Juli 2018
Mein Mann und ich sind vor rund drei Jahren von unserem Einfamilienhaus in eine praktische, kleinere Vierzimmerwohnung umgezogen. Unser Eigenheim haben wir an eine alleinerziehende Mutter von zwei Kindern im Primarschulalter vermietet. Weil wir Mitleid mit der frischgeschiedenen Frau hatten und uns freuten, den beiden Kindern ein grosszügiges Zuhause, mit einem schönen Garten zum Herumtoben überlassen zu können, waren wir bereit, das Haus zu einem weit unter der Marktmiete liegenden Preis zu vermieten. Zu unserer grossen Enttäuschung mussten wird aber schon bald feststellen, dass unsere Mieterin unser Entgegenkommen keineswegs schätzte: Fast wöchentlich belästigte sie uns mit Briefen oder Telefonanrufen, weil die rund fünfzigjährige Liegenschaft ihrer Ansicht nach zahlreiche Mängel, wie tropfende Wasserhähne, schiefe Herdplatten und schlecht isolierte Fenster aufweise. Mit dem Hinweis, sie bezahle dafür ja auch einen sehr günstigen Mietpreis und wenn ihr das Haus nicht zusage, könne sie den Vertrag gerne wieder kündigen, versuchten wir unsere Mieterin zu beruhigen. Leider ohne Erfolg: Sie nahm sich einen – von ihrer Rechtsschutzversicherung bezahlten – Anwalt und drohte, bei der Mieterschlichtungsstelle eine Mietzinsreduktion wegen der zwischenzeitlich eingetretenen Senkung des Referenzzinssatzes und der eingeschränkten Bewohnbarkeit der Liegenschaft wegen ständigen Durchzugs einzureichen, wenn wir ihr mit dem Mietzins nicht nochmals entgegenkämen. Da mein Mann und ich mit über 70 Jahren nicht erstmals in ein Gerichtsverfahren verwickelt sein wollten, einigten wir uns mit dem Anwalt auf einen um Fr. 200.00 reduzierten Mietpreis. Da der Mietertrag nun kaum noch den Hypothekarzins und die Nebenkosten der Liegenschaft zu decken vermag, möchten wir den Mietvertrag so schnell wie möglich kündigen und das Haus an einen neuen Mieter teurer vermieten. Wie müssen wir dabei vorgehen?
Leider ist eine Kündigung des Mietverhältnisses durch Sie – aufgrund der gegebenen Umstände - nicht ohne Weiteres möglich. Dies deshalb, weil Sie sich erst kürzlich mit der Mieterin vergleichsweise über eine Reduktion des Mietzinses wegen der Senkung des Referenzzinssatzes und einer angeblich verminderten Wohnqualität geeinigt haben. Solche Vereinbarung lösen – auch wenn sie unabhängig von einem Verfahren vor der Mieterschlichtungsstelle getroffen werden – regelmässig eine Sperrfrist von 3 Jahren aus (vgl. Art. 271a Abs. 1 und 2 OR). Jede vor Ablauf dieser Sperrfrist ausgesprochene Kündigung des Mietverhältnisses kann vom Mieter angefochten werden und wird von der zuständigen Mieterschlichtungsstelle aufgehoben, wenn Sie nicht nachweisen können, dass einer der in Art. 271a Abs. 3 OR abschliessend aufgezählten Ausnahmetatbestände vorliegt. Diese Ausnahmegründe wären: Dringender Eigenbedarf von Ihnen oder Verwandten, Zahlungsrückstand oder Konkurs der Mieterin, Schwere Verletzungen der Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflichten durch die Mieterin, Verkauf der Liegenschaft oder andere wichtige Gründe, die eine Fortsetzung des Mietverhältnisses als unzumutbar erscheinen lassen. Bitte überlegen Sie sich gut, ob Sie einen der angeführten Gründe vorbringen und die Kündigung so begründen können. Ansonsten würde ich Ihnen von einer Kündigung innerhalb der nächsten drei Jahre abraten.
Karin Koch Wick
k.koch@frickerseiler.ch