Frage des Monats

Mit der «Frage des Monats» nehmen wir rechtliche Fragen des täglichen Lebens auf und geben Ihnen kurze und nützliche Antworten.

2022

Dezember 2022

Vor drei Jahren ist mein Vater gestorben. Er hat kein Testament hinterlassen. Vor drei Monaten ist meine Mutter gestorben. Sie hat ein Testament hinterlassen, in welchem sie ihren Lebenspartner, Fritz Künzle, mit dem sie seit dem Tod meines Vaters in ihrem Einfamilienhaus zusammenlebte, eingesetzt hat. Fritz Künzle, 68-jährig und ehemaliger Bankangestellter, hat das Willensvollstreckermandat angenommen, was mir vom zuständigen Gericht bestätigt wurde.

Vom Willensvollstrecker haben meine zwei Schwestern und ich bis heute nichts weiteres gehört, ausser dass er uns mitgeteilt hat, er werde weiterhin im Haus meiner Mutter wohnen bleiben. Ist diese "Funkstille" von Seiten des Willensvollstreckers normal? Durfte meine Mutter ihren Lebenspartner als Willensvollstrecker einsetzen? Muss ein Willensvollstrecker nicht Notar oder Anwalt sein? Darf Fritz Künzle ohne weiteres im Haus meiner Mutter wohnen bleiben?

Dass der Willensvollstrecker nach Annahme des Mandates nichts von sich hören liess, ist ungewöhnlich. In der Regel hat sich der Willensvollstrecker nach Annahme des Mandates einen Überblick über die Vermögensverhältnisse des Nachlasses zu verschaffen und ein Inventar erstellt. Eine nachfolgende Information der Erben ist dann angezeigt. 

Dem Willensvollstrecker obliegt es unter anderem, den Nachlass zu verwalten. In Ihrem Fall ist grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden, dass der Willensvollstrecker weiterhin im Haus Ihrer Mutter lebt. Allerdings hat er der Erbengemeinschaft dafür eine angemessene Entschädigung zu bezahlen. Bei der Festsetzung dieser Entschädigung besteht natürlich ein Interessenskonflikt zwischen dem Willensvollstrecker und der Erbengemeinschaft.

Als Erbin haben Sie gegenüber dem Willensvollstrecker ein umfassendes Auskunftsrecht. Ich empfehle Ihnen deshalb, beim Willensvollstrecker baldmöglichst zu intervenieren und ihn aufzufordern, Ihnen notwendigen Auskünfte zu erteilen. 

Der Willensvollstrecker unterliegt der staatlichen Aufsicht. Erfüllt er seine Pflichten nicht, können Sie bei der zuständigen Aufsichtsbehörde Beschwerde einreichen. 

Kurt Fricker
k.fricker@frickerseiler.ch

November 2022

Ich möchte in meinem Einfamilienhaus von einer Ölheizung auf eine Wärmepumpe umstellen und neu auf dem Dach eine Photovoltaikanlage installieren. Für all dies habe ich mit einem einzigen Anbieter einen Vertrag abgeschlossen. Gestern begannen nun die Arbeiten und dabei wurde diverses Material auf meine Grundstück deponiert und gelagert (z.B. Solarpanels). Was passiert, wenn dieses Material gestohlen wird. Muss ich dafür aufkommen oder mein Vertragspartner?

Beim von Ihnen abgeschlossenen Vertrag handelt es sich um einen Werkvertrag gemäss Art. 363 ff. OR. Wenn nun einzelne Gegenstände, welche Teil des gesamten abzuliefernden Werks (in Ihrem Fall dem Ersatz der Heizung und der zu erstellenden PV-Anlage) bilden, durch Diebstahl oder anderweitig unerlaubt abhanden kommen, liegt ein zufälliger Untergang im Sinne von Art. 376 OR vor. Wer nun die Gefahr dieses Untergangs zu tragen hat, hängt davon ab, ob das Werk bereits vom Unternehmer an den Bauherrn übergeben wurde. In Ihrem Fall erfolgt die Übergabe nach der Fertigstellung aller vereinbarten Arbeiten. Bis zur Übergabe des Werks hat gemäss Art. 376 Abs. 1 OR grundsätzlich der Unternehmen die Folgen eines zufälligen Untergangs der Sache zu tragen. Dies bedeutet, dass der Unternehmer die gestohlenen Gegenstände neu beschaffen muss und die dadurch zusätzlich anfallenden Kosten nicht an Sie weiter verrechnen darf. Anders würde sich die Sache jedoch präsentieren, falls Sie mit dem Unternehmer eine von Art. 376 OR abweichende vertragliche Vereinbarung getroffen haben.

Matthias Fricker
m.fricker@frickerseiler.ch

Oktober 2022

Zur Erstellung einer Stützmauer bin ich darauf angewiesen, das Nachbargrundstück zu betreten. Ist dies zulässig?

Mit Ihrer Frage sprechen Sie das sog. Hammerschlagsrecht an, das seine rechtliche Verankerung im kantonalen Einführungsgesetz zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch (EG ZGB) hat: Darin hält § 76 fest, dass die Grundeigentümerin oder der Grundeigentümer nach Vorankündigung berechtigt ist, Nachbargrundstücke zu betreten oder vorübergehend zu benützen, wenn dies erforderlich ist, um auf dem eigenen Grundstück Pflanzungen, Bauten oder Anlagen zu erstellen, zu unterhalten oder zu beseitigen (Abs. 1). Indes ist für daraus entstehenden Schaden Ersatz zu leisten (Abs. 2). Vorausgesetzt ist also vorerst, dass Sie Ihrem Nachbarn eine entsprechende Vorankündigung machen, d.h. ihn über Ihr Vorhaben aufklären. Sodann ist vorausgesetzt, dass das Betreten/die Benützung erforderlich ist. Was dies meint, ist nicht ganz klar. In allgemeiner Weise kann aber wohl angenommen werden, dass das Betreten/Benützen des Nachbargrundes immer dann als erforderlich gilt, wenn das Vorhaben anders mit verhältnismässigem Aufwand nicht möglich ist. Können also Arbeiten zwar ohne die Beanspruchung des Nachbargrundes ausgeführt werden, wären diese so aber viel aufwändiger/teurer (bspw. wenn extra ein Kran aufgestellt oder extra eine neue Zufahrt erstellt werden muss), darf das Hammerschlagsrecht ausgeübt werden (gegen Schadloshaltung). Kann Ihre Stützmauer also ohne die Beanspruchung des Nachbargrundstückes nur mit unverhältnismässigem Aufwand oder gar nicht erstellt werden, dürfen Sie das Hammerschlagsrecht im vorgenannten Sinne ausüben.
 

Samuel Egli
s.egli@frickerseiler.ch

September 2022

Unsere Mieterin hatte per Ende Juli 2022 ihre Wohnung gekündigt. Weil der 31. Juli dieses Jahr ein Sonntag war und wir für diesen Tag keinen Wohnungsabnehmer aufbieten konnten, wollten wir die Wohnungsabnahme am Freitag, 29. Juli 2022, durchführen. Die Mieterin hat sich aber geweigert und gesagt, sie gebe die Wohnung erst am Dienstagmorgen, 2. August 2022, zurück. Wir haben dann nachgegeben und ihr mit der Schlussrechnung für den zusätzlichen Tag im August einen entsprechenden Mietanteil in Rechnung gestellt. Darauf antwortet uns die Mieterin jetzt, sie hätte sich rechtliche beraten lassen und man habe ihr gesagt, dass wir keinen Anspruch auf Vergütung des zusätzlichen Tages hätten. Stimmt das?

Ja, die Auskunft, die Ihre Mieterin erhalten hat, ist korrekt. Gemäss Art. 78 OR ist die Wohnung erst am nächsten Werktag abzugeben, wenn das Ende der Mietdauer auf einen Sonn- oder staatlich anerkannten Feiertag fällt. Der 31. Juli war ein Sonntag und der 1. August (Montag) ein staatlich anerkannter Feiertag. Die Wohnungsrückgabe per 2. August 2022 war somit korrekt. Dasselbe ergibt sich übrigens auch aus Ziffer 25 des offiziellen Mietvertragsformulars des Hauseigentümerverbandes (HEV) Aargau. 

Karin Koch Wick
k.koch@frickerseiler.ch

August 2022

Ich habe eine zum Verkauf ausgeschriebene Wohnung besichtigt. Sie hat mir sehr gut gefallen und ich habe dem Verkäufer gleich nach der Besichtigung eine schriftliche Reservationsvereinbarung unterschrieben und am nächsten Tag eine Anzahlung von Fr. 20'000.00 geleistet.

In der Zwischenzeit sind mir Zweifel gekommen und ich möchte vom Kauf Abstand nehmen. Der Verkäufer macht aber geltend, ich hätte mich schriftlich zum Kauf verpflichtet und müsse den notariellen Vertrag nun unterzeichnen, ansonsten er einfach die Anzahlung behalten wer-de. Hat er Recht?

Nein. Kaufverträge für Grundstücke bedürfen der Form der öffentlichen Beurkundung. Das Gleiche gilt für Vorverträge dazu. Der schriftliche Reservationsvertrag erfüllt deshalb die gesetzlichen Formvorschriften nicht und entfaltet deshalb keine Wirkung. Sie sind deshalb nicht verpflichtet, die Wohnung zu erwerben, und haben einen Anspruch darauf, vom Verkäufer die Anzahlung zurückzuverlangen. Wenn er allerdings beweisen kann, dass er im Hinblick auf den beabsichtigten Verkauf Aufwendungen getätigt hat (beispielsweise einen Vertragsentwurf des Notars), so kann er den daraus entstandenen Schaden im Sinne von Ersatz des enttäuschten Vertragsvertrauens zurückbehalten, in keinem Fall aber die gesamten Anzahlung. 

Roger Seiler
r.seiler@frickerseiler.ch

Juli 2022

Ich habe meinem guten Bekannten Felix Bünzli vor sechs Jahren Fr. 30'000.00 ausgeliehen. Wir haben schriftlich vereinbart, dass er mir einen Zins von 5 % bezahlt und den Schuldbetrag jährlich mit Fr. 5'000.00 amortisiert. Felix hat in der Folge für zwei Jahre den vereinbarten Zins und die Amortisationsraten bezahlt. Leider geriet er dann in finanzielle Schwierigkeiten und konnte seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen. Nicht nur das, er reagierte auf meine Mahnungen überhaupt nicht mehr. Auch telefonisch konnte ich nicht mehr mit ihm in Kontakt treten. Ich habe Felix deshalb betrieben. Gegen die eingeleitete Betreibung hat er keinen Rechtsvorschlag erhoben. Vor einigen Tagen habe ich nun vom Betreibungsamt die Pfändungsurkunde erhalten und musste mit Schrecken feststellen, dass Felix auf einem Schuldenberg von rund Fr. 60'000.00 sitzt. Zudem hat ihn seine Frau mit seinen drei Kindern verlassen. Er muss ihr happige Unterhaltsbeiträge bezahlen. Im Ergebnis bedeutet dies, dass das Betreibungsamt von seinem Lohn keinen Rappen pfänden konnte. Deshalb stellte mir das Betreibungsamt einen Verlustschein im Betrag von Fr. 20'000.00 nebst Zins aus. Ergänzen muss ich noch, dass Felix vermögende Eltern hat, die kurz vor der Pensionierung stehen. Muss ich aufgrund dieser Ausgangslage meine Forderung in den Kamin schreiben?

Das sind tatsächlich keine rosigen Aussichten für Sie! Felix wird noch während vieler Jahre familienrechtliche Unterhaltsbeiträge zu bezahlen haben. Familienrechtliche Verpflichtungen gehen allen übrigen Verpflichtungen vor, sodass wohl auch in Zukunft während noch längerer Zeit von seinem Lohn zugunsten der übrigen Gläubiger kaum eine pfändbare Quote anfällt. 

Trotzdem rate ich Ihnen, Ihre Forderung "nicht in den Kamin zu schreiben". Die durch den Verlustschein verurkundete Forderung verjährt 20 Jahre nach der Ausstellung des Verlustscheins. Ich könnte mir vorstellen, dass sich die finanzielle Situation von Felix in diesem Zeitraum verbessert und er in der Lage sein wird, Ihnen die im Verlustschein ausgewiesene Forderung zu bezahlen. Nicht auszuschliessen ist auch, dass ihm während dieser Zeit eine Erbschaft anfällt! Damit die Verlustscheinforderung nicht verjährt, empfehle ich Ihnen, bis spätestens Ende Mai 2042 erneut Betreibung einzuleiten. Sollte Felix Rechtsvorschlag erheben, können Sie beim zuständigen Gericht provisorische Rechtsöffnung verlangen, die Ihnen vom Gericht auch gewährt werden wird. Wichtig ist nun allerdings Folgendes: Felix hat nach gewährter provisorischer Rechtsöffnung das Recht, Aberkennungsklage einzureichen. Lehre und Rechtsprechung haben im Laufe der Jahre verdeutlicht, dass ein Verlustschein keine Schuldanerkennung im eigentlichen Sinne darstellt. Deshalb müssten Sie in einem allfälligen Aberkennungsprozess die dem Verlustschein zugrundeliegende Forderung beweisen. D.h. Sie müssten dem Gericht namentlich den Darlehensvertrag, den Sie mit Felix abgeschlossen haben, vorlegen können. Bewahren Sie somit dieses Dokument sorgfältig auf. 

Kurt Fricker
k.fricker@frickerseiler.ch

Juni 2022

Ich bin Eigentümer einer 4,5 Zimmer-Wohnung, welche ich vermietet habe. Heute teilte mir meine Mieterin mit, es sei gestern in die Wohnung eingebrochen worden. Dabei habe die unbekannte Täterschaft die Terrassentüre aufgebrochen. Muss die Mieterin die Reparaturkosten bezahlen oder gehen diese zu meinen Lasten?

Der Vermieter ist verpflichtet, das Mietobjekt dem Mieter in einem zum vorausgesetzten Gebrauch tauglichen Zustand zu überlassen und während der Mietdauer in diesem Zustand zu erhalten. Dies sieht das Mietrecht in Art. 256 OR vor. Wird nun also – wie in Ihrem Fall – die Terrassentüre von Einbrechern aufgebrochen und beschädigt, weist das Mietobjekt einen Mangel auf. Somit haben Sie die Kosten für die Reparatur oder den Ersatz der Türe zu bezahlen. Sie haben auch keinen Anspruch darauf, dass der Mieter den Schaden seiner Hausratversicherung meldet. Allenfalls können Sie den Schaden Ihrer Versicherung anmelden. Ebenfalls können Sie Ihrerseits von der Täterschaft Schadenersatz fordern, sollte diese ausfindig gemacht und für den Einbruch strafrechtlich verurteilt werden.Der Vermieter ist verpflichtet, das Mietobjekt dem Mieter in einem zum vorausgesetzten Gebrauch tauglichen Zustand zu überlassen und während der Mietdauer in diesem Zustand zu erhalten. Dies sieht das Mietrecht in Art. 256 OR vor. Wird nun also – wie in Ihrem Fall – die Terrassentüre von Einbrechern aufgebrochen und beschädigt, weist das Mietobjekt einen Mangel auf. Somit haben Sie die Kosten für die Reparatur oder den Ersatz der Türe zu bezahlen. Sie haben auch keinen Anspruch darauf, dass der Mieter den Schaden seiner Hausratversicherung meldet. Allenfalls können Sie den Schaden Ihrer Versicherung anmelden. Ebenfalls können Sie Ihrerseits von der Täterschaft Schadenersatz fordern, sollte diese ausfindig gemacht und für den Einbruch strafrechtlich verurteilt werden.

Matthias Fricker
m.fricker@frickerseiler.ch

Mai 2022

Letzthin haben wir ein Nachbarskind gesehen, das unseren Gartenzaun überklettert hat, um bei uns im Garten einen beim Spielen verlorenen Ball zu holen. Da wir planen, einen grossen Gartenteich zu erstellen, haben wir uns nun gefragt, ob unser Garten hierfür gegenüber Kindern genügend gesichert ist?

Diese Frage betrifft die Thematik der Werkeigentümerhaftung: So hat nach Art. 58 Abs. 1 OR der Eigentümer eines Gebäudes oder eines andern Werkes den Schaden zu ersetzen, den diese infolge von fehlerhafter Anlage oder Herstellung oder von mangelhafter Unterhaltung verursachen. Die Werkeigentümerhaftung ist eine Kausalhaftung, die demgemäss auch zur Anwendung gelangt, wenn den Werkeigentümer kein Verschulden trifft. Selbst erstellte Gartenteiche gelten dabei klassischerweise als Werke im vorgenannten Gesetzessinne.

Sodann setzt die Werkeigentümerhaftung ein mangelhaftes Werk voraus. Das Bundesgericht geht von einem solchen Mangel aus, wenn das Werk nicht jene Sicherheit bietet, die für dessen bestimmungsgemässen Gebrauch erforderlich ist. Grundsätzlich muss ein Werk also nur jenen Sicherheitsanforderungen genügen, die der vorgesehene Gebrauch erfordert. Vorsicht ist dabei aber geboten, wenn augenscheinlich ist, dass das Werk für Kinder eine besondere Gefahr bilden kann. Vor einigen Jahren hatte das Bundesgericht den Fall eines 19 Monate alten Kindes zu beurteilen, das in den Gartenteich eines Nachbargrundstückes fiel, dort mehrere Minuten mit dem Gesicht im Wasser liegen blieb und durch den damit verbundenen Sauerstoffmangel eine schwere Hirnschädigung erlitt (BGer, Urteil v. 18.10.2016, 4A_377/2016). In seiner Begründung hielt das Bundesgericht u.a. fest, dass sich die Mängelfreiheit eines Werkes immer nach objektiven Gesichtspunkten beurteilt, indes alles zu beachten ist, was sich nach der Lebenserfahrung am entsprechenden Ort zutragen könnte. Es müsse aber nicht jede abstrakte Gefahr beachtet werden, da jede Person, die ein Werk benützt, auch ein Mass an Selbstverantwortung trage. Überdies müsse die verlangte Sicherungspflicht zumutbar sein; beispielsweise muss das Anbringen von Sicherheitsvorrichtungen technisch möglich und insbesondere mit Blick auf das Kosten-/Nutzenverhältnis angemessen sein. Wie angetönt, werden diese Grundsätze aber relativiert, wenn das Werk für Kinder eine besondere Gefahr bildet, welche für den Werkeigentümer voraussehbar ist. Im fraglichen Fall ist das Bundesgericht zwar von einem bestimmungswidrigen Verhalten ausgegangen, hat aber weiter geprüft, ob eine Ausnahmesituation vorlag, die dennoch zu einer Haftung führen würde. Hierzu wurden die konkreten Verhältnisse angeschaut (Lage und Sicherung des Teichs). Schliesslich verneinte das Bundesgericht die Haftung des Eigentümers des Teiches: Der Teich sei für Kleinkinder nicht einsehbar, womit er nicht zu spontanen Besichtigungstouren zu verleiten vermöge. Im Weiteren beständen zahlreiche Hindernisse (Gartentor mit Kindersicherung, Steinmauer mit hohem Pflanzenbewuchs etc.) und es sei auch nicht damit zu rechnen, dass sich ein kleines Kind unbegleitet zum Teich begebe.

Dieses Fallbeispiel zeigt die allgemeinen Anforderungen an die Sicherung eines Werkes gut auf und lässt sich entsprechend auf Ihren Gartenteich anwenden. Da Sie bereits feststellen konnten, dass Kinder den bestehenden Zaun überklettern (können), wird es zusätzliche Hindernisse brauchen, um den Schutzanforderungen zu genügen (erhöhter Zaun, zusätzliche Bepflanzung, Umfriedung des Teiches etc.).

Samuel Egli
s.egli@frickerseiler.ch

April 2022

Wir haben per Januar 2021 unsere Eigentumswohnung in einem Mehrfamilienhaus vermietet. Bezüglich der Nebenkosten hatten wir vereinbart, dass diese „auf Abrechnung“ zu bezahlen sind. Im März haben wir die Nebenkostenabrechnung der Verwaltung der Stockwerkeigentümerversammlung erhalten und unserer Mieterin den dort aufgeführten Betrag in Rechnung gestellt. Nun meint unsere Mieterin, dies sei nicht korrekt und sie verlangt eine korrigierte Abrechnung. Ist sie im Recht?

In den Art. 257a und 257b OR werden die Nebenkosten im Sinne des Mietrechts definiert. Dem entsprechend handelt es sich hier durchwegs um Leistungen, die mit dem Gebrauch der Sache zusammenhängen. Sie, als Stockwerkeigentümer, müssen sich demgegenüber gemäss Art. 712g ZGB auch an Kosten beteiligen, die unabhängig vom Gebrauch der Wohnung anfallen; so insbesondere an allfälligen Auslagen für den laufenden Unterhalt, Reparaturen und Erneuerungen des Grundstücks und des Gebäudes. Diese Kosten sind von Gesetzes wegen immer vom Vermieter zu tragen (vgl. Art. 256 ZGB). Es bleibt Ihnen somit leider nichts anderes übrig, als die Nebenkostenabrechnung für Ihre Mieterin neu zu erstellen und dabei aus der Nebenkostenabrechnung der Verwaltung nur die Positionen zu übernehmen, die unmittelbar mit dem Gebrauch der Sache zusammenhängen (vgl. die Aufzählung im Mietvertragsformular des HEV Aargau). Allenfalls sind auf Ihrer Seite auch Auslagen angefallen, die Sie zusätzlich zu den gemeinschaftlichen Kosten des Stockwerkeigentums zu bezahlen haben (z.B. das Serviceabonnement eines Küchengeräts in Ihrer Wohnung). Diese dürfen Sie via Nebenkostenabrechnung ebenfalls auf Ihre Mieterin abwälzen.

Karin Koch Wick
k.koch@frickerseiler.ch

März 2022

Uns ist letzte Woche eine Katze zugelaufen. Was müssen wir unternehmen und unter welchen Umständen dürfen wir sie behalten?

Das Zulaufen eines Tieres ist im rechtlichen Sinn als Fund zu beurteilen. Tiere sind zwar keine Sachen, werden aber, wo keine separate Regelung besteht, wie Sachen behandelt. Entsprechend hat der Finder eines Tieres dessen Eigentümer zu benachrichtigen oder, wenn er ihn nicht kennt, den Fund anzuzeigen. Zuständig für die Anzeige eines Tierfundes ist im Kanton Aargau gemäss regierungsrätlicher Verordnung und Leistungsvereinbarung der Aargauische Tierschutzverein, Tel. 0900 98 00 20 bzw. 0848 357 358. 

Wer seinen Pflichten als Finder nachkommt, also den Eigentümer informiert bzw. den Fund angezeigt hat, erwirbt im Normalfall nach Ablauf von fünf Jahren Eigentum an der Sache, wenn der berechtigte Eigentümer bis dahin nicht festgestellt werden kann. Bei Haustieren (im Unterschied zu Nutzieren) beträgt diese Frist bloss zwei Monate. 

Konkret müssen Sie also den Halter der zugelaufenen Katze und sonst die Tiermeldestelle informieren. Wird der Halter gefunden, so erhält er die Katze zurück, muss Ihnen aber Auslagen für Futter und allfällige tierärztliche Behandlung etc. entschädigen, bei einer wertvollen Katze zusätzlich einen Finderlohn von rund 10 % des Wertes bezahlen. Meldet sich hingegen innert zweier Monate nach Mitteilung an die Meldestelle niemand, dann dürfen Sie die Katze behalten, denn Sie sind durch "Ersitzung" Eigentümer geworden. 

Roger Seiler
r.seiler@frickerseiler.ch

Februar 2022

Der Bau unseres Hauses (Kostenpunkt ca. Fr. 1,5 Millionen) hat uns einigen Ärger beschert. Unser Architekt war als Bauführer unsorgfältig. Deshalb haben wir das vereinbarte Pauschalhonorar von Fr. 90'000.00 um Fr. 15'000.00 reduziert. Der Architekt verlangte vollständige Bezahlung. Deshalb beauftragten wir einen Anwalt aus dem Kanton Aargau. Nach einem kurzen Augenschein in unserem neuen Haus war es für unseren Anwalt "völlig klar": Die Fr. 15'000.00 sind nicht geschuldet. Nicht nur das: Als Folge mangelhafter Bauführung und Planungsfehlern muss Ihnen Ihr Architekt einen Minderwert von mindestens Fr. 100'000.00 bezahlen. Nachdem das Schlichtungsverfahren ergebnislos geblieben war, reichte unser Anwalt eine Forderungsklage über Fr. 100'000.00 ein. Die Sache sei "völlig klar". Über das Prozessrisiko, namentlich die möglichen Kostenfolgen hat uns unser Anwalt leider nicht aufgeklärt. Nun hat das Gericht unsere Klage abgelehnt. Es kam zum Schluss, dass keine vernünftigen Chancen bestanden hatten, auch nur annähernd einen Prozessgewinn in der Grössenordnung der eingeklagten Streitsumme zu realisieren. Das Ganze hat uns rund Fr. 60'000.00 gekostet (eigene Anwaltskosten, Kostenersatz Gegenpartei und Gerichtskosten). Wir sind frustriert. Können wir etwas unternehmen? Gibt es eigentlich niemanden, der den Anwälten auf die Finger schaut?

Ihren Ausführungen entnehme ich, dass Ihr Anwalt offenbar eine Klage mit überhöhtem Streitwert eingereicht hat, ohne Sie hinreichend über die Prozess- und Kostenrisiken aufzuklären. Damit hat Ihr Anwalt die ihm obliegende Sorgfaltspflicht gemäss Art. 398 Abs. 2 OR verletzt. Ich gehe davon aus, dass Sie - spätestens nach ergebnisloser Schlichtungsverhandlung - von einer Klage Abstand genommen hätten, wenn Sie von Ihrem Anwalt über die entstehenden Kosten in der Grössenordnung von Fr. 50'000.00 bei vollständigem Unterliegen orientiert worden wären. Auch die Tatsache, dass Ihr Anwalt den Minderwert Ihres Hauses offenbar lediglich auf Grund eines kurzen persönlichen Augenscheins auf Fr. 100’000.00 geschätzt hat, ohne sich bei einem Baufachmann abzusichern, stellt meines Erachtens eine Sorgfaltspflichtverletzung dar. So wie sich nach Ihrer Schilderung der Sachverhalt präsentiert, haben Sie gute Chancen, dass Ihr Anwalt Ihren Schaden ersetzen muss. Seit 1. Januar 2022 können Sie Ihren Schaden direkt bei der Haftpflichtversicherung Ihres Anwaltes geltend machen. 

Im Kanton Aargau schaut die Anwaltskommission den Anwälten "auf die Finger". Verletzt ein Anwalt seine Berufspflichten, kann die Anwaltskommission Disziplinarmassnahmen verhängen. 

Kurt Fricker
k.fricker@frickerseiler.ch

Januar 2022

Ich wurde kürzlich mit meinem Auto innerorts mit 28 km/h zuviel geblitzt. In der Folge erhielt ich von der Staatsanwaltschaft einen auf den 1. Dezember 2021 datierten Strafbefehl mit einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen à Fr. 80.00 sowie einer Busse von Fr. 300.00. Die Geldstrafe wurde bedingt ausgesprochen mit einer Probezeit von 2 Jahren. Habe ich nun einen Eintrag im Strafregister und falls ja, für wie lang?

Jedes Urteil wegen einem Verbrechen oder Vergehen wird im Strafregister eingetragen. Verbrechen sind Straftaten, die mit Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren bedroht sind. Vergehen sind jene Straftaten, bei denen die angedrohte Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe ist. Urteile wegen Übertretungen, das heisst Straftaten, die nur mit Busse bedroht sind, werden in der Regel nicht eingetragen. Bei der von Ihnen begangenen Geschwindigkeitsübertretung handelt es sich um ein Vergehen, weshalb der Strafbefehl im Strafregister eingetragen wird.

Die Dauer der Eintragung hängt von der ausgesprochenen Sanktion ab. Bedingt und teilbedingte Freiheitsstrafen und Geldstrafen werden nach 10 Jahren aus dem Register entfernt. Somit erfolgt die Löschung bei Ihnen nach 10 Jahren. Nach dieser Frist ist der Eintrag für niemanden mehr, also auch nicht für die Behörden, ersichtlich. Zu beachten ist nun aber, dass im Privatauszug, welche Private über sich selber bestellen können, und welcher teilweise bei Stellenbewerbungen vorzusehen ist, nicht die gleichen Fristen gelten. Zwar erscheinen auch im Privatauszug Urteile wegen Verbrechen und Vergehen. Jedoch erscheinen diese Urteil im Privatauszug weniger lang, als sie im Strafregister tatsächlich eingetragen sind. So erscheinen beispielsweise Urteile, die eine bedingte oder teilbedingte Strafe enthalten nicht mehr im Privatauszug, wenn sich der Verurteilte bis zum Ablauf der Probezeit bewährt hat. Da Sie mit einer bedingten Geldstrafe bestraft und die Probezeit auf zwei Jahre festgesetzt wurde, erscheint der Strafbefehl nach Ablauf der zweijährigen Probezeit, das heisst ab dem 2. Dezember 2023, nicht mehr im Privatauszug, sofern Sie sich während der Probezeit bewährt haben. Aus dem Strafregister tatsächlich gelöscht wird der Strafbefehl hingegen erst am 2. Dezember 2031.

Matthias Fricker
m.fricker@frickerseiler.ch