Oktober 2017

Mein Kollege hat in einem Beitrag auf Facebook einen uns nicht sympathischen ehemaligen Arbeitskollegen als Dieb, Betrüger und Versager betitelt. Ich habe diesen Post meines Kollegen «gelikt». Nun hat der ehemalige Arbeitskollege gegen mich einen Strafantrag wegen ehrverletzender Delikte gestellt. Habe ich mich strafbar gemacht, indem ich den Beitrag meines Kollegen «gelikt» habe?

Das Bezirksgericht Zürich hat am 29. Mai 2017 einen Mann wegen mehrfacher üblen Nachrede verurteilt, weil er auf Facebook einen ehrverletzenden Eintrag mit «gefällt mir» («like») angeklickt hat. Das Gericht stellte sich auf den Standpunkt, dass mit dem «Liken» eines Eintrags dieser positiv bewertet und indirekt weiterverbreitet wird. Dass die Äusserung nicht vom Beschuldigten selbst stammt, spielt nach Ansicht des Gerichts keine Rolle. Diese Rechtsprechung des Bezirksgerichts Zürich wurde bis anhin vom Bundesgericht zwar nicht bestätigt. Doch solange das Bundesgericht nicht eine andere Meinung vertritt, riskiert man beim «Liken» von ehrverletzenden Äusserungen auf sozialen Netzwerken eine Bestrafung wegen Ehrverletzungsdelikten.

Corinne Moser-Burkard
c.moser@frickerseiler.ch