz das Recht, die Aufhebung des Miteigentums zu verlangen. Dieses Recht ist dann eingeschränkt, wenn entweder die Sache im Miteigentum einem dauernden Zweck gewidmet ist oder vereinbart wurde, auf die Aufhebung für eine bestimmte Dauer zu verzichten. Hier dürfte beides nicht der Fall sein. Weigert sich der Miteigentümer, bei der Aufhebung des Miteigentums mitzuwirken, so kann das Gericht angerufen werden. Weil bei einem Parkplatz im Unterschied bspw. zu einem Geldbetrag oder einem Ster Holz die körperliche Aufteilung nicht möglich ist, wird das Gericht die Versteigerung anordnen, so dass in der Folge der Erlös hälftig aufgeteilt werden kann. Jeder Miteigentümer hat im Grundsatz das Recht, die Aufhebung des Miteigentums zu verlangen. Dieses Recht ist dann eingeschränkt, wenn entweder die Sache im Miteigentum einem dauernden Zweck gewidmet ist oder vereinbart wurde, auf die Aufhebung für eine bestimmte Dauer zu verzichten. Hier dürfte beides nicht der Fall sein. Weigert sich der Miteigentümer, bei der Aufhebung des Miteigentums mitzuwirken, so kann das Gericht angerufen werden. Weil bei einem Parkplatz im Unterschied bspw. zu einem Geldbetrag oder einem Ster Holz die körperliche Aufteilung nicht möglich ist, wird das Gericht die Versteigerung anordnen, so dass in der Folge der Erlös hälftig aufgeteilt werden kann. 

Roger Seiler
r.seiler@frickerseiler.ch