Frage des Monats

Mit der «Frage des Monats» nehmen wir rechtliche Fragen des täglichen Lebens auf und geben Ihnen kurze und nützliche Antworten.

2024

März 2023

Riskiere ich eine Kündigung, wenn ich meine Wohnung dauerhaft und gewerblich über Onlineplattformen wie Airbnb vermiete?

Vermietet der Mieter einer Wohnung diese via Onlineplattformen weiter, liegt ein Untermietvertrag im Sinne von Art. 262 OR vor. Derartige Untermietverhältnisse sind erlaubt, wenn der Vermieter seine Zustimmung dazu erteilt. Verweigern kann der Vermieter die Zustimmung nur dann, wenn der Mieter sich weigert, dem Hauptvermieter die Bedingungen der Untermiete bekanntzugeben, wenn diese Bedingungen im Vergleich zum Hauptmietvertrag missbräuchlich sind oder wenn dem Hauptvermieter aus der Untermiete wesentliche Nachteile entstehen. 

Eine Untervermietung via Onlineplattform kann der Vermieter dann verbieten, wenn der Mieter damit einen missbräuchlichen Ertrag erzielen will. Ein Untermiet-Verbot ist auch zulässig, wenn der Hauptmieter durch die Untermiete die eigentlich vereinbarte Nutzung des Mietobjekts überschreitet. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn er eine zu Wohnzwecken genutzte Wohnung geschäftlich nutzt, bei übermässigen Immissionen (durch häufige Mieterwechsel und der damit verbundenen Ein- und Auszüge) oder wenn nahtlos aneinander Untermietverträge abgeschlossen werden, ohne dass das Mietobjekt selber bewohnt wird. 

Aufgrund des Gesagten stellt die gewerbliche Weitervermietung einer zu Wohnzwecken gemieteten Wohnung via Onlineplattformen eine Überschreitung der zulässigen Untervermietung dar. In derartigen Fällen kann der Vermieter das Hauptmietverhältnis wegen nicht sorgfältigem Gebrauch der Mietsache ordentlich kündigen. Vermietet der Mieter die Wohnung via Onlineplattform weiter zu gewerblichen Zwecken, obwohl ihn der Vermieter zuvor schriftlich abgemahnt hat, riskiert der Mieter sogar eine ausserordentliche Kündigung. Demnach könnte der Vermieter mit einer Frist von lediglich 30 Tagen auf das Ende des Monats kündigen. 

Irene Koch
i.koch@frickerseiler.ch

Februar 2024

Ich bin begeisterter Hobbyfotograf. Nun möchte ich eine Drohne anschaffen, um damit tolle Luftaufnahmen zu machen. Was muss ich dabei beachten?

Per 1. Januar 2023 hat die Schweiz die EU-Vorschriften für den Betrieb von Drohnen übernommen. Diese Reglung umfassen Folgendes:

 

Bewilligung:

Eine Betriebsbewilligung des Bundesamtes für Luftfahrt (BAZL) benötigen nur Drohnen mit einem Gewicht von mehr als 25 Kilogramm. Somit werden Sie für Ihre Drohne keine Bewilligung benötigen.

 

Registrierung:

Seit dem 1. Januar 2023 müssen praktisch alles Drohnen registriert werden. Nur Drohnen mit einem Gewicht von weniger als 250 Gramm, die nicht mit einer Kamera, Mikrofonen oder sonstigen Sensoren ausgestattet sind, die sich zur Erfassung von personenbezogenen Daten eignen, (offene Kategorie) sind von der Registrierungspflicht ausgenommen. Die Registrierung erfolgt online über das Portal www.uas.gate.bazl.admin.ch. Im Rahmen der Registrierung erhalten Sie eine Betriebsnummer. Diese Betriebsnummer (ohne die drei Schlussziffern) müssen Sie gut sichtbar auf Ihrer Drohne anbringen.

 

Ausbildung + Prüfung: 

Wenn ihre Drohne 250 Gramm oder mehr wiegt, müssen Sie eine Schulung und Prüfung absolvieren. Die Art und der Umfang der Schulung und Prüfung hängt von der Unterkategorie und Gewichtsklasse der Drohne ab. 

 

Flugverbotszonen:

In gewissen Gebieten dürfen Sie Ihre Drohne nicht fliegen lassen. Sie finden dazu auf der Website des BAZL eine Karte. Der Umfang der Flugverbotszone hängt teilweise wiederum von der Kategorie der verwendeten Drohne ab. Weiter müssen Sie beachten, dass Drohnen der offenen Kategorie (weniger als 250 Gramm und keine Kamera usw.) eine Flughöhe von 120 Meter nicht überschreiten dürfen. 

 

Mindestalter:

 Für Drohnen der offenen Kategorie liegt das Mindestalter bei 12 Jahren. Kinder unter 12 Jahren dürfen nur unter Aufsicht einer Person fliegen, die mindestens 16 Jahre alt ist und die Schuldung sowie Prüfung absolviert hat.

 

Matthias Fricker
m.fricker@frickerseiler.ch

Januar 2024

Ich bin geschädigte Person in einem Strafverfahren und habe mich auch als Privatklägerin konsti-tuiert. Der strafrechtlich relevante Sachverhalt ist ausreichend geklärt. Es handelt sich zwar um ein geringfügiges Delikt, wobei mir doch ein Schaden von CHF 500.00 entstanden ist. Um zum Ein-fordern dieses Betrages nicht extra ein separates Zivilverfahren führen zu müssen, möchte ich den Betrag gerne im Rahmen des Strafverfahrens einfordern. Mir wurde nun von einem Bekannten berichtet, dass die Staatsanwaltschaft in solchen Fällen wohl einen Strafbefehl erlassen wird, in welchem nicht über die Zivilforderung entschieden wird und ich diese in jedem Fall in einem zusätzlichen Zivilverfahren einfordern müsse. Stimmt dies?

Aufgrund der erwähnten Geringfügigkeit wird die Staatsanwaltschaft wohl tatsächlich einen Strafbefehl ins Auge fassen. Bisher war es im Strafbefehlsverfahren so, dass einzig von der beschuldigten Person anerkannte Zivilforderungen im Strafbefehl vorgemerkt wurden; nicht anerkannte Forderungen wurden auf den Zivilweg verwiesen.

Per 1.1.2024 sieht die Strafprozessordnung im angepassten Art. 353 Abs. 2 nun jedoch die Möglichkeit vor, dass die Staatsanwaltschaft auch im Rahmen eines Strafbefehlsverfahrens über Zivilforderungen entscheiden kann. Vorausgesetzt ist entweder, dass diese von der beschuldigten Person anerkannt sind oder dass deren Beurteilung ohne weitere Beweiserhebungen möglich ist und der Streitwert unter CHF 30'000.00 liegt.

Es ist also möglich, dass über die Forderung – sofern diese hinlänglich belegt und beziffert ist – direkt im Strafbefehl entschieden bzw. diese zugesprochen wird. Nach Lehrmeinungen hat die Staatsanwaltschaft dabei auch bereits konstituierten Privatklägern den Erlass des Strafbefehls anzukündigen, verbunden mit der Möglichkeit zur Einreichung von Beweismitteln respektive zur Stellung von Beweisanträgen.

Samuel Egli
s.egli@frickerseiler.ch

2023

Dezember 2023

Ich bin Mieter einer 2,5-Zimmer Wohnung. Aufgrund eines beruflich bedingten Auslandaufenthalts werde ich die Wohnung vorübergehend nicht nutzen, weshalb ich die Wohnung gerne untervermieten würde. Als mein Vermieter davon erfährt, verbietet er mir dies pauschal. Darf er das?

Gemäss Art. 262 Abs. 1 OR kann ein Mieter mit Zustimmung des Vermieters ganz oder teilweise untervermieten. Der Vermieter kann dem Mieter die Untervermietung nur in drei Fällen verweigern (Art. 262 Abs. 2 OR):

Zum einen kann ein Vermieter die Zustimmung zur Untervermietung verweigern, wenn der Mieter dem Vermieter die Bedingungen des Untermietverhältnisses auf dessen Verlangen nicht bekannt gibt (lit. a). Der Mieter hat dem Vermieter insbesondere Angaben über die Person(en) des bzw. der Untermieter(s), die Dauer der Untermiete, die Höhe des Mietzinses und den Gebrauchszweck zu machen. Bei Vorliegen eines schriftlichen Untermietvertrags hat der Vermieter Anspruch auf Offenlegung.

Weiter darf ein Vermieter die Untermiete untersagen, wenn missbräuchliche Untervermietungsbedingungen vorliegen (lit. b). Darunter ist insbesondere ein missbräuchlicher Untermietzins im Vergleich zum Hauptmietzins bzw. die Erzielung eines missbräuchlichen Gewinns zu verstehen. Ein Zuschlag zum Hauptmietzins ist zulässig ist, sofern sich dieser durch zusätzliche Leistungen, bspw. mitvermietete Einrichtungsgegenstände oder eigene Investitionen des Mieters in die Mietsache, rechtfertigen lässt. 

Schliesslich kann sich ein Vermieter der Untermiete widersetzen, wenn diese zu einem wesentlichen Nachteil für den Vermieter führt (lit. c). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Gebrauchszweck zwischen Haupt- und Untermietverhältnis beträchtlich abweicht oder wenn der Mieter nicht beabsichtigt, die Mietsache in absehbarer Zeit wieder selbst zu nutzen.

Die Antwort lautet somit nein. Der Vermieter darf die Untermiete nicht pauschal verbieten, sondern nur wenn einer der obengenannten Verweigerungsgründe vorliegt.

Patrik Burri
p.burri@frickerseiler.ch

November 2023

Eine Patientin in einem Altersheim ist gestürzt und hat sich den Oberschenkel gebrochen. Der Knochen sollte in einer Operation orthopädisch gerichtet und geschient werden. Allerdings bringt eine solche Operation wegen des geschwächten Herzkreislaufsystemes erhebliche Risiken mit sich. Die Patientin leidet auch an einer fortgeschrittenen Demenz. Wer soll entscheiden, ob die Operation durchgeführt wird oder nicht?

Grundsätzlich hat die Patientin selber in Diskussion mit dem behandelnden Arzt über die Operation zu entscheiden. Wenn die Demenz allerdings die kognitiven Fähigkeiten so stark einschränkt, dass sie nicht mehr in Lage ist, ihre medizinische Lage und die mit der Operation einhergehenden Risiken zu beurteilen, fehlt ihr die notwendige Urteilsfähigkeit und damit die eigene Entscheidungskompetenz.

In erster Linie ist dann auf eine Patientenverfügung abzustellen. Es entscheidet die dort genannte Person nach den in der Verfügung festgehaltenen Prinzipien. Fehlt eine Patientenverfügung und auch ein Vorsorgeauftrag und ist auch keine Beistandschaft errichtet worden, so muss eine nahe stehende Person, gemäss der vom Erwachsenenschutzrecht vorgegebenen Prioritätenordnung, entscheiden. An erster Stelle steht der Ehemann der Patientin. Ersatzweise wären dies ihre Nachkommen und bei deren Fehlen allfällige Geschwister. Für alle genannten Personen gilt aber, dass ihnen ein Vertretungsrecht nur zusteht, wenn sie sich regelmässig persönlich um die betroffene Person gekümmert haben. 

Wenn keine vertretungsberechtigte Person vorhanden ist oder das Vertretungsrecht ausüben will, muss die Erwachsenenschutzbehörde eine Vertretungsbeistandschaft errichten. Falls dies zu lange dauern würde und dringend entschieden werden muss, entscheidet die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt nach dem mutmasslichen Willen und den Interessen der betroffenen Patientin, ob die Operation ausgeführt werden soll oder nicht. 

Roger Seiler
r.seiler@frickerseiler.ch

Oktober 2023

Wir haben vor fünf Jahren ein Doppeleinfamilienhaus gekauft, das in Stockwerkeigentum eingeteilt ist. Die beiden Stockwerkeinheiten mit einer Wertquote von je 50/100 werden von uns und unseren Nachbarn gehalten. Den beiden Einheiten ist je ein Teil des Vorplatzes zur Sondernutzung zugewiesen. Die unterhalb unserer Vorplatzhälfte verlaufenden gemeinsamen Werkleitungen für Strom, Wasser und Gas sind alt. Nachdem wir kürzlich einen kleinen Wasserschaden hatten, hat uns ein Fachmann geraten die Werkleitungen zu erneuern. Unser Nachbar ist damit nicht einverstanden. Namentlich ist er nicht bereit, sich an den entstehenden Kosten zu beteiligen. Wie müssen wir vorgehen?

Bei den von ihnen erwähnten Werkleitungen handelt es sich um gemeinschaftliche Teile im Sinne von Art. 712b Abs. 2 Ziff. 3 ZGB. Nach dieser Bestimmung müssen die Stockwerk-eigentümer über bauliche Massnahmen an gemeinschaftlichen Teilen Beschluss fassen. Nach der allgemeinen Regel kann der einzelne Stockwerkeigentümer den Beschluss über die Durchführung der Massnahme gerichtlich anfechten oder - im Falle eines negativen Beschlusses - bei notwendigen Verwaltungshandlungen die gerichtliche Anordnung verlangen. Da sie mit ihrem Nachbarn eine Wertquote von je 50/100 halten, bleibt ihnen nichts anders übrig, als die gerichtliche Anordnung der baulichen Massnahmen zu verlangen. Das wäre nicht nötig, wenn es sich bei den baulichen Massnahmen um gewöhnliche Verwaltungshandlungen im Sinne von Art. 647a Abs. 1 ZGB oder um dringliche Verwaltungs-handlungen im Sinne von Art. 647 Abs. 2 Ziff. 2 ZGB handeln würde. Der Ersatz von Werk-leitungen stellt zweifellos keine gewöhnliche Verwaltungshandlung dar. Zu prüfen wäre, ob der Ersatz der Werkleitungen eine dringliche Verwaltungshandlung darstellt. Offenbar konnte gemäss ihren Ausführungen die defekte Wasserleitung repariert werden, so dass von einer dringlichen Verwaltungshandlung aus meiner Sicht nicht gesprochen werden kann.

Angesichts der geschilderten Rechtslage empfehle ich ihnen, mit dem Nachbarn das Gespräch zu suchen und ihm zu empfehlen, gemeinsam bei einem Fachmann eine Beurteilung des Zustandes der Werkleitungen einzuholen und die Kosten für die Erneuerung berechnen zu lassen. Ihr Nachbar müsste aus meiner Sicht auch ein Interesse daran haben, dass die gemeinsamen Werkleitungen funktionstüchtig sind. Sollte ihr Nachbar nicht kooperieren, stünde ihnen der Rechtsweg offen, wobei erstinstanzlich der Friedensrichter zuständig ist. In jeden Fall müssten sie ihrem Schlichtungsgesuch an den Friedensrichter die Beurteilung eines Fachmannes beilegen.

Kurt Fricker
k.fricker@frickerseiler.ch

September 2023

Ich vermiete eine 4,5-Zimmer-Wohnung. Mein bisheriger Mieter hat den Mietvertrag nun per 30. November 2023 gekündigt. Ich habe bereits diverse Mietinteressenten, denen ich die Wohnung zeigen möchte. Der Mieter besteht nun darauf, dass ich die Wohnung lediglich einmal an einem Tag im September allen Mietinteressenten zeigen darf. Weitere Besichtigungen verweigert er. Muss ich dies akzeptieren?

Gemäss Art. 257h Abs. 2 OR muss der Mieter dem Vermieter gestatten, die Sache zu besichtigen, soweit dies für den Unterhalt, den Verkauf oder die Wiedervermietung notwendig ist. Der Vermieter seinerseits muss dem Mieter die Besichtigungen rechtzeitig anzeigen und auf die Interessen des Mieters Rücksicht nehmen (Art. 257h Abs. 3 OR). Der Mieter muss die Besichtigungen in jedem Fall erst dann dulden, wenn das Mietverhältnis bereits gekündigt ist oder bei einem befristeten Mietverhältnis kurz vor der Beendigung steht. Zudem müssen die Besichtigungen dem Mieter rechtzeitig angezeigt werden und es muss auf die Verfügbarkeit des Mieters Rücksicht genommen werden. Ebenfalls darf vom Vermieter verlangt werden, dass er die Besichtigungstermine von mehreren Interessenten zusammen nimmt und nicht mit jedem eine separate Besichtigung durchführt. Sicherlich zu weit geht jedoch der Standpunkt ihres Mieters, es habe nur ein Besichtigungstermin stattzufinden. Dies müssen Sie nicht akzeptieren .Verweigert der Mieter dem Vermieter das Besichtigungsrecht ohne triftigen Grund, so kann er für einen daraus entstehenden Schaden haftbar werden.

 

Vielfach enthalten Formularmietverträge konkrete Bestimmungen über das Besichtigungsrecht. Solche Absprachen sind zulässig. Im Formularmietvertrag des HEV Aargau (Mietvertrag für Wohnungen, Auflage 2019) wird in Ziffer 18 beispielsweise festgehalten, Besichtigungen seien dem Mieter mindestens 48 Stunden im Voraus anzuzeigen und könnten an Werktagen ((Samstage eingeschlossen) jeweils zwischen 09.00 Uhr und 19.00 Uhr erfolgen. Bei der Besichtigung habe der Mieter grundsätzlich anwesend zu sein oder sich vertreten zu lassen.

Matthias Fricker
m.fricker@frickerseiler.ch

August 2023

Wie muss ich eine Forderung in einer ausländischen Währung einklagen? In Schweizer Franken oder in der ausländischen Währung?

Gemäss Art. 84 Abs. 1 OR kann der Gläubiger nur die Leistung in der geschuldeten Währung fordern. Demzufolge darf das Gericht einzig eine Zahlung in der geschuldeten Währung zusprechen. Klagt der Gläubiger auf Zahlung in Schweizer Franken, obwohl eine Fremdwährung geschuldet ist, wird das Gericht die Klage abweisen. Das Gericht darf den fälschlicherweise in Schweizer Franken geforderten Betrag auch nicht von sich aus in die Fremdwährung ummünzen und das Begehren so gewissermassen korrigieren. Ein solches Vorgehen würde dem in Art. 58 der Zivilprozessordnung (ZPO) verorteten Dispositionsgrundsatz widersprechen. Danach darf das Gericht – sofern es an die Parteianträge gebunden ist – einer Partei nicht mehr und nichts anderes zusprechen, als sie verlangt, und nicht weniger, als die Gegenpartei anerkennt.

Anders verhält es sich hingegen, wenn ich gegen den Schuldner nicht den Klageweg beschreite, sondern ihn betreibe. Dabei muss die Forderung in jedem Fall in Schweizer Franken umgerechnet und so auch in Schweizer Franken auf dem Betreibungsbegehren angeben werden (ist dies aufgrund einer sog. Effektivklausel nicht möglich, ist über die Realvollstreckung nach ZPO vorzugehen).

Samuel Egli
s.egli@frickerseiler.ch

Juli 2023

Zu meinem runden Geburtstag vor drei Jahren, habe ich einen Geschenkgutschein im Wert von Fr. 200.00 eines Restaurants in unserem Dorf erhalten. Heute wollte ich diesen einlösen. Der Wirt hat dies jedoch mit der Begründung, der Gutschein sei nur zwei Jahre lang gültig gewesen, abgelehnt. Ist das Geld jetzt verloren?

Nein, das Geld ist nicht verloren. Mit dem Kauf des Gutscheins über Fr. 200.00 wurden rechtlich gesehen Konsumationen mit gleichem Wert im Voraus bezahlt. Sie besitzen dem Restaurant gegenüber deshalb eine Forderung. Diese verjährt gemäss Art. 128 OR (Obligationenrecht) erst nach Ablauf von fünf Jahren. Weiter hält der Gesetzgeber in Art. 129 OR fest, dass die in diesem Titel aufgestellten Verjährungsfristen nicht abgeändert werden können. Das heisst: Ihre Forderung besteht noch mindestens zwei Jahre weiter, weil die Beschränkung der Gültigkeitsdauer des Gutscheins durch das Restaurant auf weniger als fünf Jahre unzulässig und damit unbeachtlich ist. 

Karin Koch Wick
k.koch@frickerseiler.ch

Juni 2023

Wir wohnen in einem Reiheneinfamilienhaus und haben vor einigen Jahren mit den Nachbarn einen Dienstbarkeitsvertrag geschlossen, um in unserem Garten einen Wintergarten erstellen zu können. Es wurde ein gegenseitiges Grenz- und Näherbaurecht für Klein- und Anbauten vereinbart. Die Aussenverglasung unseres Wintergartens weist einen Abstand von wenigen Zentimetern zur gemeinsamen Grenze auf.

Nun hat unser Nachbar eine Sichtschutzwand im Bereich unseres Wintergartens bis an die Grenze gebaut. Als Konsequenz verbleibt ein schmaler Spalt zwischen Sichtschutzwand und Wintergartenverglasung, der es uns nicht einmal erlaubt, die Scheiben zu reinigen. Darf der Nachbar das?

Es ist ein gegenseitiges Grenz- und Näherbaurecht vereinbart worden. Entsprechend darf der Nachbar im Grundsatz eine eigene Baute bis an die Grenze errichten. Dienstbarkeitsrechte sind zwar möglichst schonend auszuüben und dürfen nur der Wahrnehmung legitimer Interessen dienen. Hier kann aber nicht davon ausgegangen werden, die Sichtschutzwand diene einzig dazu, den Zugang zur Aussenfassade Ihres Wintergartens zu verhindern. Entsprechend ist die Baute zulässig. Die Problematik ist letztlich aus der Konstruktion Ihres Wintergartens und dem Umstand entstanden, dass ein gegenseitiges Grenz- und Näherbaurecht vereinbart worden ist. 

Roger Seiler
r.seiler@frickerseiler.ch

Mai 2023

Zusammen mit meinem Mann habe ich die Skiferien in einem 4 Sterne Hotel in Arosa verbracht. Als wir uns am zweiten Abend nach dem Skifahren im Wellnessbereich aufhielten, wurde mein Brillantring im Wert von ca. Fr. 5'000.00 aus unserem Zimmer gestohlen. Ich meldete den Vorfall sofort der Hoteldirektion. Als Täterin konnte in der Folge eine Angestellte des Hotels ermittelt werden. Sie wurde wegen Diebstahls verurteilt, hat jedoch kein Geld um mir den Schaden zu ersetzen. Ich habe mich deshalb an die Direktion des Hotels gewandt, welche mir mitteilt, das Hotel sei nicht verpflichtet mir den Schaden zu ersetzen. Trifft das zu?

Gemäss Artikel 487 Abs. 1 und 2 OR haftet der Hotelbetrieb unabhängig vom Verschulden bis zu einem Betrag von Fr. 1'000.00 für jede Beschädigung, Vernichtung oder Entwendung der von den Gästen eingebrachten Sachen. Der Hotelbetrieb kann sich von dieser Haftung nur befreien, wenn ein in Art. 487 Abs. 1 OR aufgeführter Entlastungsgrund vorliegt, der Schaden namentlich durch den Gast selber oder seine Besucher oder Begleiter verursacht worden ist. Art. 488 OR enthält eine Sonderregelung für Kostbarkeiten, grössere Geldbeträge und Wertsachen. Übergibt der Gast Kostbarkeiten, grössere Geldbeträge oder Wertpapiere dem Hotelbetrieb nicht zur Aufbewahrung, so entfällt dessen Haftung gemäss Art. 487 Abs. 2 OR. Der Hotelbetrieb haftet jedoch, wenn ihm oder seinen Angestellten ein Verschulden nachgewiesen werden kann.

Der Brillantring der ihnen gestohlen wurde, stellt zweifellos eine "Kostbarkeit" im Sinne der erwähnten Gesetzesbestimmung dar. Sie haben den Ring zwar dem Hotelbetrieb nicht zur Aufbewahrung übergeben, weshalb dessen Kausalhaftung entfällt. Der Hotelbetrieb haftet ihnen gegenüber jedoch aus Verschulden, weil eine Hotelangestellte den Ring gestohlen hat.

Gemäss Art. 489 OR erlöschen die Ansprüche des Gastes, wenn der Schaden nicht sofort nach dessen Entdeckung dem Hotelbetrieb angezeigt wurde. Dieser Obliegenheit sind sie nachgekommen.

Kurt Fricker
k.fricker@frickerseiler.ch

April 2023

Ich bin Eigentümer einer 4,5 Zimmer-Wohnung und habe diese seit einigen Jahren an eine Familie vermietet. Nun teilten mir meine Mieter mit, sie würden sich einen Entlebucher Sennenhund anschaffen. Muss ich dies akzeptieren?

Das Mietrecht kennt keine expliziten Vorschriften zur Tierhaltung. Somit können die Parteien die Frage der Zulässigkeit der Tierhaltung durch den Mieter im Mietvertrag frei regeln. Findet sich im Mietvertrag keine Regelung zur Tierhaltung, so ist diese erlaubt. Eine Ausnahme davon stellt die Haltung von gefährlichen oder sehr störenden Tieren wie beispielsweise giftige Schlagen und Spinnen, Papageie oder von Tieren in grosser Zahl dar. Auch wenn die Haltung von Haustieren grundsätzlich erlaubt ist, schliesst dies die erwähnten Tiere nicht mit ein.

Häufig wird im Mietvertrag jedoch vereinbart, dass die Haustierhaltung generell verboten ist oder aber der Zustimmung durch die Vermieterin bedarf. Ist Letzteres der Fall, so kann die Vermieterin die Zustimmung ohne Angabe von Gründen verweigern. Es macht auch Sinn, vertraglich festzulegen, unter welchen Umständen die Vermieterin eine erteilte Zustimmung widerrufen kann. Unproblematische Kleintiere wie Hamster, Zierfische, Wellensittiche usw. dürfen jedoch unabhängig von einer Zustimmung durch die Vermieterin gehalten werden. 

Hält sich der Mieter nicht an das Tierhaltungsverbot oder hat er bei der Vermieterin die dafür notwendige Zustimmung nicht eingeholt, kann die Vermieterin den Mietvertrag kündigen.

Auch bei einer erlaubten Tierhaltung ist der Mieter jedoch verpflichtet, dem Mietobjekt Sorge zu tragen sowie auf Nachbarn Rücksicht zu nehmen. 

Zusammenfassend kann Ihre Frage dahingehend beantwortet werden, dass Ihre Mieter einen Entlebucher Sennenhund halten dürfen, sofern die Tierhaltung im Mietvertrag nicht ausdrücklich verboten oder von Ihrer Zustimmung abhängig gemacht wurde. Generell macht es für zukünftige Vermietungen Sinn, die Frage der Tierhaltung beim Abschluss des Mietvertrags zu besprechen und klare Regelungen zu treffen. Es besteht sogar die Möglichkeit einen Vertragszusatz für Haustiere abzuschliessen, welcher Rechte und Pflichten der Haustierhalter genau regelt. Das Institut für interdisziplinäre Erforschung der Mensch-Tier-Beziehung (IEMT) hat einen solchen Vertragszusatz erarbeitet, welcher die Interessen von Vermieter, Mieter sowie auch das Bedürfnis der Tiere nach artgerechter Haltung berücksichtigt. Sie können diesen Vertragszusatz hier herunterladen.

Matthias Fricker
m.fricker@frickerseiler.ch

März 2023

Ich habe seit längerer Zeit eine offene Forderung gegenüber einem früheren Kunden. Was kann ich vorkehren, damit diese nicht verjährt?

Art. 135 des Schweizer Obligationenrechts (OR) sieht vor, dass die Verjährung durch folgende Handlungen unterbrochen wird: durch Anerkennung der Forderung von seiten des Schuldners, namentlich auch durch Zins- und Abschlagszahlungen, Pfand- und Bürgschaftsbestellung (Ziff. 1), sowie durch Schuldbetreibung, durch Schlichtungsgesuch, durch Klage oder Einrede vor einem staatlichen Gericht oder einem Schiedsgericht sowie durch Eingabe im Konkurs (Ziff. 2 ).

Im Weiteren ist es dem Schuldner unbenommen, auf die Verjährungseinrede zu verzichten – so kann er bspw. verhindern, dass ihn der Gläubiger zwecks Verjährungsunterbrechung betreibt und er so im Betreibungsregister erscheint. Art. 141 OR regelt die Erfordernisse dieser Verzichtserklärung: Der Schuldner kann ab Beginn der Verjährung jeweils für höchstens zehn Jahre auf die Erhebung der Verjährungseinrede verzichten (Abs. 1), wobei der Verzicht in schriftlicher Form erfolgen muss und in allgemeinen Geschäftsbedingungen lediglich der Verwender auf die Erhebung der Verjährungseinrede verzichten kann (Abs. 1bis).

Zum Schluss noch dies: Art. 142 OR bestimmt, dass der Richter die Verjährung nicht von Amtes wegen berücksichtigen darf, d.h. wenn der Schuldner die Verjährung nicht geltend macht, darf sie der Richter auch nicht beachten und muss die Forderung ohne Berücksichtigung der Verjährung beurteilen.

Samuel Egli
s.egli@frickerseiler.ch

Februar 2023

Damit ich trotz Pflegebedürftigkeit zu Hause wohnen bleiben kann, habe ich mit einer speziellen Personalverleih-Firma im letzten Herbst einen Vertrag abgeschlossen, wonach diese mir Pflegpersonen zur Verfügung stellt. Die jeweilige Person wohnt in meinem Haus und leistet während 21 aufeinanderfolgenden Tagen, inklusive Wochenende, eine 24-Stunden Betreuung. Wenn die drei Wochen vorbei sind, kommt eine andere Betreuungsperson zu mir und die vorherige hat ein paar Tage Pause. Dies hat bis jetzt immer gut funktioniert. Gestern kommt jedoch mein aktueller Betreuer auf mich zu und meint, ich müsse ihm mindestens einen Sonntag frei geben, weil eine dreiwöchige Arbeitsschicht gegen die Ruhezeitvorschriften des Arbeitsgesetztes (ArG) verstossen. Die Personalverleih-Firma sagt mir aber, dies sei falsch: In Art. 2 Abs. 1 lit. g ArG stehe klar, dass das Arbeitsgesetz auf private Haushaltungen keine Anwendung finde. Wer hat recht?

Die Aussage der Personalverleih-Firma, dass private Haushaltungen, wie in Ihrem Falle, gemäss Art. 2 Abs. 1 lit. g ArG nicht dem Arbeitsgesetz unterstellt sind, ist grundsätzlich richtig. Dies gilt jedoch nur dann, wenn Sie mit der Betreuungsperson direkt einen Vertrag abschliessen. Beim Personalverleih liegt ein sogenanntes Dreiparteienverhältnis vor. Mit Urteil vom 22. Dezember 2021 (BGE 2C_470/2020) hat das Bundesgericht entschieden, dass der Personalverleiher in dieser Konstellation dem Arbeitsgesetz untersteht und die Ausnahmeregelung von Art. 2 Abs. 1 lit. g ArG nicht greift. Ihre Betreuungsperson hat somit gemäss Art. 20 Abs. 1 ArG Anspruch auf mindestens einen freien Sonntag. Die Personalverleih-Firma, die Ihnen eine durchgehende Betreuung für 21 Tage vertraglich zugesichert hat, muss Ihnen für diesen Tag eine Stellvertretung zur Verfügung stellen.

Karin Koch Wick
k.koch@frickerseiler.ch

Januar 2023

Vor einigen Jahren habe ich mit einem Geschäftspartner zusammen einen Aussenparkplatz zur gemeinsamen Nutzung gekauft. Der Parkplatz ist als selbstständiges Grundstück aus-gestaltet und wir sind als Miteigentümer je zu ½ im Grundbuch eingetragen.

Ich benötige diesen Parkplatz nicht mehr und möchte meinen Anteil los werden bzw. mein Eigenkapital realisieren. Mein Geschäftspartner weigert sich aber, beim Verkauf mitzuwirken oder meine Hälfte zu übernehmen. Was kann ich tun?

Jeder Miteigentümer hat im Grundsatz das Recht, die Aufhebung des Miteigentums zu verlangen. Dieses Recht ist dann eingeschränkt, wenn entweder die Sache im Miteigentum einem dauernden Zweck gewidmet ist oder vereinbart wurde, auf die Aufhebung für eine bestimmte Dauer zu verzichten. Hier dürfte beides nicht der Fall sein. Weigert sich der Miteigentümer, bei der Aufhebung des Miteigentums mitzuwirken, so kann das Gericht angerufen werden. Weil bei einem Parkplatz im Unterschied bspw. zu einem Geldbetrag oder einem Ster Holz die körperliche Aufteilung nicht möglich ist, wird das Gericht die Versteigerung anordnen, so dass in der Folge der Erlös hälftig aufgeteilt werden kann. Jeder Miteigentümer hat im Grundsatz das Recht, die Aufhebung des Miteigentums zu verlangen. Dieses Recht ist dann eingeschränkt, wenn entweder die Sache im Miteigentum einem dauernden Zweck gewidmet ist oder vereinbart wurde, auf die Aufhebung für eine bestimmte Dauer zu verzichten. Hier dürfte beides nicht der Fall sein. Weigert sich der Miteigentümer, bei der Aufhebung des Miteigentums mitzuwirken, so kann das Gericht angerufen werden. Weil bei einem Parkplatz im Unterschied bspw. zu einem Geldbetrag oder einem Ster Holz die körperliche Aufteilung nicht möglich ist, wird das Gericht die Versteigerung anordnen, so dass in der Folge der Erlös hälftig aufgeteilt werden kann. 

Roger Seiler
r.seiler@frickerseiler.ch

2022

Dezember 2022

Vor drei Jahren ist mein Vater gestorben. Er hat kein Testament hinterlassen. Vor drei Monaten ist meine Mutter gestorben. Sie hat ein Testament hinterlassen, in welchem sie ihren Lebenspartner, Fritz Künzle, mit dem sie seit dem Tod meines Vaters in ihrem Einfamilienhaus zusammenlebte, eingesetzt hat. Fritz Künzle, 68-jährig und ehemaliger Bankangestellter, hat das Willensvollstreckermandat angenommen, was mir vom zuständigen Gericht bestätigt wurde.

Vom Willensvollstrecker haben meine zwei Schwestern und ich bis heute nichts weiteres gehört, ausser dass er uns mitgeteilt hat, er werde weiterhin im Haus meiner Mutter wohnen bleiben. Ist diese "Funkstille" von Seiten des Willensvollstreckers normal? Durfte meine Mutter ihren Lebenspartner als Willensvollstrecker einsetzen? Muss ein Willensvollstrecker nicht Notar oder Anwalt sein? Darf Fritz Künzle ohne weiteres im Haus meiner Mutter wohnen bleiben?

Dass der Willensvollstrecker nach Annahme des Mandates nichts von sich hören liess, ist ungewöhnlich. In der Regel hat sich der Willensvollstrecker nach Annahme des Mandates einen Überblick über die Vermögensverhältnisse des Nachlasses zu verschaffen und ein Inventar erstellt. Eine nachfolgende Information der Erben ist dann angezeigt. 

Dem Willensvollstrecker obliegt es unter anderem, den Nachlass zu verwalten. In Ihrem Fall ist grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden, dass der Willensvollstrecker weiterhin im Haus Ihrer Mutter lebt. Allerdings hat er der Erbengemeinschaft dafür eine angemessene Entschädigung zu bezahlen. Bei der Festsetzung dieser Entschädigung besteht natürlich ein Interessenskonflikt zwischen dem Willensvollstrecker und der Erbengemeinschaft.

Als Erbin haben Sie gegenüber dem Willensvollstrecker ein umfassendes Auskunftsrecht. Ich empfehle Ihnen deshalb, beim Willensvollstrecker baldmöglichst zu intervenieren und ihn aufzufordern, Ihnen notwendigen Auskünfte zu erteilen. 

Der Willensvollstrecker unterliegt der staatlichen Aufsicht. Erfüllt er seine Pflichten nicht, können Sie bei der zuständigen Aufsichtsbehörde Beschwerde einreichen. 

Kurt Fricker
k.fricker@frickerseiler.ch

November 2022

Ich möchte in meinem Einfamilienhaus von einer Ölheizung auf eine Wärmepumpe umstellen und neu auf dem Dach eine Photovoltaikanlage installieren. Für all dies habe ich mit einem einzigen Anbieter einen Vertrag abgeschlossen. Gestern begannen nun die Arbeiten und dabei wurde diverses Material auf meine Grundstück deponiert und gelagert (z.B. Solarpanels). Was passiert, wenn dieses Material gestohlen wird. Muss ich dafür aufkommen oder mein Vertragspartner?

Beim von Ihnen abgeschlossenen Vertrag handelt es sich um einen Werkvertrag gemäss Art. 363 ff. OR. Wenn nun einzelne Gegenstände, welche Teil des gesamten abzuliefernden Werks (in Ihrem Fall dem Ersatz der Heizung und der zu erstellenden PV-Anlage) bilden, durch Diebstahl oder anderweitig unerlaubt abhanden kommen, liegt ein zufälliger Untergang im Sinne von Art. 376 OR vor. Wer nun die Gefahr dieses Untergangs zu tragen hat, hängt davon ab, ob das Werk bereits vom Unternehmer an den Bauherrn übergeben wurde. In Ihrem Fall erfolgt die Übergabe nach der Fertigstellung aller vereinbarten Arbeiten. Bis zur Übergabe des Werks hat gemäss Art. 376 Abs. 1 OR grundsätzlich der Unternehmen die Folgen eines zufälligen Untergangs der Sache zu tragen. Dies bedeutet, dass der Unternehmer die gestohlenen Gegenstände neu beschaffen muss und die dadurch zusätzlich anfallenden Kosten nicht an Sie weiter verrechnen darf. Anders würde sich die Sache jedoch präsentieren, falls Sie mit dem Unternehmer eine von Art. 376 OR abweichende vertragliche Vereinbarung getroffen haben.

Matthias Fricker
m.fricker@frickerseiler.ch

Oktober 2022

Zur Erstellung einer Stützmauer bin ich darauf angewiesen, das Nachbargrundstück zu betreten. Ist dies zulässig?

Mit Ihrer Frage sprechen Sie das sog. Hammerschlagsrecht an, das seine rechtliche Verankerung im kantonalen Einführungsgesetz zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch (EG ZGB) hat: Darin hält § 76 fest, dass die Grundeigentümerin oder der Grundeigentümer nach Vorankündigung berechtigt ist, Nachbargrundstücke zu betreten oder vorübergehend zu benützen, wenn dies erforderlich ist, um auf dem eigenen Grundstück Pflanzungen, Bauten oder Anlagen zu erstellen, zu unterhalten oder zu beseitigen (Abs. 1). Indes ist für daraus entstehenden Schaden Ersatz zu leisten (Abs. 2). Vorausgesetzt ist also vorerst, dass Sie Ihrem Nachbarn eine entsprechende Vorankündigung machen, d.h. ihn über Ihr Vorhaben aufklären. Sodann ist vorausgesetzt, dass das Betreten/die Benützung erforderlich ist. Was dies meint, ist nicht ganz klar. In allgemeiner Weise kann aber wohl angenommen werden, dass das Betreten/Benützen des Nachbargrundes immer dann als erforderlich gilt, wenn das Vorhaben anders mit verhältnismässigem Aufwand nicht möglich ist. Können also Arbeiten zwar ohne die Beanspruchung des Nachbargrundes ausgeführt werden, wären diese so aber viel aufwändiger/teurer (bspw. wenn extra ein Kran aufgestellt oder extra eine neue Zufahrt erstellt werden muss), darf das Hammerschlagsrecht ausgeübt werden (gegen Schadloshaltung). Kann Ihre Stützmauer also ohne die Beanspruchung des Nachbargrundstückes nur mit unverhältnismässigem Aufwand oder gar nicht erstellt werden, dürfen Sie das Hammerschlagsrecht im vorgenannten Sinne ausüben.
 

Samuel Egli
s.egli@frickerseiler.ch

September 2022

Unsere Mieterin hatte per Ende Juli 2022 ihre Wohnung gekündigt. Weil der 31. Juli dieses Jahr ein Sonntag war und wir für diesen Tag keinen Wohnungsabnehmer aufbieten konnten, wollten wir die Wohnungsabnahme am Freitag, 29. Juli 2022, durchführen. Die Mieterin hat sich aber geweigert und gesagt, sie gebe die Wohnung erst am Dienstagmorgen, 2. August 2022, zurück. Wir haben dann nachgegeben und ihr mit der Schlussrechnung für den zusätzlichen Tag im August einen entsprechenden Mietanteil in Rechnung gestellt. Darauf antwortet uns die Mieterin jetzt, sie hätte sich rechtliche beraten lassen und man habe ihr gesagt, dass wir keinen Anspruch auf Vergütung des zusätzlichen Tages hätten. Stimmt das?

Ja, die Auskunft, die Ihre Mieterin erhalten hat, ist korrekt. Gemäss Art. 78 OR ist die Wohnung erst am nächsten Werktag abzugeben, wenn das Ende der Mietdauer auf einen Sonn- oder staatlich anerkannten Feiertag fällt. Der 31. Juli war ein Sonntag und der 1. August (Montag) ein staatlich anerkannter Feiertag. Die Wohnungsrückgabe per 2. August 2022 war somit korrekt. Dasselbe ergibt sich übrigens auch aus Ziffer 25 des offiziellen Mietvertragsformulars des Hauseigentümerverbandes (HEV) Aargau. 

Karin Koch Wick
k.koch@frickerseiler.ch

August 2022

Ich habe eine zum Verkauf ausgeschriebene Wohnung besichtigt. Sie hat mir sehr gut gefallen und ich habe dem Verkäufer gleich nach der Besichtigung eine schriftliche Reservationsvereinbarung unterschrieben und am nächsten Tag eine Anzahlung von Fr. 20'000.00 geleistet.

In der Zwischenzeit sind mir Zweifel gekommen und ich möchte vom Kauf Abstand nehmen. Der Verkäufer macht aber geltend, ich hätte mich schriftlich zum Kauf verpflichtet und müsse den notariellen Vertrag nun unterzeichnen, ansonsten er einfach die Anzahlung behalten wer-de. Hat er Recht?

Nein. Kaufverträge für Grundstücke bedürfen der Form der öffentlichen Beurkundung. Das Gleiche gilt für Vorverträge dazu. Der schriftliche Reservationsvertrag erfüllt deshalb die gesetzlichen Formvorschriften nicht und entfaltet deshalb keine Wirkung. Sie sind deshalb nicht verpflichtet, die Wohnung zu erwerben, und haben einen Anspruch darauf, vom Verkäufer die Anzahlung zurückzuverlangen. Wenn er allerdings beweisen kann, dass er im Hinblick auf den beabsichtigten Verkauf Aufwendungen getätigt hat (beispielsweise einen Vertragsentwurf des Notars), so kann er den daraus entstandenen Schaden im Sinne von Ersatz des enttäuschten Vertragsvertrauens zurückbehalten, in keinem Fall aber die gesamten Anzahlung. 

Roger Seiler
r.seiler@frickerseiler.ch

Juli 2022

Ich habe meinem guten Bekannten Felix Bünzli vor sechs Jahren Fr. 30'000.00 ausgeliehen. Wir haben schriftlich vereinbart, dass er mir einen Zins von 5 % bezahlt und den Schuldbetrag jährlich mit Fr. 5'000.00 amortisiert. Felix hat in der Folge für zwei Jahre den vereinbarten Zins und die Amortisationsraten bezahlt. Leider geriet er dann in finanzielle Schwierigkeiten und konnte seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen. Nicht nur das, er reagierte auf meine Mahnungen überhaupt nicht mehr. Auch telefonisch konnte ich nicht mehr mit ihm in Kontakt treten. Ich habe Felix deshalb betrieben. Gegen die eingeleitete Betreibung hat er keinen Rechtsvorschlag erhoben. Vor einigen Tagen habe ich nun vom Betreibungsamt die Pfändungsurkunde erhalten und musste mit Schrecken feststellen, dass Felix auf einem Schuldenberg von rund Fr. 60'000.00 sitzt. Zudem hat ihn seine Frau mit seinen drei Kindern verlassen. Er muss ihr happige Unterhaltsbeiträge bezahlen. Im Ergebnis bedeutet dies, dass das Betreibungsamt von seinem Lohn keinen Rappen pfänden konnte. Deshalb stellte mir das Betreibungsamt einen Verlustschein im Betrag von Fr. 20'000.00 nebst Zins aus. Ergänzen muss ich noch, dass Felix vermögende Eltern hat, die kurz vor der Pensionierung stehen. Muss ich aufgrund dieser Ausgangslage meine Forderung in den Kamin schreiben?

Das sind tatsächlich keine rosigen Aussichten für Sie! Felix wird noch während vieler Jahre familienrechtliche Unterhaltsbeiträge zu bezahlen haben. Familienrechtliche Verpflichtungen gehen allen übrigen Verpflichtungen vor, sodass wohl auch in Zukunft während noch längerer Zeit von seinem Lohn zugunsten der übrigen Gläubiger kaum eine pfändbare Quote anfällt. 

Trotzdem rate ich Ihnen, Ihre Forderung "nicht in den Kamin zu schreiben". Die durch den Verlustschein verurkundete Forderung verjährt 20 Jahre nach der Ausstellung des Verlustscheins. Ich könnte mir vorstellen, dass sich die finanzielle Situation von Felix in diesem Zeitraum verbessert und er in der Lage sein wird, Ihnen die im Verlustschein ausgewiesene Forderung zu bezahlen. Nicht auszuschliessen ist auch, dass ihm während dieser Zeit eine Erbschaft anfällt! Damit die Verlustscheinforderung nicht verjährt, empfehle ich Ihnen, bis spätestens Ende Mai 2042 erneut Betreibung einzuleiten. Sollte Felix Rechtsvorschlag erheben, können Sie beim zuständigen Gericht provisorische Rechtsöffnung verlangen, die Ihnen vom Gericht auch gewährt werden wird. Wichtig ist nun allerdings Folgendes: Felix hat nach gewährter provisorischer Rechtsöffnung das Recht, Aberkennungsklage einzureichen. Lehre und Rechtsprechung haben im Laufe der Jahre verdeutlicht, dass ein Verlustschein keine Schuldanerkennung im eigentlichen Sinne darstellt. Deshalb müssten Sie in einem allfälligen Aberkennungsprozess die dem Verlustschein zugrundeliegende Forderung beweisen. D.h. Sie müssten dem Gericht namentlich den Darlehensvertrag, den Sie mit Felix abgeschlossen haben, vorlegen können. Bewahren Sie somit dieses Dokument sorgfältig auf. 

Kurt Fricker
k.fricker@frickerseiler.ch

Juni 2022

Ich bin Eigentümer einer 4,5 Zimmer-Wohnung, welche ich vermietet habe. Heute teilte mir meine Mieterin mit, es sei gestern in die Wohnung eingebrochen worden. Dabei habe die unbekannte Täterschaft die Terrassentüre aufgebrochen. Muss die Mieterin die Reparaturkosten bezahlen oder gehen diese zu meinen Lasten?

Der Vermieter ist verpflichtet, das Mietobjekt dem Mieter in einem zum vorausgesetzten Gebrauch tauglichen Zustand zu überlassen und während der Mietdauer in diesem Zustand zu erhalten. Dies sieht das Mietrecht in Art. 256 OR vor. Wird nun also – wie in Ihrem Fall – die Terrassentüre von Einbrechern aufgebrochen und beschädigt, weist das Mietobjekt einen Mangel auf. Somit haben Sie die Kosten für die Reparatur oder den Ersatz der Türe zu bezahlen. Sie haben auch keinen Anspruch darauf, dass der Mieter den Schaden seiner Hausratversicherung meldet. Allenfalls können Sie den Schaden Ihrer Versicherung anmelden. Ebenfalls können Sie Ihrerseits von der Täterschaft Schadenersatz fordern, sollte diese ausfindig gemacht und für den Einbruch strafrechtlich verurteilt werden.Der Vermieter ist verpflichtet, das Mietobjekt dem Mieter in einem zum vorausgesetzten Gebrauch tauglichen Zustand zu überlassen und während der Mietdauer in diesem Zustand zu erhalten. Dies sieht das Mietrecht in Art. 256 OR vor. Wird nun also – wie in Ihrem Fall – die Terrassentüre von Einbrechern aufgebrochen und beschädigt, weist das Mietobjekt einen Mangel auf. Somit haben Sie die Kosten für die Reparatur oder den Ersatz der Türe zu bezahlen. Sie haben auch keinen Anspruch darauf, dass der Mieter den Schaden seiner Hausratversicherung meldet. Allenfalls können Sie den Schaden Ihrer Versicherung anmelden. Ebenfalls können Sie Ihrerseits von der Täterschaft Schadenersatz fordern, sollte diese ausfindig gemacht und für den Einbruch strafrechtlich verurteilt werden.

Matthias Fricker
m.fricker@frickerseiler.ch

Mai 2022

Letzthin haben wir ein Nachbarskind gesehen, das unseren Gartenzaun überklettert hat, um bei uns im Garten einen beim Spielen verlorenen Ball zu holen. Da wir planen, einen grossen Gartenteich zu erstellen, haben wir uns nun gefragt, ob unser Garten hierfür gegenüber Kindern genügend gesichert ist?

Diese Frage betrifft die Thematik der Werkeigentümerhaftung: So hat nach Art. 58 Abs. 1 OR der Eigentümer eines Gebäudes oder eines andern Werkes den Schaden zu ersetzen, den diese infolge von fehlerhafter Anlage oder Herstellung oder von mangelhafter Unterhaltung verursachen. Die Werkeigentümerhaftung ist eine Kausalhaftung, die demgemäss auch zur Anwendung gelangt, wenn den Werkeigentümer kein Verschulden trifft. Selbst erstellte Gartenteiche gelten dabei klassischerweise als Werke im vorgenannten Gesetzessinne.

Sodann setzt die Werkeigentümerhaftung ein mangelhaftes Werk voraus. Das Bundesgericht geht von einem solchen Mangel aus, wenn das Werk nicht jene Sicherheit bietet, die für dessen bestimmungsgemässen Gebrauch erforderlich ist. Grundsätzlich muss ein Werk also nur jenen Sicherheitsanforderungen genügen, die der vorgesehene Gebrauch erfordert. Vorsicht ist dabei aber geboten, wenn augenscheinlich ist, dass das Werk für Kinder eine besondere Gefahr bilden kann. Vor einigen Jahren hatte das Bundesgericht den Fall eines 19 Monate alten Kindes zu beurteilen, das in den Gartenteich eines Nachbargrundstückes fiel, dort mehrere Minuten mit dem Gesicht im Wasser liegen blieb und durch den damit verbundenen Sauerstoffmangel eine schwere Hirnschädigung erlitt (BGer, Urteil v. 18.10.2016, 4A_377/2016). In seiner Begründung hielt das Bundesgericht u.a. fest, dass sich die Mängelfreiheit eines Werkes immer nach objektiven Gesichtspunkten beurteilt, indes alles zu beachten ist, was sich nach der Lebenserfahrung am entsprechenden Ort zutragen könnte. Es müsse aber nicht jede abstrakte Gefahr beachtet werden, da jede Person, die ein Werk benützt, auch ein Mass an Selbstverantwortung trage. Überdies müsse die verlangte Sicherungspflicht zumutbar sein; beispielsweise muss das Anbringen von Sicherheitsvorrichtungen technisch möglich und insbesondere mit Blick auf das Kosten-/Nutzenverhältnis angemessen sein. Wie angetönt, werden diese Grundsätze aber relativiert, wenn das Werk für Kinder eine besondere Gefahr bildet, welche für den Werkeigentümer voraussehbar ist. Im fraglichen Fall ist das Bundesgericht zwar von einem bestimmungswidrigen Verhalten ausgegangen, hat aber weiter geprüft, ob eine Ausnahmesituation vorlag, die dennoch zu einer Haftung führen würde. Hierzu wurden die konkreten Verhältnisse angeschaut (Lage und Sicherung des Teichs). Schliesslich verneinte das Bundesgericht die Haftung des Eigentümers des Teiches: Der Teich sei für Kleinkinder nicht einsehbar, womit er nicht zu spontanen Besichtigungstouren zu verleiten vermöge. Im Weiteren beständen zahlreiche Hindernisse (Gartentor mit Kindersicherung, Steinmauer mit hohem Pflanzenbewuchs etc.) und es sei auch nicht damit zu rechnen, dass sich ein kleines Kind unbegleitet zum Teich begebe.

Dieses Fallbeispiel zeigt die allgemeinen Anforderungen an die Sicherung eines Werkes gut auf und lässt sich entsprechend auf Ihren Gartenteich anwenden. Da Sie bereits feststellen konnten, dass Kinder den bestehenden Zaun überklettern (können), wird es zusätzliche Hindernisse brauchen, um den Schutzanforderungen zu genügen (erhöhter Zaun, zusätzliche Bepflanzung, Umfriedung des Teiches etc.).

Samuel Egli
s.egli@frickerseiler.ch

April 2022

Wir haben per Januar 2021 unsere Eigentumswohnung in einem Mehrfamilienhaus vermietet. Bezüglich der Nebenkosten hatten wir vereinbart, dass diese „auf Abrechnung“ zu bezahlen sind. Im März haben wir die Nebenkostenabrechnung der Verwaltung der Stockwerkeigentümerversammlung erhalten und unserer Mieterin den dort aufgeführten Betrag in Rechnung gestellt. Nun meint unsere Mieterin, dies sei nicht korrekt und sie verlangt eine korrigierte Abrechnung. Ist sie im Recht?

In den Art. 257a und 257b OR werden die Nebenkosten im Sinne des Mietrechts definiert. Dem entsprechend handelt es sich hier durchwegs um Leistungen, die mit dem Gebrauch der Sache zusammenhängen. Sie, als Stockwerkeigentümer, müssen sich demgegenüber gemäss Art. 712g ZGB auch an Kosten beteiligen, die unabhängig vom Gebrauch der Wohnung anfallen; so insbesondere an allfälligen Auslagen für den laufenden Unterhalt, Reparaturen und Erneuerungen des Grundstücks und des Gebäudes. Diese Kosten sind von Gesetzes wegen immer vom Vermieter zu tragen (vgl. Art. 256 ZGB). Es bleibt Ihnen somit leider nichts anderes übrig, als die Nebenkostenabrechnung für Ihre Mieterin neu zu erstellen und dabei aus der Nebenkostenabrechnung der Verwaltung nur die Positionen zu übernehmen, die unmittelbar mit dem Gebrauch der Sache zusammenhängen (vgl. die Aufzählung im Mietvertragsformular des HEV Aargau). Allenfalls sind auf Ihrer Seite auch Auslagen angefallen, die Sie zusätzlich zu den gemeinschaftlichen Kosten des Stockwerkeigentums zu bezahlen haben (z.B. das Serviceabonnement eines Küchengeräts in Ihrer Wohnung). Diese dürfen Sie via Nebenkostenabrechnung ebenfalls auf Ihre Mieterin abwälzen.

Karin Koch Wick
k.koch@frickerseiler.ch

März 2022

Uns ist letzte Woche eine Katze zugelaufen. Was müssen wir unternehmen und unter welchen Umständen dürfen wir sie behalten?

Das Zulaufen eines Tieres ist im rechtlichen Sinn als Fund zu beurteilen. Tiere sind zwar keine Sachen, werden aber, wo keine separate Regelung besteht, wie Sachen behandelt. Entsprechend hat der Finder eines Tieres dessen Eigentümer zu benachrichtigen oder, wenn er ihn nicht kennt, den Fund anzuzeigen. Zuständig für die Anzeige eines Tierfundes ist im Kanton Aargau gemäss regierungsrätlicher Verordnung und Leistungsvereinbarung der Aargauische Tierschutzverein, Tel. 0900 98 00 20 bzw. 0848 357 358. 

Wer seinen Pflichten als Finder nachkommt, also den Eigentümer informiert bzw. den Fund angezeigt hat, erwirbt im Normalfall nach Ablauf von fünf Jahren Eigentum an der Sache, wenn der berechtigte Eigentümer bis dahin nicht festgestellt werden kann. Bei Haustieren (im Unterschied zu Nutzieren) beträgt diese Frist bloss zwei Monate. 

Konkret müssen Sie also den Halter der zugelaufenen Katze und sonst die Tiermeldestelle informieren. Wird der Halter gefunden, so erhält er die Katze zurück, muss Ihnen aber Auslagen für Futter und allfällige tierärztliche Behandlung etc. entschädigen, bei einer wertvollen Katze zusätzlich einen Finderlohn von rund 10 % des Wertes bezahlen. Meldet sich hingegen innert zweier Monate nach Mitteilung an die Meldestelle niemand, dann dürfen Sie die Katze behalten, denn Sie sind durch "Ersitzung" Eigentümer geworden. 

Roger Seiler
r.seiler@frickerseiler.ch

Februar 2022

Der Bau unseres Hauses (Kostenpunkt ca. Fr. 1,5 Millionen) hat uns einigen Ärger beschert. Unser Architekt war als Bauführer unsorgfältig. Deshalb haben wir das vereinbarte Pauschalhonorar von Fr. 90'000.00 um Fr. 15'000.00 reduziert. Der Architekt verlangte vollständige Bezahlung. Deshalb beauftragten wir einen Anwalt aus dem Kanton Aargau. Nach einem kurzen Augenschein in unserem neuen Haus war es für unseren Anwalt "völlig klar": Die Fr. 15'000.00 sind nicht geschuldet. Nicht nur das: Als Folge mangelhafter Bauführung und Planungsfehlern muss Ihnen Ihr Architekt einen Minderwert von mindestens Fr. 100'000.00 bezahlen. Nachdem das Schlichtungsverfahren ergebnislos geblieben war, reichte unser Anwalt eine Forderungsklage über Fr. 100'000.00 ein. Die Sache sei "völlig klar". Über das Prozessrisiko, namentlich die möglichen Kostenfolgen hat uns unser Anwalt leider nicht aufgeklärt. Nun hat das Gericht unsere Klage abgelehnt. Es kam zum Schluss, dass keine vernünftigen Chancen bestanden hatten, auch nur annähernd einen Prozessgewinn in der Grössenordnung der eingeklagten Streitsumme zu realisieren. Das Ganze hat uns rund Fr. 60'000.00 gekostet (eigene Anwaltskosten, Kostenersatz Gegenpartei und Gerichtskosten). Wir sind frustriert. Können wir etwas unternehmen? Gibt es eigentlich niemanden, der den Anwälten auf die Finger schaut?

Ihren Ausführungen entnehme ich, dass Ihr Anwalt offenbar eine Klage mit überhöhtem Streitwert eingereicht hat, ohne Sie hinreichend über die Prozess- und Kostenrisiken aufzuklären. Damit hat Ihr Anwalt die ihm obliegende Sorgfaltspflicht gemäss Art. 398 Abs. 2 OR verletzt. Ich gehe davon aus, dass Sie - spätestens nach ergebnisloser Schlichtungsverhandlung - von einer Klage Abstand genommen hätten, wenn Sie von Ihrem Anwalt über die entstehenden Kosten in der Grössenordnung von Fr. 50'000.00 bei vollständigem Unterliegen orientiert worden wären. Auch die Tatsache, dass Ihr Anwalt den Minderwert Ihres Hauses offenbar lediglich auf Grund eines kurzen persönlichen Augenscheins auf Fr. 100’000.00 geschätzt hat, ohne sich bei einem Baufachmann abzusichern, stellt meines Erachtens eine Sorgfaltspflichtverletzung dar. So wie sich nach Ihrer Schilderung der Sachverhalt präsentiert, haben Sie gute Chancen, dass Ihr Anwalt Ihren Schaden ersetzen muss. Seit 1. Januar 2022 können Sie Ihren Schaden direkt bei der Haftpflichtversicherung Ihres Anwaltes geltend machen. 

Im Kanton Aargau schaut die Anwaltskommission den Anwälten "auf die Finger". Verletzt ein Anwalt seine Berufspflichten, kann die Anwaltskommission Disziplinarmassnahmen verhängen. 

Kurt Fricker
k.fricker@frickerseiler.ch

Januar 2022

Ich wurde kürzlich mit meinem Auto innerorts mit 28 km/h zuviel geblitzt. In der Folge erhielt ich von der Staatsanwaltschaft einen auf den 1. Dezember 2021 datierten Strafbefehl mit einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen à Fr. 80.00 sowie einer Busse von Fr. 300.00. Die Geldstrafe wurde bedingt ausgesprochen mit einer Probezeit von 2 Jahren. Habe ich nun einen Eintrag im Strafregister und falls ja, für wie lang?

Jedes Urteil wegen einem Verbrechen oder Vergehen wird im Strafregister eingetragen. Verbrechen sind Straftaten, die mit Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren bedroht sind. Vergehen sind jene Straftaten, bei denen die angedrohte Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe ist. Urteile wegen Übertretungen, das heisst Straftaten, die nur mit Busse bedroht sind, werden in der Regel nicht eingetragen. Bei der von Ihnen begangenen Geschwindigkeitsübertretung handelt es sich um ein Vergehen, weshalb der Strafbefehl im Strafregister eingetragen wird.

Die Dauer der Eintragung hängt von der ausgesprochenen Sanktion ab. Bedingt und teilbedingte Freiheitsstrafen und Geldstrafen werden nach 10 Jahren aus dem Register entfernt. Somit erfolgt die Löschung bei Ihnen nach 10 Jahren. Nach dieser Frist ist der Eintrag für niemanden mehr, also auch nicht für die Behörden, ersichtlich. Zu beachten ist nun aber, dass im Privatauszug, welche Private über sich selber bestellen können, und welcher teilweise bei Stellenbewerbungen vorzusehen ist, nicht die gleichen Fristen gelten. Zwar erscheinen auch im Privatauszug Urteile wegen Verbrechen und Vergehen. Jedoch erscheinen diese Urteil im Privatauszug weniger lang, als sie im Strafregister tatsächlich eingetragen sind. So erscheinen beispielsweise Urteile, die eine bedingte oder teilbedingte Strafe enthalten nicht mehr im Privatauszug, wenn sich der Verurteilte bis zum Ablauf der Probezeit bewährt hat. Da Sie mit einer bedingten Geldstrafe bestraft und die Probezeit auf zwei Jahre festgesetzt wurde, erscheint der Strafbefehl nach Ablauf der zweijährigen Probezeit, das heisst ab dem 2. Dezember 2023, nicht mehr im Privatauszug, sofern Sie sich während der Probezeit bewährt haben. Aus dem Strafregister tatsächlich gelöscht wird der Strafbefehl hingegen erst am 2. Dezember 2031.

Matthias Fricker
m.fricker@frickerseiler.ch

2021

Dezember 2021

Mir wird von meinem Nachbarn vorgeworfen, ich hätte die unverschlossene Tür zu seinem Kel-lerabteil geöffnet und mehrere Flaschen Wein aus seinem Keller entwendet. Er hat mich dies-bezüglich angezeigt, worauf ich vor drei Monaten von der Polizei befragt wurde. Anlässlich die-ser Einvernahme wurde mir mitgeteilt, dass die Staatsanwaltschaft gegen mich eine Untersu-chung wegen Hausfriedensbruch und Diebstahl eröffnet hat und ich von der Staatsanwaltschaft eingeschriebene Briefpost erhalten werde. Als ich vor zwei Wochen aus meinen Ferien zurück-gekehrt bin, habe ich im Briefkasten eine Abholungseinladung für eine eingeschriebene Post-sendung vorgefunden. Später stellte sich heraus, dass mir die Staatsanwaltschaft einen Strafbe-fehl zugesendet hat, mit welchem ich zu einer bedingten Geldstrafe wegen Hausfriedensbruchs und Diebstahls verurteilt wurde. Kann ich mich hiergegen wehren?

Die beschuldigte Person kann gegen einen Strafbefehl innert zehn Tagen nach Zustellung ohne Begründung Einsprache erheben. Diese Frist beginnt am Tag nach der Zustellung zu laufen. Erfolgt keine Einsprache, wird der Strafbefehl rechtskräftig. Wird eine eingeschriebene Postsendung nicht abgeholt, gilt sie am siebten Tag nach dem erfolglosen Zustellungsversuch als zugestellt, sofern die Person mit einer Zustellung rechnen musste. Im Falle eines nicht abgeholten Strafbefehls bedeutet dies, dass die Einsprachefrist zu laufen beginnt, auch wenn die beschuldigte Person diesen nie zu Gesicht bekommen hat – vorausgesetzt, sie musste mit einer Zustellung rechnen. Zur Beurteilung, ob mit einer Zustellung zu rechnen ist, wird geklärt, ob ein sog. Prozessrechtsverhältnis begründet wurde. Dies ist bspw. der Fall, wenn die beschuldigte Person von einer gegen sie eröffneten Strafuntersuchung Kenntnis erhält. Sodann darf zwischen der letzten Verfahrenshandlung und der Zustellung nicht eine zu lange Zeitspanne vergangen sein. In Ihrem Fall bedeutet dies, dass Sie aufgrund der Befragung sowie der expliziten Bekanntgabe der durch die Staatsanwaltschaft eröffneten Untersuchung mit der Zustellung eines Strafbefehls rechnen mussten; mit der Folge, dass die Einsprachefrist bereits abgelaufen und die Strafe rechtskräftig ist. Es empfiehlt sich daher, bei Kenntnis eines laufenden (Straf)Verfahrens die Verfahrensleitung über die Ferienabwesenheit zu informieren oder einen Stellvertreter zu bezeichnen. Ansonsten kann dies zu einem Schuldspruch führen – auch wenn man in der Sache eigentlich unschuldig ist.

Samuel Egli
s.egli@frickerseiler.ch

November 2021

Im Alter von 15 bis 17 Jahren wurde meine Zahnstellung korrigiert. Die Offerte sowie den entsprechenden Behandlungsvertrag mit dem Kieferorthopäden unterschrieb damals meine Mutter; ich selbst war mit der Behandlung einverstanden. Heute bin ich 20 Jahre alt und habe eben meine Lehre abgeschlossen. Gestern erhielt ich nun eine Rechnung einer Inkassostelle für über Fr. 2‘000.00, die meine Mutter anscheinend dem Zahnarzt für die Korrektur meiner Zähne noch schuldet. In dem Schreiben heisst es unter anderem, dass ich die Behandlung ja selbst gewollt hätte und darum auch als Vertragspartei und Schuldnerin gelte. Stimmt das? Muss ich diese Rechnung wirklich bezahlen?

Nein, Sie müssen die Rechnung nicht bezahlen. Vertragspartei des Kieferorthopäden ist die Person, die den Behandlungsvertrag abgeschlossen hat. Dies ist aufgrund der vorliegenden Belege (unterschriebene Offerte und Vertrag) klar Ihre Mutter. Sie hat mit dem Zahnarzt einen sogenannten Vertrag zugunsten einer Dritten (Art. 112 OR) abgeschlossen. Durch diesen Vertrag wurden Sie begünstigt, nicht aber schuldrechtlich verpflichtet.

Karin Koch Wick
k.koch@frickerseiler.c

Oktober 2021

Auf dem Grundstück nebenan ist ein altes Einfamilienhaus abgerissen und an dessen Stelle ein neues Gebäude errichtet worden. Die Bauarbeiten haben fast ein Jahr gedauert und ich habe mich vom Lärm gestört gefühlt und an gewissen Tagen wegen Lärm und Staub den Balkon kaum benützen können. Mein Vermieter hat mir eine geringfügige Herabsetzung des Mietzinses zugestanden. Kann ich vom Bauherrn eine ergänzende Entschädigung für die Immissionen verlangen?

Nein. In einem vertraglichen Verhältnis stehen Sie nur mit Ihrem Vermieter. Gemäss Mietrecht besteht allenfalls ein Herabsetzungsanspruch, den Sie ja bereits geltend gemacht haben. Fügt ein Grundeigentümer bei rechtmässiger Bewirtschaftung seines Grundstückes, namentlich beim Bauen, einem Nachbarn vorübergehend übermässige und unvermeidliche Nachteile zu, so kann der Nachbar vom Grundeigentümer lediglich Schadenersatz verlangen. Kein Anspruchs besteht aber auf die Einstellung von Bauarbeiten, solange diese möglichst schonend ausgeführt werden, oder auf eine Inkonvenienzzahlung. In Ihrem Fall fehlt von vornherein ein Schaden, der definitionsgemäss in einem Mehr an Passiven oder einem Weniger an Aktiven bestehen müsste und nachzuweisen wäre. 

Roger Seiler
r.seiler@frickerseiler.ch

September 2021

Ich habe am 30. März 2021 mit der Firma X einen Maklervertrag abgeschlossen. Gegenstand war eine Baulandparzelle, die zum Preis von Fr. 180'000.00 verkauft werden sollte. Bezüglich der Provision haben wir vereinbart: "Der Auftraggeber hat der Auftragnehmerin eine Provision von 3 % (mindestens Fr. 18'000.00) zuzüglich Mehrwertsteuer zu bezahlen." Die Maklerin schaltete in der Folge auf ihrer Homepage ein Inserat, worauf sich drei Interessenten meldeten. Innert sehr kurzer Zeit einigte man sich mit dem Interessenten Y auf der Basis eines Kaufpreises von Fr. 170'000.00. Y leistete eine Anzahlung von Fr. 20'000.00 an die Maklerin. Am 5. Mai 2021 wurde der Kaufvertrag beim Notar abgeschlossen.

Die Maklerin verlangt die vereinbarte Mindestprovision von Fr. 18'000.00 nebst Mehrwertsteuer. Ich bin der Auffassung, dass eine Provision in dieser Höhe völlig übersetzt ist. Die Maklerin hat meines Erachtens nicht mehr als rund drei Stunden aufgewendet. Ich habe der Maklerin eine Provision von 3 % des erzielten Verkaufspreises, mithin Fr. 5'100.00 angeboten. Sie hat dieses Angebot abgelehnt. Muss ich ihr wirklich Fr. 18'000.00 bezahlen?

Art. 417 OR bestimmt: "Ist für den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss oder für die Vermittlung eines Einzelarbeitsvertrages oder eines Grundstückkaufes ein unverhältnismässig hoher Mäklerlohn vereinbart worden, so kann ihn der Richter auf Antrag des Schuldners auf einen angemessenen Betrag herabsetzen."

Diese Bestimmung schweigt sich darüber aus, nach welchen Kriterien die Unverhältnismässigkeit des von den Parteien vereinbarten Mäklerlohnes zu beurteilen ist. Nach der Rechtsprechung und Lehre ist nicht der Arbeits- oder Zeitaufwand massgebend, sondern der wirtschaftliche Wert der Leistungen des Mäklers. Ist die Höhe des vereinbarten Mäklerlohnes unverhältnismässig, so hat es der Richter so zu halten, wie wenn keine Vereinbarung über die Höhe getroffen worden wäre. Nicht erforderlich für die Herabsetzung des Mäklerlohnes ist das Vorliegen der subjektiven Merkmale der Übervorteilung, d.h. einer Ausbeutung der Notlage, Unerfahrenheit oder des Leichtsinns des Auftraggebers. Im Liegenschaftenhandel gelten Provisionen von 1 – 2 % des Kaufpreises, ausnahmsweise von bis zu 3 %, für überbaute und von 3 – 5 % für unüberbaute Grundstücke als ortsüblich (BGE 138 III 669 E.3.1.). Die von der Maklerin verlangte Entschädigung entspräche einer Provision in der Höhe von 10,6 % des Kaufpreises. Eine Provision in dieser Höhe ist aus meiner Sicht übersetzt. Ihre Chancen auf Herabsetzung der Provision erachte ich als gut. Die von Ihnen vorgeschlagene Entschädigung auf der Basis von 3 % des Kaufpreises ist angemessen. 

Kurt Fricker
k.fricker@frickerseiler.ch

August 2021

Ich bin Eigentümer einer 4,5 Zimmer-Wohnung, welche ich vermietet habe. Der Mieter hat den Mietvertrag auf den 30. September 2021 gekündigt. Nun habe ich heute einen Brief des Mieters erhalten, in welchem er mir erklärt, er wandere per sofort nach Deutschland aus. Gleichzeitig hat mir der Mieter die Wohnungsschlüssel zurückgeschickt. Ich habe nun vor, den Mieter schriftlich darauf hinzuweisen, dass die Rückgabe der Wohnung erst am 30. September stattfindet. Ist dieses Vorgehen in Ordnung?

Nein. Zwar haftet der Mieter für Schäden am Mietobjekt, welche durch übermässige Abnützung entstehen. Gemäss Art. 267a Abs. 1 und 2 OR muss der Vermieter den Zustand der Sache jedoch bei der Rückgabe prüfen und Mängel, für die der Mieter einzustehen hat, diesem sofort melden. Unter "sofort" wird eine Frist von 2 – 3 Arbeitstagen verstanden. Versäumt es der Vermieter, die Mängel rechtzeitig zu rügen, verliert er seine Ansprüche gegenüber dem Mieter. Die Problematik in Ihrem Fall besteht nun darin, dass die sehr kurze Rügefrist von 2 – 3 Arbeitstagen nicht erst bei Beendigung des Mietverhältnisses, sondern bereits ab dem Zeitpunkt der tatsächlichen Rückgabe der Mietsache erfolgt, unabhängig davon, ob die Rückgabe vorzeitig, verspätet oder zum Zeitpunkt der Beendigung des Mietvertrags erfolgt. Die Rücksendung der Schlüssel an den Vermieter stellt eine Rückgabe des Mietobjekts dar.

 

Das Mietobjekt gilt somit per heute als zurückgegeben. Damit Sie die kurze Rügefrist einhalten können, müssen Sie das Mietobjekt somit unverzüglich prüfen. Dies können Sie auch in Abwesenheit des Mieters tun. Anschliessend müssen Sie dem Mieter allfällige Mängel innert der genannten 2 – 3 Arbeitstagen (ab heute) schriftlich mitteilen. Zur Beweissicherung empfehle ich Ihnen, das Schreiben eingeschrieben zu versenden. Ist Ihnen die neue Adresse des Mieters nicht bekannt, schicken Sie die Mängelrüge an die bisherige Adresse. 

 

Auch wenn die Mietsache durch die Rücksendung der Wohnungsschlüssel (vorzeitig) zurückgegeben wurde, endet das Mietverhältnis erst am 30. September 2021. Bis zu diesem Zeitpunkt schuldet der Mieter den Mietzins.

Matthias Fricker
m.fricker@frickerseiler.ch

Juli 2021

In meinem Arbeitsvertrag findet sich unter Ziff. 10.2. die Klausel, dass die Kündigung des Arbeitsvertrags schriftlich erfolgen muss. Nun hat mir mein Arbeitgeber am 28.6.2021 per Mail gekündigt. Ich habe nicht reagiert, da ich die Kündigung als ungültig erachte. Trifft meine Annahme zu?

Ja. Als Willenserklärung ist eine Kündigung zwar grundsätzlich an keine besondere Form gebunden. Es kann also mündlich, per Whatsapp oder gar mittels Nachricht auf der Combox gekündigt werden. Besteht indes – wie von Ihnen geschildert – eine vertragliche Abrede, die für die Kündigung Schriftlichkeit vorsieht, geht das Bundesgericht von einem Gültigkeitserfordernis aus. In solchen Fällen ist die Kündigung nur gültig, wenn diese eigenhändig unterzeichnet wird, was in einer Mail nicht möglich ist.

Unabhängig der vertraglichen Regelung empfiehlt sich in jedem Fall eine schriftliche Kündigung per Einschreiben. Denn die Beweislast für die Kündigung und deren rechtzeitigen Zugang liegt bei jener Person, welche sich auf die Kündigung beruft. Diese Beweise gelingen am besten mit einer eingeschriebenen Sendung.

Samuel Egli
s.egli@frickerseiler.ch

Juni 2021

Unser Quartier ist durch eine Privatstrasse erschlossen, welche je zur Hälfte uns und unserem Nachbarn gehört. Leider kommt es immer wieder vor, dass Besucher des Nachbarn oder er selbst ihr Fahrzeug auf unserer Strassenseite parkieren. Dies ist sehr lästig und führt oft zu bösen Worten. Wir haben deshalb ein gerichtliches Verbot erwirkt, welches das Parkieren auf unserem Grundstück untersagt und im Widerhandlungsfalle mit einer Geldstrafe gebüsst werden kann. Ungefähr 10 Tage nachdem das Verbotsschild montiert und die Verfügung des Gerichts im Amtsblatt veröffentlicht worden war, erhob der Nachbar Einsprache. Das Gericht teilt uns nun mit, dass das gerichtliche Verbot nicht für unseren Nachbarn gelte. Stimmt das? Wenn ja: Bringt uns das (teure) gerichtliche Verbot überhaupt etwas?

Gemäss Art. 260 Abs. 2 ZPO ist das gerichtliche Verbot gegenüber Personen, welche innert 30 Tagen seit dessen Veröffentlichung Einsprache erheben, unwirksam. Vorliegend scheint dies lediglich auf Ihren Nachbarn persönlich zuzutreffen. Ist die 30-tägige Einsprachefrist abgelaufen, können vorerst wenigstens alle seine Besucherinnen und Besucher wegen unberechtigten Parkierens zur Anzeige gebracht werden. 

Damit Sie das Parkverbot schlussendlich auch gegenüber ihrem Nachbarn durchsetzen können, müssen Sie beim Gericht eine Klage einreichen. Diese richtet sich gegen Ihren Nachbarn, stützt sich auf die Art. 928 und 641 Abs. 2 ZGB und hat zum Inhalt, Ihr Eigentum vor unberechtigten Einwirkungen und Störungen zu schützen oder dieselben zu beseitigen. Diese Zusatzschlaufe über das Gericht ist nötig, damit in einem ordentlichen Verfahren geprüft werden kann, ob das Abstellen von Fahrzeugen durch Ihren Nachbarn tatsächlich ohne Berechtigung erfolgt. Theoretisch wäre es nämlich möglich, dass Ihr Grundstück mit einer entsprechenden Dienstbarkeit zu Gunsten des Nachbargrundstückes belastet ist. Dies wird im (summarischen) Verfahren betreffend Erlass des gerichtlichen Verbots nicht geprüft und muss deshalb im Klageverfahren noch nachgeholt werden. Da Sie beweispflichtig sind, sollten Sie Ihrer Klage einen aktuellen Grundbuchauszug und Belege über die Störungen durch Ihren Nachbarn (wie z.B. Fotos) beilegen. Sobald Ihre Begehren gutgeheissen wurden, darf auch Ihr Nachbar nicht mehr auf Ihrer Strassenseite parkieren und kann ohne Weiteres von der Polizei gebüsst werden. Insofern bringt Ihnen auch das nun noch anzustrebende Klageverfahren einen Mehrwert: Ohne Einsprache und entsprechender materieller Prüfung der dinglichen Berechtigungen Ihres Nachbarn, hätte die Polizei dieselben nämlich vor der Verhängung einer Busse auf jeden Fall zuerst prüfen müssen. Eine solche Prüfung kann nun künftig entfallen.

Karin Koch Wick
k.koch@frickerseiler.ch

Mai 2021

Auf dem Nachbargrundstück ist ein Haus gebaut worden. Als Bewohnerin und Mieterin habe ich mich dadurch gestört gefühlt. Mein Vermieter will mir wegen des Baulärms nur eine geringfügige Herabsetzung des Mietzinses zugestehen. Kann ich nun weitergehende Forderungen gegen den bauenden Eigentümer des Nachbargrundstückes richten?

Fügt ein Grundeigentümer bei rechtmässiger Bewirtschaftung seines Grundstücks, namentlich beim Bauen, einem Nachbarn vorübergehend übermässige und unvermeidliche Nachteile zu und verursacht er dadurch einen Schaden, so kann der Nachbar vom Grundeigentümer gemäss Art. 679a ZGB lediglich Schadenersatz verlangen. Sind die Bauarbeiten hingegen nicht genehmigt oder hält sich die Bauunternehmung nicht an geltende Normen, so kann gemäss Art. 679 Abs. 1 ZGB auch die Beseitigung der Schädigung oder Schutz gegen drohenden Schaden, konkret also die Einstellung oder Beschränkung der Bauten verlangt werden. In Ihrem Fall sind die Bauarbeiten aber offenbar bereits abgeschlossen und es fallen keine Immissionen mehr an. Entsprechend bliebe in jedem Fall höchstens ein Schadenersatz. Jeder Schadenersatzanspruch setzt aber den Nachweis eines tatsächlich entstandenen finanziellen Nachteiles voraus. Dies wird in Ihrem Fall nicht möglich sein, ist durch die Immissionen doch zwar möglicherweise Ärger entstanden, aber weder eine Verminderung von Aktiven noch eine Vermehrung von Passiven. Eine Intervention hätte allenfalls bei Beginn der Bauarbeiten erfolgen sollen. Nun ist es zu spät. 

Roger Seiler
r.seiler@frickerseiler.ch

April 2021

Wir haben vor einem Jahr in einem Weiler im Fricktal eine Liegenschaft gekauft. Schon vor unserem Kauf benützte der Nachbar und sein Rechtsvorgänger unser Grundstück seit längerer Zeit als Zufahrt zu seinem Schopf und seiner Garage. Ein Wegrecht ist im Grundbuch nicht eingetragen. Auch wir haben das Befahren unseres Grundstückes durch den Nachbarn und seine Familie bis jetzt geduldet. Allerdings nimmt sich unser Nachbar seit einiger Zeit immer mehr Rechte heraus, sodass wir in der Benützung unserer Liegenschaft zunehmend eingeschränkt werden. Deshalb hat sich das Einvernehmen mit unserem Nachbarn verschlechtert. Wir haben ihm deshalb kürzlich schriftlich mitgeteilt, dass er unser Grundstück ab 1. Juni 2021 nicht mehr befahren darf. Heute nun liess uns sein Anwalt mitteilen, er werde beim Gericht Klage auf Einräumung eines Notwegrechtes einreichen, sofern wir nicht bereit seien, die Zufahrt im bisherigen Rahmen weiterhin zu gewähren.

Zu ergänzen ist, dass der Nachbar von der öffentlichen Strasse über sein eigenes Grundstück zur Garage und zum Schopf gelangen kann. Allerdings sind dazu grössere Investitionen notwendig.

Wie beurteilen Sie die Rechtslage?

Auf Ihrem Grundstück ist kein Wegrecht zugunsten des Grundstückes Ihres Nachbarn eingetragen. Ihrem Nachbarn und seinem Rechtsvorgänger wurde die Zufahrt zu Schopf und Garage über Ihr Grundstück von Ihnen und Ihrem Rechtsvorgänger schon seit Jahren gewährt. Daraus kann jedoch Ihr Nachbar kein Recht ableiten. Die Ersitzung einer Grunddienstbarkeit ist in der von Ihnen geschilderten Situation nicht möglich. 

Gemäss Art. 694 Abs. 1 ZGB kann ein Grundeigentümer, der keinen genügenden Weg von seinem Grundstück auf eine öffentliche Strasse hat, beanspruchen, dass ihm die Nachbarn gegen volle Entschädigung einen Notweg einräumen. Das Grundstück Ihres Nachbarn grenzt an eine öffentliche Strasse. Allein schon aus diesem Grund hat Ihr Nachbar keinen Anspruch auf Einräumung eines Notwegrechtes. Ihrem Nachbarn ist zuzumuten, die baulichen Vorrichtungen auf seinem Grundstück (Garage/Schopf) so zu gestalten, dass er sie von der öffentlichen Strasse aus über sein eigenes Grundstück erreichen kann. 

Kurt Fricker
k.fricker@frickerseiler.ch

März 2021

Ein Eigentümer einer Stockwerkeigentümergemeinschaft möchte den Erneuerungsfonds neu in Aktien anlegen und hat der Stockwerkeigentümerversammlung einen entsprechenden Antrag gestellt. Ich bin der Meinung, dass für den entsprechenden Beschluss Einstimmigkeit erforderlich ist, da es sich dabei um eine luxuriöse Massnahme handelt. Ist dies korrekt?

Nein, dies ist so nicht korrekt.

Die von Ihnen erwähnte Unterscheidung zwischen notwendig, nützlich und luxuriös, betrifft nur bauliche Massnahmen nicht aber Fragen im Zusammenhang mit dem Erneuerungsfonds. Soweit das Reglement oder das Gesetz nichts anderes vorsehen, genügt für Beschlüsse der Stockwerkeigentümerversammlung mit einfache Mehr (Kopfstimmen) der anwesenden Stockwerkeigentümer. 

Bei der Frage, wie das Vermögen des Erneuerungsfonds anzulegen ist, dürfte es sich meines Erachtens jedoch um eine wichtigere Verwaltungshandlung handeln. Für solche Beschlüsse schreibt das Gesetz in Art. 647b ZGB das qualifizierte Mehr vor. Dem Antrag muss somit die Mehrheit aller Miteigentümer (Kopfstimmen), die zugleich den grösseren Teil der Sache (Wertquote) vertritt, zustimmen. Dabei werden nicht nur die anwesenden, sondern alle Stockwerkeigentümer und Anteil berücksichtigt. 

Vorbehalten bleiben selbstverständlich anderslautende Bestimmungen im Reglement. Um Unklarheiten zu vermeiden, empfiehlt es sich daher, im Reglement klare Regeln festzulegen.

Matthias Fricker
m.fricker@frickerseiler.ch

Februar 2021

Ich verfahre strikte nach dem Grundsatz, dass ich keinen Schluck Alkohol trinke, wenn ich Auto oder Fahrrad fahre. Trinke ich Alkohol, fahre ich mit dem öffentlichen Verkehr oder gehe zu Fuss. Nun hat mir eine Kollegin berichtet, auch in Fällen, in welchen die Polizei einen betrunkenen Fussgänger aufgreift, könne es zu Problemen mit dem Strassenverkehrsamt kommen. Trifft dies zu?

Wie so oft kommt es auch hier auf die Umstände des Einzelfalls an. Indes ist es tatsächlich nicht ausgeschlossen, dass Sie sich selbst dann mit einem Fahreignungsabklärungsverfahren des Strassenverkehrsamtes konfrontiert sehen, wenn Sie auf das Auto verzichten, stattdessen alkoholisiert durch die Strassen gehen und in der Folge von der Polizei aufgegriffen werden.

So ist die Polizei nach Verordnungsrecht verpflichtet, die für den Strassenverkehr zuständige kantonale Behörde zu informieren, wenn sie Kenntnis von schweren Krankheiten oder von Süchten erhält, die zur Verweigerung oder zum Entzug des Ausweises führen können. Zwar ist dieses Verordnungsrecht in der Lehre auf Kritik gestossen, da die im Strassenverkehrsgesetz angebrachte gesetzliche Grundlage als unzureichend erachtet wird. Nichtsdestotrotz kommt es in der Praxis vor, dass entsprechende Meldungen erfolgen. Meist wird jedoch eine reine Alkoholisierung nicht ausreichen, sondern es braucht darüber hinaus ein auffälliges Verhalten. Sollten Sie jedoch innert kurzer Zeit mehrfach alkoholisiert aufgegriffen werden, dürfte auch hierauf eine Meldung erfolgen, da die Polizei dann annimmt, es würde ein die Fahreignung beeinträchtigendes Suchtverhalten vorliegen. Sollte Ihnen unter solchen Umständen tatsächlich der Führerausweis entzogen werden, würde sich sicherlich eine genauere Prüfung der rechtlichen Sachlage aufdrängen, da die unzureichende gesetzliche Grundlage juristischen Handlungsspielraum bietet.

Samuel Egli
s.egli@frickerseiler.ch

Januar 2021

Nach 10 Jahren Ehe haben mein Mann und ich beschlossen, uns zu trennen. Ich habe mich von seiner Familie nie richtig akzeptiert gefühlt und möchte deshalb so schnell wie möglich wieder meinen Ledignamen annehmen. Muss ich damit bis zur Scheidung warten? Was ist mit dem Familiennamen unseres zweijährigen Sohnes? Da dieser bei mir wohnen wird, wäre es am einfachsten, wenn er den gleichen Nachnamen wie ich – also ebenfalls meinen Ledignamen – tragen könnte.

Sie müssen mit Ihrer Namensänderung nicht bis zur Scheidung warten. Aufgrund der seit Ihrer Heirat zwischenzeitlich in Kraft getretenen Änderungen des Namensrechtes ist dies sofort möglich. Gemäss Art. 8a Schlusstitel ZGB kann der Ehegatte, der vor dem 1.1.2013 seinen Namen bei der Eheschliessung geändert hat, mittels Erklärung gegenüber der Zivilstandsbeamtin oder dem Zivilstandsbeamten seiner Wohnsitzgemeinde jederzeit (also unabhängig davon, ob die Ehe noch besteht oder bereits geschieden ist) erklären, dass sie oder er wieder den Ledignamen annehmen möchte.

In Bezug auf den Familiennamen Ihres Sohnes ist die Rechtslage etwas komplizierter. Eine Namensänderung des Kindes durch einfache Erklärung wäre nur innerhalb eines Jahres seit Inkrafttreten des neuen Namensrechts möglich gewesen (vgl. Art. 13d Schlusstitel ZGB). Damals war Ihr Sohn noch nicht geboren. Die Namensänderung Ihres Kindes untersteht deshalb den ordentlichen Voraussetzungen von Art. 30 ZGB. Dies bedeutet unter anderem, dass Ihr Ehemann der Namensänderung zustimmen muss und Sie sogenannte „achtenswerte Gründe“ vorbringen können, welche die beantragte Änderung als sinnvoll und nötig erscheinen lassen.  Ob dies in Ihrem Fall zu bejahen ist, kann ich nicht beurteilen. Das Gesuch wäre – sofern Sie im Kanton Aargau wohnen - dem Kantonalen Departement Volkswirtschaft und Inneres einzureichen. Weitere Informationen, Merkblätter und Formulare zu diesem Thema finden Sie auf dessen Homepage.

Karin Koch Wick
k.koch@frickerseiler.ch

2020

Dezember 2020

Aus einem Brief vom Gericht habe ich letzten Monat erfahren, dass ich Alleinerbe eines Cousins sei, der im September verstorben ist und zu dem ich keinen Kontakt hatte. Im Nachlass befinden sich ein Auto und einige Goldmünzen. Offenbar hatte mein Cousin aber hohe Schulden. Muss ich die übernehmen?

Der Erbe übernimmt die Erbschaft mit allen Aktiven und Passiven. Sie können also als Alleinerbe nicht bloss das Auto oder die Goldmünzen erwerben, ohne nicht gleichzeitig die gesamten Schulden zu übernehmen. Eine Erbschaft kann aber ausgeschlagen werden. Die Frist für die Ausschlagung beträgt allerdings nur drei Monate und zwar gerechnet grundsätzlich ab dem Tod des Erblassers, weil Sie von Ihrer Erbenstellung aber erst später erfahren haben, ab dieser Kenntnisnahme. Wenn unklar ist, ob die Erbschaft überschuldet war, bestände statt der Möglichkeit einer sofortigen Ausschlagung auch die Option, zunächst ein öffentliches Inventar zu verlangen. Hier beträgt die Frist aber bloss einen Monat, so dass sofort gehandelt werden müsste. Mit dem öffentlichen Inventar ergeht ein Schuldenruf, der Ihnen ermöglichen sollte, vor dem Entscheid über die Annahme oder die Ausschlagung der Erbschaft ein Bild über die vorhandenen Aktiven und Passiven zu erhalten. Auf diese Weise kann auch die Haftung als Erbe beschränkt werden.

Roger Seiler
r.seiler@frickerseiler.ch

November 2020

Ich wohne in Wohlen und bin 70jährig. Am 3. Juli dieses Jahres begab ich mich zu Fuss zum Einkaufen ins Dorf. Auf einem Zebrastreifen kollidierte ich mit einem mit grosser Geschwindigkeit heranbrausenden Velofahrer auf dem E-Bike. Ich stürzte und erlitt erhebliche Verletzungen, die einen 1 1/2wöchigen Spitalaufenthalt in Muri notwendig machten. Die Behandlung war schmerzhaft. Gut drei Monate war ich arbeitsunfähig und konnte den Haushalt nicht mehr besorgen. Ich muss einräumen, dass ich den Zebrasteifen bei rot betreten habe und beim Betreten, da ich damals familiäre Sorgen hatte, auf den Boden geblickt habe. Nach polizeilichen Feststellungen missachtete auch der Velofahrer das Rotlicht. Er fuhr, ohne zu Bremsen auf die Kreuzung. Da ich "selber schuld sei" will mir der Velofahrer nichts bezahlen. Von der Polizei habe ich schon länger nichts mehr gehört. Was kann ich tun?

Nach Ihrer Darstellung wurde der Unfall – da Sie erheblich verletzt waren – richtigerweise polizeiliche aufgenommen. Es erstaunt mich, dass Sie, obwohl sich der Unfall vor bald vier Monaten ereignet hat, von der Polizei bis heute "nichts gehört" haben. Mit Sicherheit wurde gegen den Velofahrer ein Strafverfahren eröffnet. Ich empfehle Ihnen, sich baldmöglichst bei der Polizei nach dem Stand des Verfahrens zu erkundigen. Als Geschädigte haben Sie das Recht, sich in diesem Strafverfahren als Privat- oder Zivilklägerin zu beteiligen.

Zwar haben auch Sie dadurch, dass Sie den Fussgängerstreifen bei rot betreten und dabei auf den Boden geschaut haben, zum Unfall beigetragen. Nach meinem Dafürhalten war aber das Verschulden des Velofahrers im Verhältnis zu Ihrem Verschulden deutlich grösser. Zudem hatte er die Betriebsgefahr seines E-Bikes zu vertreten. Wäre der Velofahrer langsamer gefahren und hätte er das Rotlicht beachtet, so hätte er die Kollision vermeiden können. Ich bin deshalb der Auffassung, dass der Velofahrer den grössten Teil des Ihnen entstandenen Schadens bezahlen muss.

Kurt Fricker
k.fricker@frickerseiler.ch

Oktober 2020

Im Rahmen einer betreibungsrechtlichen Zwangsversteigerung habe ich eine Eigentumswohnung erworben. Inzwischen ist der Kaufpreis bezahlt und ich bin als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Nun weigert sich aber der bisherige Eigentümer die Wohnung zu verlassen. Was kann ich unternehmen?

Nachdem Sie als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen sind befindet sich der bisherige Eigentümer ohne Rechtsgrund, das heisst widerrechtlich in der Wohnung. Sie haben Anspruch darauf, dass Sie ihr neues Eigentum uneingeschränkt nutzen können. Der bisherige Eigentümer muss die Wohnung räumen und verlassen. Tut er dies nicht freiwillig, stehen Ihnen für die Ausweisung die beiden folgenden Verfahrensarten zur Verfügung:

Einerseits können Sie die Ausweisung im ordentlichen Verfahren verlangen. Dieses wird durch das Schlichtungsgesuch beim Friedensrichter eingeleitet. Kommt es vor dem Friedensrichter zu keiner Einigung, so ist Klage beim Bezirksgericht einzureichen. Der Nachteil dieser Verfahrensart ist deren Dauer. Bis zum Vorliegen eines Entscheids des Bezirksgericht dürfte es gut und gerne 10 – 12 Monate dauern.

Alternativ zum ordentlichen Verfahren steht ihnen das Verfahren "Rechtsschutz in klaren Fällen" zur Verfügung. In diesem Verfahren entfällt das Schlichtungsverfahren und Sie können direkt Klage beim Bezirksgericht einreichen. Rechtsschutz in klaren Fällen wird aber nur gewährt, wenn der Sachverhalt liquide, das heisst unbestritten oder sofort beweisbar, und die Rechtslage klar ist. Bei Ihnen dürfte dies der Fall sein. Sie können durch Vorlage der entsprechenden Dokumente sofort beweisen, dass Sie neu Eigentümer der Wohnung sind und der bisherige Eigentümer sich somit widerrechtlich in der Wohnung befindet. Anders würde es sich verhalten, wenn der bisherige Eigentümer, beispielsweise mittels entsprechenden Zahlungsbelegen, glaubhaft machen könnte, zwischen Ihnen und ihm sei – zumindest stillschweigend – ein Mietvertrag zustande gekommen.

Unabhängig davon, ob sie das ordentliche Verfahren oder Rechtsschutz in klaren Fällen wählen, wird das Gericht bei Gutheissung der Klage dem vorherigen Eigentümer eine kurze Frist zum Auszug aus der Wohnung ansetzen und - für den Fall, dass er die Wohnung nach wie vor nicht verletzt und ein entsprechender Antrag von ihnen vorliegt – die polizeiliche Ausweisung anordnen.

Matthias Fricker
m.fricker@frickerseiler.ch

September 2020

Ich habe einem Arbeitnehmer ordentlich gekündigt. Dieser macht nun eine im Kündigungszeitpunkt bestehende arbeitsplatzbezogene Arbeitsunfähigkeit geltend und behauptet, die Kündigung sei aufgrund der Erkrankung nichtig. Was kann ich weiter vorkehren?

Es trifft grundsätzlich zu, dass eine Kündigung nichtig ist, die im Zeitpunkt einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit ausgesprochen wird. D.h. das Ganze wird so angesehen, als habe es die Kündigung nie gegeben. In diesem Fall müssen Sie dem Arbeitnehmer erneut kündigen, wenn er wieder gesund ist. Dieser Sperrfristenschutz gilt aber nicht unendlich, sondern richtet sich nach dem Dienstjahr. So ist bspw. ein Arbeitnehmer, der im dritten Dienstjahr steht, 90 Tage geschützt. Ist er somit länger als die 90 Tage krank, können Sie ihm unbesehen der Erkrankung kündigen.

Weiter sind die Gerichte dazu übergegangen, in Fällen rein arbeitsplatzbezogener Arbeitsunfähigkeit den Sperrfristenschutz gänzlich entfallen zu lassen. Ist ein Arbeitnehmer nämlich nur hinsichtlich der konkreten Arbeitsstelle arbeitsunfähig, ist anzunehmen, er könne ohne Weiteres nach einer neuen Stelle suchen und sei damit nicht auf den gesetzlichen Kündigungsschutz angewiesen.

Zur Sicherheit würde ich in Ihrem Fall aber raten, dem Arbeitnehmer nach erfolgter Genesung (oder Ablauf der Sperrfrist) nochmals zu kündigen, diese zweite Kündigung aber explizit als vorsorgliche Ersatzkündigung zu bezeichnen, die nur dann wirken soll, wenn sich die ursprüngliche Kündigung bspw. im folgenden Gerichtsverfahren tatsächlich als unwirksam erweisen sollte. So kann das Risiko gebannt werden, sich später plötzlich mit einem ungekündigten Arbeitsvertrag konfrontiert zu sehen.

Samuel Egli
s.egli@frickerseiler.ch

August 2020

Ich wohne in einem Mehrfamilienhaus. Alle fünf Wohnungen sind jeweils im Stockwerkeigentum vergeben. Mir gehört die Attikawohnung im obersten Stock. Gestern fand unsere alljährliche Stockwerkeigentümerversammlung statt, anlässlich welcher einer der zwei Eigentümer aus dem Erdgeschoss den Antrag stellte, das Reglement so abzuändern, dass künftig jeder berechtigt ist, in seiner Wohnung ein Gewerbe zu führen. Konkret plant er, seine Zwei-Zimmer-Wohnung demnächst in einen Coiffeursalon umzufunktionieren. Da dieses Ansinnen den Eigentümern der zwei anderen kleinen Wohnungen passt, haben sie dem Antrag zugestimmt. Wir Eigentümer der zwei Sechs-Zimmer-Wohnungen sind jedoch nicht einverstanden. Was können wir tun?

Beschlüsse der Stockwerkeigentümerversammlung können gemäss Art. 75 ZGB angefochten werden. Es ist eine Frist von 30 Tagen seit Kenntnis des entsprechenden Beschlusses einzuhalten. Zuständig ist das Gericht am Ort der Liegenschaft, falls Ihr Reglement nichts anderes vorsieht. Dem Gerichtsverfahren hat zwingend ein Schlichtungsversuch vorauszugehen. Das heisst, der Antrag auf Aufhebung des Beschlusses der Stockwerkeigentümerversammlung ist zuerst beim Friedensrichter anhängig zu machen. Kläger sind Sie und Ihr Nachbar. Beklagte ist die Stockwerkeigentümergemeinschaft.

Damit Ihr Aufhebungsbegehren erfolgreich ist, muss eine Reglements- oder Gesetzesverletzung vorliegen. Indem die Umwandlung von Wohnungen in Gewerberäume möglicherweise als eine Änderung der Zweckbestimmung im Sinne von Art. 648 Abs. 2 ZGB qualifiziert werden kann, wäre für diesen Beschluss eine Einstimmigkeit erforderlich gewesen. Damit ist die Voraussetzung der Gesetzesverletzung gegeben. Diese wäre in ihrem Fall wahrscheinlich sogar dann zu bejahen, wenn das Gericht zum Schluss käme, es läge „nur“ eine Änderung der Benutzungsweise vor. Auch für solche Beschlüsse reicht das einfache Mehr der Eigentümer nicht. Die Zustimmenden müssen gemäss Art. 647b ZGB gleichzeitig auch den grösseren Teil der Sache vertreten. 

Karin Koch Wick
k.koch@frickerseiler.ch

Juli 2020

Kürzlich ist meine Halbschwester (wir hatten die gleiche Mutter) verstorben. Vorbehältlich drei kleinerer Legate hat sie im Testament vom 26. Juli 2009 ihren Lebenspartner als Alleinerben eingesetzt. Der Lebenspartner meiner Halbschwester ist bereits im Jahr 2015 gestorben. Er hat einen Sohn hinterlassen. Der Vater meiner Halbschwester hatte keine weiteren Nachkommen, jedoch zwei Schwestern und einen Bruder, die jedoch wie seine Eltern schon lange vor meiner Halbschwester verstorben sind. Der Bruder und eine der beiden Schwestern haben Kinder, die andere Schwester war Klosterfrau.

Nun machen einerseits der Sohn des Lebenspartners meiner Halbschwester sowie zwei Nachkommen eines Bruders des Vaters meiner Halbschwester Erbansprüche geltend. Wie ist die Rechtslage?

Ihre Halbschwester hat, wenn ich Sie richtig verstehe, nach dem Tod ihres Lebenspartners, den sie als Alleinerben eingesetzt hat, kein neues Testament verfasst. Da Nachkomme von eingesetzten Erben nicht "automatisch" an deren Stelle treten, hat der Sohn des Lebenspartners Ihrer Halbschwester kein Erbrecht.  

Ihre Halbschwester hatte keine Nachkommen und keinen Ehegatten hinterlassen. Auch ihr Vater hatte keine Nachkommen. Die von Ihnen bezeichneten Personen, die Erbansprüche geltend machen, gehören der sog. grossväterlichen Parentel an. In dieser Konstellation ist Art. 458 ZGB anwendbar. Grundsätzlich geht die Erbschaft an den Stamm der Eltern (Art. 458 Abs. 1 ZGB), d. h. Vater und Mutter würden die Hälfte erben (Art. 458 Abs. 2 ZGB). Sind diese verstorben, treten an deren Stelle Nachkommen (Geschwister), resp. deren Nachkommen (Art. 458 Abs. 3 ZGB). Nachdem aber auf Seiten des Vaters des Vaters Ihrer Halbschwester keine Nachkommen vorhanden sind, fällt der Anteil des Vaters nicht an den grosselterlichen Stamm, sondern auf die Seite der Mutter, d. h. an Sie als Halbbruder (Art. 458 Abs. 4 ZGB). Sie können sind deshalb freuen: Sie sind Alleinerbe Ihrer Halbschwester!

Kurt Fricker
k.fricker@frickerseiler.ch

Juni 2020

In der Nebenkostenabrechnung zu meiner Mietwohnung sind u.a. «diverse Betriebskosten» vermerkt. Ist eine solche Klausel zulässig?

Die Nebenkosten sind das Entgelt für die Leistungen des Vermieters oder einer Drittperson, die mit dem Gebrauch der Mietsache zusammenhängen. Die Nebenkosten sind nur zu bezahlen, wenn dies mit dem Vermieter spezifisch vereinbart wurde. Ansonsten ist davon auszugehen, dass diese mit dem Mietzins abgegolten sind. Vereinbarte Nebenkosten müssen im Vertrag exakt bezeichnet werden. Werden Nebenkosten nicht pauschal abgerechnet, gilt überdies eine Abrechnungspflicht. Aus der Nebenkostenabrechnung muss der Mieter folgern können, welche Nebenkosten ihm in welchem Umfang berechnet werden. Die genannten «diverse Betriebskosten» genügen diese Anforderungen nicht, da sie zu unspezifisch sind. Der Mieter kann daraus nicht erkennen, welche Nebenkostenpositionen drunter zu fassen sind und ihm in Rechnung gestellt werden. Die Klausel ist unzulässig (zum Ganzen BGer, Urteil v. 8.10.2019, 4A_209/2019, insb. E. 8.2.2. und ius.focus 2020/1, Nr. 6, Stephanie Stohwasser).

Samuel Egli
s.egli@frickerseiler.ch

Mai 2020

Ich habe meine jetzige Anstellung auf Ende Juni 2020 gekündigt, da ich am 1. Juli 2020 eine neue Arbeitsstelle antrete. Da ich noch Ferienguthaben habe, ist mein letzter Arbeitstag bereits am 12. Juni 2020. Mein neuer Arbeitgeber hat im Moment sehr viel Arbeit und hat mich daher angefragt, ob ich nicht bereits am 15. Juni 2020 bei ihm beginnen könne. Spricht etwas dagegen?

Ja. Das Arbeitsverhältnis mit Ihrem aktuellen Arbeitgeber dauert bis am 30. Juni. Bis dahin dürfen Sie keine andere Anstellung antreten. Daran ändert auch nichts, dass Sie Ihren letzten Arbeitstag bereits am 12. Juni 2020 haben und anschliessend noch bis Ende Monat Ferien beziehen. Ferien sind zur Erholung da und sollen nicht der Erhöhung des Einkommens dienen. Daher ist es einem Arbeitnehmer generell nicht gestattet, während den Ferien zu arbeiten.

Anders sieht es nur aus, wenn ihr bisheriger Arbeitgeber damit einverstanden ist, dass sie bereits am 15. Juni 2020 beim neuen Arbeitgeber beginnen. In diesem Fall könnten Sie mit Ihrem heutigen Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag abschliessen und in diesem das Arbeitsverhältnis per 12. Juni 2020 beenden. Selbstverständlich haben Sie dann auch nur bis zum 12. Juni 2020 Anspruch auf Lohnzahlung.

Matthias Fricker
m.fricker@frickerseiler.ch

April 2020

Ich bin Physiotherapeut und führe eine kleine Praxis. Nun frage ich mich, ob ich aufgrund der aktuellen Corona-Krise wie gewohnt Behandlungen anbieten und vornehmen darf?

Behandlungen im gewohnten Rahmen dürfen Sie nicht mehr durchführen. Zwar dürfen Gesundheitseinrichtungen – wozu auch Physiotherapiepraxen zählen – ihren Betrieb weiterführen (Art. 6 Abs. 3 lit. m COVID-19-Verordnung 2 [Stand am 28.3.2020] sowie die entsprechenden Erläuterungen des BAG vom 28.3.2020).  Allerdings hält die genannte Verordnung in Art. 10a Abs. 2 sogleich einschränkend fest, dass es Gesundheitseinrichtungen verboten ist, nicht dringend angezeigte medizinische Untersuchungen, Behandlungen und Therapien (Eingriffe) durchzuführen. Als nicht dringend werden Eingriffe angesehen, die zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden können, ohne dass bei der betroffenen Person Nachteile zu erwarten sind, die über geringe physische und psychische Beschwerden und Beeinträchtigungen hinausgehen. Ebenso untersagt sind Eingriffe, die überwiegend oder vollständig ästhetischen Zwecken, der Steigerung der Leistungsfähigkeit oder dem Wohlbefinden dienen (Art. 10a Abs. 3 COVID-19-Verordnung 2).

Was heisst dies nun konkret? Zur Konkretisierung können wiederum die Erläuterungen des BAG beigezogen werden. Diese erachten Eingriffe als zulässig, «die bei einer Unterlassung zu einer Verkürzung der Lebenserwartung, zu einer bleibenden Schädigung, zu einem erheblichen Risiko für eine erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes oder zu einer notfallmässigen Hospitalisation führen, oder die Lebensqualität in ausserordentlich starker Weise verschlechtern» (Erläuterungen BAG zur COVID-19-Verordnung 2, S. 18). Auch diese Ausführungen lassen einen gewissen Interpretationsspielraum. In diesem Sinne kommen die Erläuterungen zum Schluss, dass es am Ende in der Entscheidkompetenz der Gesundheitsfachperson liegt, ob ein Eingriff notwendig ist oder nicht (Erläuterungen BAG zur COVID-19-Verordnung 2, S. 18).

Ist bei Ihnen beispielsweise ein Patient in Behandlung, der kürzlich – vor Ausbruch der Krise – an der Schulter operiert wurde und der ohne regelmässige und zeitnahe Therapie einen grossen Teil seiner Bewegungsfähigkeit verlieren würde, muss eine Behandlung auch weiterhin als zulässig erachtet werden. Selbstverständlich müssen dabei – soweit es die Behandlung zulässt – die Empfehlungen des BAG betreffend Hygiene und soziale Distanz eingehalten werden (Art. 6 Abs. 4 COVID-19-Verordnung 2).

Samuel Egli
s.egli@frickerseiler.ch

März 2020

Am 30. Januar 2020 fand ich in meinem Briefkasten eine Abholeinladung der Post. Auf dieser war vermerkt, dass man mir am gleichen Tag einen eingeschriebenen Brief des Betreibungsamtes hat zustellen wollen und ich gebeten würde, die Sendung bis am 6. Februar 2020 abzuholen. Da ich am 2. Februar 2020 für zwei Wochen in die Skiferien verreiste, konnte ich den Brief leider nicht mehr abholen. Via Internetportal der Post verlängerte ich die Abholfrist deshalb bis am 17. Februar 2020 und holte das Einschreiben nach meiner Ferienrückkehr an diesem Datum ab. Dann verfasste ich innerhalb der im Schreiben des Betreibungsamtes angeführten 10-tägigen Frist eine Einsprache und schickte diese am 26. Februar 2020 ab. Nun teilt mir das Betreibungsamt mit, dass meine Einsprache nicht mehr berücksichtigt werden könne, da sie zu spät sei. Die Einsprachefrist habe nämlich bereits am Ende der 7-tägigen Abholfrist der Post zu laufen begonnen und sei damit am 17. Februar 2020 abgelaufen. Stimmt das?

Nein, das stimmt nicht ganz. Bei der Regel, auf die sich das Betreibungsamt beruft, handelt es sich um die sogenannte Zustellfiktion. Diese besagt, dass eingeschriebene Postsendungen bei Nichtentgegennahme als am letzten Tag der 7-tägigen Abholfrist als zugestellt gelten. Eine allfällige Verlängerung der Abholfrist durch den Adressaten des Schreibens hat darauf grundsätzlich keinen Einfluss. Mit der Verlängerung der postalischen Abholfrist konnten Sie – rein theoretisch - einzig verhindern, dass der Brief nach Ablauf der 7-tägigen Abholfrist an den Absender zurückgeschickt wird. Die im entsprechenden Schreiben angesetzte Frist für Ihre Einsprache begann dagegen unverändert – und wie vom Betreibungsamt richtig bemerkt – bereits am 7. Februar 2020 zu laufen. Von Ihnen, als Laie, kann jedoch nicht erwartet werden, dass Sie diese juristische Finesse kennen. Dies umso mehr, als auf der Abholeinladung der Post ja auch nicht ersichtlich ist, ob es sich um ein gewöhnliches Schreiben oder eine fristauslösende Verfügung handelt. Das Betreibungsamt ist deshalb aufgrund des sogenannte Vertrauensschutzes verpflichtet, Ihre Einsprache als rechtzeitig eingereicht entgegenzunehmen und zu behandeln.

Karin Koch Wick
k.koch@frickerseiler.ch

Februar 2020

Wer macht sich strafbar, wenn ein Minderjähriger Alkohol trinkt?

Allgemein bekannt ist ja der folgende Satz:

"Das Gesetz verbietet den Verkauf von Wein, Bier und Apfelwein an unter 16-jährige sowie von Spirituosen, Aperitifs und Alkopops an unter 18-jährige."

Dieses Verbot stammt einerseits aus der Lebensmittel- und Gebrauchsgegenständeverordnung des Bundes, andererseits aus dem Bundesgesetz über die gebrannten Wasser. Verboten wird in diesen Bestimmungen nicht etwa der Konsum, sondern die Abgabe von alkoholhaltigen Getränken an Jugendliche. Im Unterschied zu Substanzen gemäss Betäubungsmittelgesetz, das auch den schlichten Eigenkonsum von verbotenen Suchtmitteln unter Strafe stellt, ist es also niemanden verboten, selber Alkohol zu konsumieren. Untersagt ist hingegen nicht nur der Verkauf, sondern jegliche Abgabe an Minderjährige. Strafbar ist also auch, einem Kollegen unter 16 Jahren ein Bier zu überlassen oder die unter 18-jährige Freundin zu einem Gin Tonic einzuladen. Dabei kann der Täter durchaus selber minderjährig oder gar jünger sein als das Opfer bzw. die konsumierende Person. 

Zusätzlich unter Strafe stellt das Strafgesetzbuch den Fall, dass einem Kind unter 16 Jahren alkoholische Getränke oder andere gesundheitsgefährdende Stoffe in einer Menge, welche die Gesundheit gefährden kann, zum Konsum zur Verfügung gestellt wird. Hier kommt es also auch auf die Menge an. Dafür ist die Strafdrohung mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren massiv.

Roger Seiler
r.seiler@frickerseiler.ch

Januar 2020

Als Fricktalerin liebe ich selbstverständlich Kirschen und jegliches Gebäck, das mit Kirschen hergestellt wird. Ende Juni 2019 schenkte mir meine im Fricktal wohnhafte Freundin einen selbstgebackenen Kirschenkuchen. Meine Freude beim Verzehr des Kuchens war allerdings von kurzer Dauer: Beim Biss auf einen Kirschenstein brach ich einen Schneidezahn ab. Meine Unfallversicherung weigert sich, die Rechnung meines Zahnarztes zu bezahlen. Sie macht geltend, der Zahnschaden sei nicht Folge eines Unfalles. Trifft das zu?

Ausgangspunkt für die Beantwortung Ihrer Frage ist, ob es sich in Ihrem Fall um einen Unfall handelt. Der Begriff des Unfalls wird in Art. 4 des Bundesgesetzes über den allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechtes (ATSG) definiert. Danach ist ein Unfall "die plötzliche, nicht beabsichtigte schädigende Einwirkung eines ungewöhnlichen äusseren Faktors auf den menschlichen Körper, die eine Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit oder den Tod zur Folge hat." Jede Gesundheitsschädigung, die nicht als Unfallfolge zu qualifizieren ist, stellt eine Krankheit dar (Art. 3 ATSG). 

In Ihrem Fall ist deshalb zu prüfen, ob der Biss auf den Kirschenstein ein "ungewöhnlicher äusserer Faktor" darstellte. Das Bundesgericht sagt dazu, der äussere Faktor sei ungewöhnlich, wenn er den Rahmen des im jeweiligen Lebensbereich Alltäglichen oder Üblichen überschreitet.  

In Ihrem Fall steht fest, dass der Zahnschaden durch eine plötzliche, nicht beabsichtigte schädigende Einwirkung eines äusseren Faktors verursacht wurde. Ihre Unfallversicherung vertritt indessen die Auffassung, die "Ungewöhnlichkeit des äusseren Faktors" sei nicht gegeben, weshalb kein Unfall vorliege. 

Ihre Unfallversicherung kann sich auf die Praxis des Bundesgerichtes abstützen, welches in einem ähnlich gelagerten Fall festgestellt hat: "Im vorliegenden Fall war nicht der Kirschenstein ungewöhnlich, sondern lediglich die durch das Beissen auf den Stein verursachte schädigende Einwirkung auf den betroffenen Zahn. Weil sich das Merkmal der Ungewöhnlichkeit nur auf den äusseren Faktor selbst, nicht aber auf dessen Wirkung auf den menschlichen Körper bezieht, liegt kein Unfall vor." (BGE 112 V 201 ff). 

Ich gebe zu, dass diese Überlegungen des Bundesgerichtes für einen juristischen Laien nicht besonders verständlich sind. Aber: Nach der Praxis des Bundesgerichtes ist klar: Ihre Unfallversicherung hat – für Sie leider – Recht.

Kurt Fricker
k.fricker@frickerseiler.ch

2019

Dezember 2019

Ich habe eine 3.5 Zimmer-Wohnung an eine alleinstehende junge Frau vermietet. Nun teilte mir diese mit, Sie habe seit einiger Zeit einen Freund und beabsichtige, mit diesem zusammen in der von ihr bewohnten Wohnung zu leben. Ich möchte dies eigentlich nicht, da ich die Wohnung stets nur alleinstehenden Personen vermieten wollte. Muss ich akzeptieren, dass die Mieterin ihren Freund bei sich aufnimmt oder kann ich das Mietverhältnis mit ihr kündigen?

Die von Ihnen geschilderte Problemstellung von Änderungen in der familiären Situation (Heirat, Scheidung, Familiennachzug, Geburt usw.) kommt in der Praxis häufig vor. Ob und wie weit die Mieterin vorübergehend oder dauernd weitere Personen bei sich aufnehmen darf, entscheidet sich nach dem Kritierium der Abnützungs- und/oder Einwirkungsintensität. Gemäss Art. 257f Abs. 1 OR ist die Miterin nämlich verpflichtet, die Mietsache sorgfältig zu gebrauchen. Es ist im konkreten Fall somit jeweils zu beurteilen, ob dem Vermieter durch die veränderte Wohnsituation ein wesentlicher Nachteil entsteht. Auf Grund der grösseren Abnützung bei mehreren Bewohnern entsteht dem Mieter bei jeder Vergrösserung der Bewohnerzahl ein gewisser Nachteil. Um den Zuzug weiterer Bewohner untersagen zu dürfen, muss dieser Nachteil jedoch - wie erwähnt - wesentlich sein. Wesentlich ist der Nachteil in der Regel dann, wenn eine eigentliche Überbelegung der Mietsache vorliegt. Ein Zuzug einer weiteren Person in eine Ein- oder Zweizimmer-Wohnung stellt in der Regel keine Überbelegung dar, es sei denn, es handle sich um eine ausgesprochen kleine Einzimmerwohnung. In der Praxis trifft man häuft die Faustregel an, nach welcher eine Überbelegung vorliegt, wenn die Personenzahl die Zimmerzahl plus zwei überschreitet. In Ihrem konrekten Fall liegt somit keine Überbelegung vor, weshalb Sie akzeptieren müssen, dass die Mieterin ihren Freund bei sich aufnimmt. Sollten Sie das Mietverhältnis kündigen, so würde die Kündigung wohl gegen Treu und Glauben verstossen und wäre nach Art. 271a Abs. 1 lit. a OR von der Mieterin innert 30 Tagen nach Empfang bei der Schlichtungsbehörde Miete und Pacht anfechtbar.


Häufig wird die Anzahl der Bewohner bereits im Mietvertrag festgelegt. Es ist in der Praxis umstritten, ob eine solche Regelung für den Mieter verbindlich ist. Mehrheitlich wird davon ausgegangen, dass es sich bei der im Mietvertrag festgelegten Personenangaben lediglich um Richtwerte handelt und es auch bei einer expliziten Regelung darauf ankommt, ob eine Überbelegung vorliegt.

Matthias Fricker
m.fricker@frickerseiler.ch

November 2019

Gleich neben unserem Haus beginnt ein Wanderweg, der erst über Felder und dann durch den Gemeindewald führt. Mit meinem Hund gehe ich dort jeden Tag spazieren. Dabei bewegt sich mein Hund frei; ich führe ihn also nicht an der Leine. Gestern hat er plötzlich Witterung aufgenommen, hat zwei Rehe aufgeschreckt und ist ihnen etwa hundert Meter durch den Wald nachgehetzt, ehe ich ihn zu mir zurückrufen konnte. Nun habe ich mich gefragt, mit welchen rechtlichen Konsequenzen ich rechnen müsste, wenn der Vorfall gemeldet werden würde?

Die vorliegende Frage beschlägt mehrere rechtliche Regelungsbereiche. In erster Linie ist das Jagdrecht betroffen. Das eidgenössische Jagdgesetz sieht für Personen, die Hunde vorsätzlich und ohne Berechtigung wildern lassen, eine Busse bis zu CHF 20'000 vor. Als Wildern gilt jede Verfolgung von Wild durch einen Hund. Beim wildernden Hund muss es sich nicht um einen Jagdhund im eigentlichen Sinne handeln. Die Strafbestimmung bezweckt allgemein, das Wild in seiner Ruhe zu schützen. Gemäss Bundesgericht ist die Dauer der Verfolgung ohne Bedeutung. Weiter ist es belanglos, ob der Hund überhaupt in der Lage gewesen wäre, das Wildtier zu erlegen. Bereits ein kurzes Nachhetzen kann deshalb als Wildern angesehen werden. Entscheidend ist einzig die damit einhergehende Störung der Wildruhe.

Lässt der Täter Hunde fahrlässig wildern, reduziert sich der maximale Bussenrahmen auf CHF 10'000. Die Abgrenzung zum vorsätzlichen Handeln wird dahingehend vorgenommen, ob der Täter das Wildern des Hundes zumindest in Kauf genommen oder ob er «nur» pflichtwidrig gehandelt hat. Weiss ich, dass es auf der fraglichen Strecke viele Wildtiere hat und mein Hund jegliche Gelegenheit nutzt, Wildtieren nachzustellen, ist von einem vorsätzlichen Handeln auszugehen, wenn ich ihn dennoch von der Leine lasse und er in der Folge ein Wildtier verfolgt. Hat mein Hund allerdings noch nie gejagt, bewegt er sich auch ohne Leine stets in meiner Nähe und habe ich im entsprechenden Gebiet noch nie ein Reh gesehen, wird wohl selbst ein fahrlässiges Handeln ausscheiden, wenn mein unangeleinter Hund dem auftauchenden Reh unerwartet nachjagt. Soweit möglich, soll sich nämlich jeder Hund auf seinem täglichen Spaziergang auch ohne Leine bewegen können. So sieht es die schweizerische Tierschutzverordnung vor.

Überdies ist das kantonale Recht zu beachten. Viele kantonale Hundegesetze stellen das ungenügende Beaufsichtigen des Hundes unter Busse. Im kantonalen Jagdrecht wird bisweilen gar ein Abschussrecht vorgesehen: Nach der aargauischen Jagdverordnung dürfen Mitglieder der Jagdgesellschaften und Jagdaufseherinnen und Jagdaufseher streunende Hunde abschiessen, die beim Wildern angetroffen werden oder für Wildtiere eine unmittelbare Gefahr darstellen und nicht eingefangen werden können. Vorausgesetzt ist allerdings, dass die Halterin oder der Halter schriftlich verwarnt worden oder nicht bekannt ist. Nur Hunde, die beim Reissen von Wild angetroffen werden, dürfen auf der Stelle abgeschossen werden (hier fällt für den Hundehalter zusätzlich eine Strafuntersuchung wegen weiterer Verletzungen der Jagdvorschriften sowie Tierquälerei in Betracht).

Vielfach sieht das kantonale Jagdrecht zudem für die Setzzeit der Rehe eine Leinenpflicht vor. Beispielsweise müssen Hunde im Kanton Aargau im Wald und am Waldrand jeweils vom 1. April bis 31. Juli an der Leine geführt werden. Eine Widerhandlung hat wiederum eine Busse zur Folge. Selbstverständlich können zusätzliche bzw. ganzjährige Leinenpflichten eingeführt werden, wie es für sensible Gebiete der Natur regelmässig der Fall ist. Auch das kantonale oder kommunale Hunderecht enthält oftmals Leinenpflichten (z.B. für Spielplätze).

Samuel Egli
s.egli@frickerseiler.ch

Oktober 2019

In meinem Einfamilienhaus gibt eine kleine Einliegerwohnung, welche ich per 1. Juli 2019 vermietet habe. Im August informierte mich der Mieter, dass der Kochherd defekt sei. Ich organisierte einen Elektroinstallateuren und zeigte diesem – im Einverständnis mit dem Mieter – das defekte Gerät. Beim Gang durch die Wohnung musste ich mit Schrecken feststellen, dass der Boden beider Zimmer mit gegen hundert leeren Bierdosen, etlichen verschmutzten Pizzaschachteln, gebrauchten Kleidern und dreckigem Geschirr übersäht war. Ich mache mir nun grosse Sorgen, dass wir bald Ungeziefer im Haus haben und die gesamte Wohnung in spätestens einem Jahr vollständig neu renoviert werden muss. Unglücklicherweise habe ich mit dem Mieter schriftlich vereinbart, dass die Wohnung frühestens per Ende Juni 2020 gekündigt werden kann. Gibt es eine Möglichkeit, das Mietverhältnis trotzdem schon früher aufzulösen?

Gemäss Art. 257f Abs. 1 OR ist der Mieter verpflichtet, die Sache sorgfältig zu gebrauchen. Tut er dies trotz schriftlicher Mahnung des Vermieters nicht, so kann der Vermieter die Wohnung mit einer Frist von 30 Tagen auf das Ende eines Monats kündigen. Dies auch dann, wenn eigentlich eine längere Mietdauer vereinbart gewesen wäre. Damit eine solche ausserordentliche Kündigung gültig ist, müssen jedoch zwingend die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Sie müssen Ihrem Mieter schriftlich (am besten per Einschreiben) und detailliert mitteilen, welches Verhalten Sie als nicht korrekt erachten und welche Änderungen bzw. Verbesserungen Sie bis wann erwarten.

  • Nach Ablauf der Verbesserungsfrist muss das Verhalten Ihres Mieters nach wie vor als derart unsorgfältig erscheinen, dass auch ein neutraler Dritter (im Bestreitungsfalle die Mieterschlichtungsstelle) der Meinung ist, Ihnen könne eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht mehr zugemutet werden. Zu Beweiszwecken empfehle ich Ihnen, die Situation mit Fotos zu dokumentieren. Bitte beachten Sie dabei aber, dass Sie die Wohnung nicht heimlich oder gegen den Willen Ihres Mieters betreten dürfen. Andernfalls laufen Sie Gefahr, sich des Hausfriedensbruchs strafbar zu machen.

 

Karin Koch Wick
k.koch@frickerseiler.ch

September 2019

Mein Mann ist vor einigen Wochen verstorben. Wir hatten den Ehegüterstand der Gütertrennung vereinbart. Weil der Nachlass überschuldet war, habe ich das Erbe ausgeschlagen. Nun erhalte ich von seiner Krankenkasse die Aufforderung, während der letzten Monate unbezahlt gebliebene Krankenkassenprämien meines Mannes zu bezahlen. Kann die Krankenkasse dies von mir fordern?

Leider ja! Gemäss Art. 166 Abs. 3 ZGB verpflichtet sich jeder Ehegatte durch seine Handlungen persönlich und, so weit diese Handlungen nicht für Dritte erkennbar über die Vertretungsbefugnis für die laufenden Bedürfnisse der Familie hinaus gehen, solidarisch auch den anderen Ehegatten. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung gehören die Krankenkassenprämien zu den laufenden Bedürfnissen der Familie, für welche beide Ehegatten solidarisch haften. An dieser solidarischen Haftung beider Ehegatten für die laufenden Bedürfnisse der Familie ändert auch der Güterstand der Gütertrennung nichts. Weil gestützt auf diese Bestimmung eine solidarische Haftung Ihrerseits für die offenen Prämien entstanden ist, hilft es auch nichts, dass Sie die Erbschaft ausgeschlagen haben. Damit sind zwar bestehende Schulden Ihres Ehemannes nicht auf Sie übergegangen, die solidarische Haftung betrifft aber Sie persönlich, unabhängig vom Nachlass. Aus diesem Grund sind Sie verpflichtet, diese Krankenkassenprämien zu bezahlen. Ein Vorbehalt könnte einzig insofern angebracht werden, als es um Prämien für eine Zusatzversicherung geht. Hier besteht nicht in jedem Fall eine solidarische Haftung, sondern nur dann, wenn die finanziellen Verhältnisse bzw. der gelebte Lebensstandard dies erlauben bzw. die konkrete Zusatzversicherung erwarten lassen.

Roger Seiler
r.seiler@frickerseiler.ch

August 2019

Vor einem Jahr erlitt mein bester Freund einen Autounfall, bei dem er schwer verletzt wurde. Meinem Freund konnte kein Verschulden an diesem Unfall nachgewiesen werden. Um ihn moralisch zu unterstützen und den Heilungsprozess zu beschleunigen, besuchte ich ihn jede Woche dreimal im Universitätsspital in Zürich, dies während drei Monaten und weitere zwei Monate ebenfalls dreimal wöchentlich in der Rehaklinik in Bad Zurzach. Ich habe nun die Fahrspesen und die Parkgebühren, die ich aufwenden musste, bei der Haftpflichtversicherung des Kollisionspartners geltend gemacht. Diese lehnt meine Forderung ab.

Kann ich mit Aussicht auf Erfolg gegen die Haftpflichtversicherung vorgehen?

Schadenspositionen, die Personen aufgrund von Besuchen von Schwerverletzten in einem Spital oder einer anderen stationären Institution geltend machen, bezeichnet man haftpflichtrechtlich als "Besuchsschaden". Damit ein Besuchsschaden erfolgreich geltend gemacht werden kann, müssen diverse Voraussetzungen erfüllt sein. 

Vorerst bedarf es einer gewissen Schwere der Verletzung der Person, die besucht wird. Im Grundsatz qualifiziert das Bundesgericht Besuchkosten von Angehörigen grundsätzlich nicht als Schaden, da die Besuche auf moralischer Verpflichtung beruhen. Nur bei schweren Verletzungen geht das Bundesgericht im Sinne einer Ausnahme von einer Schadenersatzpflicht aus. Das Bundesgericht erachtet eine Entschädigung der Besuchskosten dann als gerechtfertigt, wenn sich die Besuche als erforderlich erweisen, um über die medizinische Behandlung zu bestimmen oder wenn sie zum Erfolg der Behandlung und zur Unterstützung des Opfers beitragen. Die Beurteilung, ob im Einzelfall Besuche aus medizinischer Sicht sinnvoll sind oder nicht, obliegt letztlich den behandelnden Ärzten. 

Gemäss Rechtsprechung besteht eine Ersatzpflicht grundsätzlich nur für Eltern- und Ehegattenbesuche sowie bei eingetragenen Partnerschaften. Die Praxis ist somit recht restriktiv. Nichts destotrotz kann es im Einzelfall sein, dass eine andere Person ein weitaus engeres Vertrauensverhältnis zur verletzten Person unterhält. In einem solchen Fall können die dieser Person entstandenen Besuchskosten im Sinne einer Ausnahme vergütet werden. 

Bezogen auf den von Ihnen geltend gemachten Anspruch sind nach den vorstehenden Ausführungen diverse Hürden zu überwinden: Vorerst müssen Sie nachweisen, dass die von Ihrem Freund erlittenen Verletzungen, die "notwendige Schwere" aufweisen, um überhaupt einen Besuchsschaden geltend machen zu können. Alsdann müssten Sie eine Bescheinigung der behandelnden Ärzte beibringen können, aus welcher sich ergibt, dass die Besuche aus medizinischer Sicht sinnvoll waren. Im Weiteren müssten Sie, da Sie nicht zum Personenkreis, der grundsätzlich Besuchskosten geltend machen kann (Eltern, Ehegatte, eingetragener Partner), gehören, das enge Vertrauensverhältnis, das Sie mit Ihrem Freund haben, beweisen. Schliesslich: Sind sämtliche beschriebenen Voraussetzungen erfüllt, ist der Besuchsschaden von Ihrem Freund als direkt geschädigter Person geltend zu machen. Ihnen steht kein direktes Forderungsrecht gegenüber der Haftpflichtversicherung zu.

Kurt Fricker
k.fricker@frickerseiler.ch

Juli 2019

Gemeinsames Sorgerecht bei Wegzug aus der Schweiz

Mein Ex-Mann und ich haben für unsere beiden Kinder, welche seit der Scheidung bei mir wohnen, das gemeinsame Sorgerecht. Nun beabsichtigt mein Mann, nach Spanien auszuwandern. Da mein Ex-Mann dann ohnehin keine Möglichkeit mehr hat, die Kinder jedes zweite Wochenende zu sehen oder an wichtigen Anlässen, wie zum Beispiel Elterngesprächen der Schule, teilzunehmen, möchte ich das alleinige Sorgerecht für mich beantragen. Ist dies möglich?

Während die elterliche Sorge früher im Scheidungsurteil bei Fehlen eines gemeinsamen Antrags der Eltern auf gemeinsame elterliche Sorge einem der geschiedenen Ehegatten übertragen wurde, ist seit Juli 2014 die gemeinsame elterliche Sorge beider Elternteile auch bei geschiedenen und unverheirateten Paaren der Regelfall. Beide Elternteile sollen die Verantwortung für ihre Kinder weiterhin gemeinsam tragen. Eine Zuteilung der elterliche Sorge an nur einen Elternteil setzt voraus, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindswohl widerspricht.

Eine Gefährdung des Kindswohls kann beispielsweise insbesondere dann gegeben sein, wenn die Eltern auf Grund eines schweren Dauerkonflikts oder anhaltenden Kommunikationsunfähigkeit nicht in der Lage sind, gemeinsame Entscheide zu fällen oder wenn die Eltern versuchen, das Kind für ihre je eigenen Interessen zu manipulieren. Weiter setzt das gemeinsame Sorgerecht voraus, dass jeder Elternteil Informiationen über das Kind hat. Ebenso ist in der Regel ein minimaler persönlicher Kontakt zum Kind unabdingbar.

Zieht nun jener Ehegatte, bei welchem das Kind in der Regel nicht wohnt, ins Ausland, stellt sich die Frage, ob die gemeinsame elterliche Sorge noch ausgeübt werden denn. Insbesondere stellt sich die Frage, ob ein minimaler persönlicher Kontakt noch möglich ist. Das Bundesgericht hat sich in mehreren Entscheiden zu dieser Frage geäussert. Es kam daher zum Schluss, dass angesichts moderner Kommunikationsmittel auch eine erhebliche räumliche Distanz der gemeinsamen Ausübung der elterlichen Sorge nicht im Weg steht (so in BGE 142 II 1 betr. Schweiz-Katar und in BGer 5A_781/2015 betr. Schweiz-New York). Auf Grund dieser Rechtssprechung ist davon auszugehen, dass ihr in Ihrem Fall ein Antrag auf Zuteilung der elterlichen Sorge alleine an Sie wenig Aussicht auf Erfolg hätte.

Matthias Fricker
m.fricker@frickerseiler.ch

Juni 2019

Ich bin Eigentümer verschiedener Wohnungen, welche ich vermiete. Mit einem meiner Mieter hatte ich während des Mietverhältnisses ständig Probleme. Nun hat er die Wohnung gekün-digt und wird im nächsten Monat ausziehen. Ich gehe davon aus, dass es bei der Wohnungs-rückgabe wiederum zu unangenehmen Diskussionen kommen wird. Wie kann ich mich auf die Wohnungsrückgabe vorbereiten und welche Punkte muss ich beachten?

Bei einem problematischen Mietverhältnis sind die Diskussionen bei der Rückgabe des Mietobjekts oft vorprogrammiert. Es lohnt sich deshalb, sich auf den Termin gut vorzubereiten. Gestaltet sich die Kommunikation mit dem Mieter schwierig und ist damit zu rechnen, dass die festgestellten Mängel am Mietobjekt angezweifelt werden, lohnt es sich, für die Wohnungsrückgabe einen unbeteiligten Fachmann hinzuziehen, der die Abnahme professionell leiten und den Zustand der Wohnung sauber protokollieren kann.

Kommt es trotz Beizug eines Fachmanns zu unangenehmen Diskussionen mit der Mieterschaft, sind folgende Punkte wichtig: Die Mängel sind sachlich und mit Augenmass zu erfassen. Sie sind so detailliert wie möglich anzugeben. Bestreitet der Mieter die Mängel und weigert er sich, das Rückgabeprotokoll zu unterzeichnen, muss das Protokoll im Anschluss an die Wohnungsrückgabe dem Mieter per Einschreiben zugesandt werden, damit der Nachweis der rechtzeitigen Mängelrüge erbracht werden kann. Sind in Bezug auf die Mängelbehebung Abklärungen bei Fachpersonen erforderlich, sind diese in Auftrag zu geben und das Ergebnis dann ohne Verzug dem Mieter mitzuteilen. Beim Vorliegen von Offerten ist das Einverständnis des Mieters abzuholen bzw. ihm eine Frist anzusetzen, um eine gleichwertige günstigere Offerte vorzulegen. Erst dann können die Arbeiten ausgeführt werden. Sobald die Schlussrechnung vorliegt, ist diese unverzüglich dem Mieter zuzustellen. Erst wenn sämtliche Punkte bereinigt sind, sollte die Mietkaution freigegeben werden. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass der Mieter nach Ablauf eines Jahres die Freigabe der Kaution selbst bei der Bank beantragen kann, wenn bis dahin durch den Vermieter kein Anspruch rechtlich geltend gemacht worden ist.

Corinne Moser-Burkhard
c.moser@frickerseiler.ch

Mai 2019

Als ich von den Ferien nach Hause kam, fand ich, anders als erwartet, nicht meine Wohnung, sondern eine komplett niedergebrannte Liegenschaft vor. Wie sieht die Rechtslage bzgl. des Mietverhältnisses aus? Welche Rechte stehen mir zu? Besteht der Mietvertrag weiterhin? Braucht es in diesem Fall trotzdem eine Kündigung oder erlischt der Vertrag automatisch?

Bei Mängeln am Mietobjekt während der Mietdauer stehen dem Mieter prinzipiell vier verschiedene Optionen zur Verfügung (vgl. Art. 259b – 259i OR). Diese Mängelrechte bestehen grundsätzlich nebeneinander, weshalb sie sich gegenseitig nicht ausschliessen und kumulativ geltend gemacht werden können. Es gilt zu beachten, dass sich die Mängelrechte nur auf diejenigen Mängel beziehen, die weder vom Mieter selbst zu verantworten noch zu beseitigen sind.

Dabei kann die Beseitigung des Mangels auf Kosten des Vermieters als Primäranspruch aufgeführt werden, da sie in der Praxis am häufigsten vorkommt. Oftmals wird im Zusammenhang einer Mängelbeseitigung auch eine Herabsetzung des Mietzinses verlangt. Die Herabsetzung als zweites Mängelrecht gem. Art. 259d OR will keinen Schaden ersetzen. Sie bezweckt vielmehr die Wiederherstellung des Gleichgewichts, d.h. sie berechtigt den Mieter, eine Anpassung seiner Leistung gegenüber der nicht gehörig erbrachten Leistung des Vermieters vorzunehmen. Dazu wird ein Mangel vorausgesetzt, welche die Tauglichkeit der Mietsache zum vorausgesetzten Gebrauch vermindert. Eine qualifizierte Schwere des Mangels oder ein Verschulden auf Seite des Vermieters werden für die Herabsetzung nicht vorausgesetzt. Auch die Beseitigbarkeit des Mangels bildet keine Voraussetzung. Die Dauer der Herabsetzung erstreckt sich über der Entstehung bzw. Entdeckung des Mangels bis zu seiner Behebung. Die Höhe der Herabsetzung richtet sich nach der „relativen Methode“, d.h. der objektive, mängelfreie Wert der Mietsache wird mit dem mängelhaften Wert verglichen und zu diesem Verhältnis herabgesetzt.

Als dritte Option der Mängelrechte wird die Schadenersatzleistung aufgeführt. Auch dieses Recht kann, wie die obig aufgeführten, kumulativ geltend gemacht werden. Grundsätzlich richtet sich der Schadenersatzanspruch nach den Grundsätzen der Vertragshaftung. Dabei werden sowohl unmittelbare als auch mittelbare Schäden erfasst. Ein Schaden liegt vor, wenn eine ungewollte Vermögensverminderung - Verminderung der Aktiven, Vermehrung der Passiven oder ein entgangener Gewinn - vorliegt. Zudem muss der Schaden als adäquate Folge eines Mangels am Mietobjekt eingetreten sein. Es werden drei verschiedene Vermögensarten unterschieden: Personenschaden, Sachschaden und sonstiger Schaden bzw. Vermögensschaden, wobei der Betriebsausfall unter Letzterem erfasst wird. Keinen Schadenersatzanspruch begründen der Frustrationsschaden und der Kommerzialisierungsschaden. Ein allfälliges Mitverschulden des Mieters führt zu einer Entlastung des Vermieters bei der Bemessung des Schadenersatzes. Der Schadenersatz setzt ein Verschulden des Vermieters voraus. Kann dem Vermieter ein solcher nicht vorgeworfen werden bzw. gelingt ihm der Exkulpationsbeweis, so wird er nicht schadenersatzpflichtig.

Kann die Vermieterin die Mietsache nicht mehr zum ursprünglichen Gebrauch überlassen oder kann die Mieterin den Mietgegenstand nicht mehr benutzen, nachdem die Mietsache bereits übergeben wurde und keine der Parteien ein Verschulden trägt, spricht man von der nachträglichen, objektiven Unmöglichkeit gem. Art. 119 OR. Die Mängelrechte finden in einem solchen Fall keine Anwendung. Das Mietverhältnis erlischt ohne Kündigung, also automatisch und keine der Parteien wird entschädigungspflichtig. Diese Bestimmung setzt jedoch voraus, dass eine Weiterführung des Mietvertrags völlig ausgeschlossen ist. Ist die Mietsache also nur teilweise zerstört bzw. unbrauchbar, so finden die Mängelrechte Anwendung. Wenn beispielsweise nur gewisse, eher unwichtige Teile einer Wohnung durch Feuer zerstört wurden, wird der Mietvertrag nicht automatisch aufgelöst. Im Falle einer vollständigen Zerstörung der Mietsache, hat der Mieter keinen Anspruch darauf, dass der Vermieter die Mietsache wieder erstellt. Bei Auflösung wegen objektiver Unmöglichkeit kann der Mieter höchstens im Voraus bezahlte Mietzinse sowie Sicherheitsleistungen zurückverlangen.

In Ihrem Fall handelt es sich nicht um Mängel. Daher kommen weder eine Beseitigung noch eine Herabsetzung des Mietzinses in Frage. Ihre niedergebrannte Wohnung begründet die nachträgliche, objektive Unmöglichkeit gem. Art 119 OR, sofern eine Weiterführung des Mietverhältnisses völlig ausgeschlossen ist. Demnach erlischt Ihr Mietverhältnis automatisch und der Vermieter schuldet Ihnen keinen Schadenersatz. Ferner können Sie nicht verlangen, dass Ihr Vermieter die Mietsache wieder erstellt. Ihr einziger Anspruch beschränkt sich auf die Rückforderung von im Voraus bezahlter Mietzinse und Sicherheitsleistungen.

Ramona Bieri, angehende Bachelorabsolventin in Rechtswissenschaften mit Wirtschaftswissenschaften

April 2019

Mit Einschreiben vom 25. März 2019 habe ich den Mietvertrag meiner Wohnung fristgerecht auf den nächstmöglichen Kündigungsterm, also per Ende Juni 2019, gekündigt. Am 2. April 2019 erhalte ich ein Schreiben unserer Vermieterin, dass sie meine Kündigung so nicht akzeptieren könne. Da ich zwischenzeitlich geheiratet hätte und jetzt mit meiner Frau und unserem zweijährigen Sohn zusammenwohne, müsse meine Frau der Kündigung des Mietvertrages ausdrücklich zustimmen. Ich werde gebeten, das Kündigungsschreiben von meiner Ehefrau mitunterzeichnen zu lassen und der Vermieterin nochmals zuzuschicken. Sofern dieses neue Kündigungsschreiben vor Ende Juni 2019 bei der Vermieterin eingehe, könne das Mietverhältnis dann auf den nächsten vertraglichen Kündigungstermin, also den 30. September 2019, aufgelöst werden. Hat meine Vermieterin recht?

Tatsächlich ist es so, dass sogenannte Familienwohnungen zwingend von beiden Ehepartnern zusammen gekündigt werden müssen (Art. 169 Abs. 1 ZGB und Art. 266m Abs. 1 OR). Dabei spielt es keine Rolle, wer den Mietvertrag ursprünglich unterzeichnet hatte. Eine Kündigung, die nur von einem der beiden Partner ausgesprochen wird, ist nichtig (Art. 266o OR). In Ihrem Fall heisst das, dass Ihr Schreiben vom 25. März 2019 wirkungslos ist und das Mietverhältnis erst ab Eingang der Zustimmungserklärung Ihrer Ehefrau bei der Vermieterin als gekündigt gilt. Aufgrund der zwingenden dreimonatigen Kündigunsfrist (Art. 266c OR) und der vertraglich vereinbarten, quartalsweisen Kündigungstermine dauert Ihr Mietverhältnis effektiv noch bis zum 30. September 2019 fort (Art. 266a Abs. 2 OR). 

Karin Koch Wick
k.koch@frickerseiler.ch

März 2019

Ich habe seit Anfang 2010 beim Bauunternehmen "top muro" als kaufmännischer Angestellter und Buchhalter gearbeitet. Am 5. Dezember 2018 wurde mir fristlos gekündigt. Zur Begründung wurde in der schriftlichen Kündigung ausgeführt, dass ich mehrfach zu spät zur Arbeit erschienen sei und zweimal die Löhne von zwei der insgesamt zehn Angestellten zu spät vergütet hätte. In der Tat ist es einige wenige Male vorgekommen, dass ich mich am Morgen "verschlafen habe". Dass die Löhne für den Monat November 2018 den beiden Angestellten erst am 3. Dezember 2018 ausbezahlt wurden, ist sicher teilweise meine Schuld. Die beiden Arbeiter waren mit der Ablieferung ihrer Monatsrapporte jedoch auch in Verzug.

Ich habe die fristlose Kündigung beim Arbeitsgericht angefochten, weil die vom Arbeitgeber geltend gemachten Gründe aus meiner Sicht für eine fristlose Kündigung nicht genügten. Gestern fand die Schlichtungsverhandlung statt. Im Rahmen dieser Verhandlung wurde von Seiten des Arbeitgebers zusätzlich geltend gemacht, ich hätte am 14. November 2018 Fr. 300.00 aus der "Portokasse" entwendet. Dieser Vorwurf stimmt nur teilweise. Richtig ist, dass ich die Fr. 300.00 aus der "Portokasse" genommen habe, weil ich am 14. November nicht liquid war und eine Verpflichtung erfüllen musste. Ich habe das Geld jedoch bereits am 19. November 2018 wieder in die "Portokasse" gelegt. Meine Kollegin hat diesen Vorfall beobachtet und schnurstracks dem Chef mitgeteilt wurde. Kann sich mein Arbeitgeber nachträglich auf diesen Vorfall zur Begründung der fristlosen Kündigung berufen?

Eine fristlose Kündigung setzt nach Art. 337 OR das Vorliegen eines wichtigen Grundes voraus. In diesem Zusammenhang ist unbestritten, dass vom Kündigenden nur Kündigungsgründe angerufen werden können, die sich vor dem Ausbrechen der fristlosen Kündigung zugetragen haben. Eine andere Frage ist, ob und unter welchen Voraussetzungen Sachverhalte angerufen werden können, die sich zwar vor der Kündigung ereignet haben, bei ihrem Aussprechen aber noch nicht vorgebracht wurden. Angesprochen ist damit das sog. Nachschieben von Kündigungsgründen. Das Bundesgericht bejaht grundsätzlich die Möglichkeit des Nachschiebens, knüpft sie aber an verschiedene Bedingungen. So kann sich der Kündigende nur darauf berufen, wenn ihm dieser Umstand zum Zeitpunkt der Kündigung weder bekannt war, noch bekannt sein konnte. 

Ihr Griff in die "Portokasse" war schwerwiegend, namentlich weil Sie auch als Buchhalter beim Bauunternehmen "top muro" tätig waren, stellte dieser Vorfall im Grundsatz einen wichtigen Grund i. S. v. Art. 337 OR dar.  

Nach Ihrer Darstellung hat Ihr Chef bereits am 19. November 2018 davon Kenntnis erhalten. In der schriftlichen Kündigung vom 5. Dezember 2018 hat er sich indessen nicht auf diesen Vorfall berufen. Wenn er dies nun erst gestern in der Schlichtungsverhandlung vorbrachte, nützt das Ihrem Chef nichts mehr, d. h. dieser Vorfall wird vom Richter als Begründung zur fristlosen Kündigung nicht zugelassen.

Kurt Fricker
k.fricker@frickerseiler.ch

Februar 2019

Wir sind eine Stockwerkeigentümergemeinschaft mit acht Stockwerkeinheiten. Nun hat vor Kurzem ein Eigentümer seine Wohnungszugangstür erneuert. Dabei hat er einerseits die anderen Stockwerkeitentümer nicht informiert. Andererseits ist die neue Tür in einer komplett anderen Farbe als die übrigen Wohnungszugangstüren gehalten. Wir sind der Meinung, dass das Treppenhaus allen Stockwerkeigentümern gehört, und wir empfinden die neue Tür als störenden Fremdkörper. Durfte unser Nachbar die Tür ohne die Zustimmung der übrigen Stockwerkeigentümer anbringen?

Vorab stellt sich die Frage, ob die Zugangstür zur Stockwerkeinheit Ihres Nachbarn Sonderrecht oder einen gemeinschaftlichen Teil darstellt. Dazu ist die Begründungsurkunde des Stockwerkeigentums zu studieren. Sind die Zugangstüren zur Stockwerkeinheit dort als gemeinschaftliche Teile definiert, ist der sonderrechtsberechtigte Wohnungseigentümer von vornherein nicht berechtigt, die Türen ohne Zustimmung der Stockwerkeigentumseinheit auszuwechseln. Sind die Türen in der Begründungsurkunde nicht explizit als gemeinschaftlicher Teil erwähnt, gelten sie als Sonderrecht. 


Über seine Sonderrechtsteile kann der Stockwerkeigentümer grundsätzlich frei verfügen. Auch ist er frei in der baulichen Ausgestaltung. Diese Freiheit wird jedoch in Art. 712a Abs. 2 ZGB insofern eingeschränkt, dass der Stockwerkeigentümer bei der baulichen Ausgestaltung seiner eigenen Räume die gemeinschaftlichen Bauteile, Anlagen und Einrichtungen in ihrer Funktion und äusseren Erscheinung nicht beinträchtigen darf. Es stellt sich somit die Frage, ob die neue Tür die äussere Erscheinung des Ganges beeinträchtigt. Ist dies der Fall, bedarf der Ersatz der Tür – eine anderslautende Bestimmung im Reglement der Gemeinschaft vorbehalten – der Zustimmung der Mehrheit aller Stockwerkeigentümer, die zugleich den grösseren Teil der Sache vertritt (Art. 647d Abs. 1 OR).

Matthias Fricker
m.fricker@frickerseiler.ch

Januar 2019

Ich bin Brasilianer, jedoch in der Schweiz geboren und aufgewachsen. Ich spreche sowohl deutsch als auch portugiesisch. Wegen einer Schlägerei an einer Party muss ich mich dem-nächst wegen versuchter schwerer Körperverletzung vor Gericht verantworten. Ich habe nun grosse Angst, dass ich aus der Schweiz weggewiesen werde. Da ich hier in der Schweiz mit meiner Frau und meinen zwei kleinen Kindern zusammenlebe, einer regelmässigen Arbeit nachgehe und mit meinen Freunden im Fussballclub trainiere, würde mir eine Landesverwei-sung komplett den Boden unter den Füssen wegziehen. Die Staatsanwaltschaft hat bean-tragt, dass ich für fünf Jahre aus der Schweiz weggewiesen werden soll. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Gericht diesem Antrag tatsächlich Folge leistet?

Seit dem 1. Oktober 2016 ist im Schweizerischen Strafgesetzbuch festgehalten, dass ein Straftäter zwingend für fünf bis 15 Jahre aus der Schweiz weggewiesen werden muss, wenn er sich einer sogenannten Katalogtat gemäss Art. 66a Abs. 1 StGB schuldig macht. Die schwere Körperverletzung ist Teil dieses Katalogs, weshalb Sie bei einer Verurteilung grundsätzlich aus der Schweiz weggewiesen werden müssen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass es sich bei dem von Ihnen begangenen Delikt lediglich um eine versuchte schwere Körperverletzung handelt. Nach Abs. 2 von Art. 66a StGB kann das Gericht jedoch davon absehen, eine obligatorische Landesverweisung anzuordnen, wenn durch die Landesverweisung ein schwerer persönlicher Härtefall bewirkt würde und die öffentlichen Interessen an der Landesverweisung nicht überwiegen. Dabei ist der besonderen Situation von Ausländern Rechnung zu tragen, die in der Schweiz geboren oder aufgewachsen sind. Das Bundesgericht hat nun im Urteil vom 23. November 2018 (6B_209/2018) die Kriterien für das Vorliegen eines Härtefalls konkretisiert: Bei einem in der Schweiz geborenen und gut integrierten Ausländer mit Ehefrau und kleinen Kindern, der keine Vorstrafen aufweist und erwerbstätig ist, darf von der Landesverweisung abgesehen werden – vorausgesetzt, das begangene Delikt weist keine solche Schwere auf, dass die öffentlichen Interessen an einer Wegweisung überwiegen würden. Wendet man diese vom Bundesgericht ausgearbeiteten Kritierien in Ihrem Fall an, stehen Ihre Chancen sehr gut, dass das Gericht von der Anordnung der Landesverweisung absieht.

Corinne Moser-Burkard
c.moser@frickerseiler.ch

2018

Dezember 2018

Meine Eltern sind seit drei Jahren geschieden. Ich bin am 2. November dieses Jahres 18 Jahre alt geworden und besuche die dritte Klasse der Kantonsschule. Gemäss Scheidungsurteil ist mein Vater verpflichtet, mir bis zur Mündigkeit einen monatlichen Unterhaltsbetrag von Fr. 2‘000.00 zu bezahlen. Für den Fall, dass ich zu diesem Zeitpunkt eine Ausbildung absolviere, dauert die Zahlungspflicht meines Vater - gemäss Wortlaut des Urteils - bis zum Abschluss der Ausbildung weiter. Am 3. November habe ich von meinem Vater eine Geburtstagskarte erhalten, worin er mir zur Volljährigkeit gratuliert und mich darauf hinweist, dass er mir ab Dezember 2018 keinen Unterhalt mehr zahle. Weil im Scheidungsurteil stehe, dass die Zahlungspflicht bei Mündigkeit nur weiter gelte, wenn ich dann noch in Ausbildung sei, müsse ich gerichtlich feststellen lassen, dass dies wirklich zutreffe. Zudem sage das Urteil auch nichts über die Höhe des Unterhalts bei Mündigkeit aus. Auch diese müsse das zuständige Gericht erst noch bestimmen. Hat mein Vater recht?

Nein, Ihr Vater hat nicht recht. Bereits im Jahre 2012 (Urteil 5A_445/2012 E. 4.2) hat das Bundesgericht entschieden, dass Kinderunterhaltsrenten, die bis zum Ende einer Ausbildung zu bezahlen sind, eine sogenannte resolutiv bedingte Forderung im Sinne von Art. 154 OR darstellen. Das heisst: Die Forderung fällt dahin, wenn eine bestimmte Bedingung eintritt. Die Tatsache, dass die auflösende Bedingung (vorliegend der Abschluss der Ausbildung durch Sie) eingetreten ist, hat aber der Schuldner (also Ihr Vater) zu beweisen. Solange er dies nicht tut, läuft seine Unterhaltspflicht nahtlos weiter. Auch in Bezug auf die Höhe des Ihnen zustehenden Unterhalts gilt der im Scheidungsurteil erwähnte Betrag von Fr. 2‘000.00 weiter.  Diese Frage ist vom Bundesgericht ebenfalls bereits behandelt und entschieden worden (Urteil 5A_204/2017). Ich rate Ihnen, Ihren Vater über seinen Irrtum aufzuklären und notfalls die Betreibung gegen ihn einzuleiten.

Karin Koch Wick
k.koch@frickerseiler.ch

November 2018

Mein Onkel hat mich 1996 in einem mit seiner Ehefrau geschlossenen Erbvertrag begünstigt. Nach dem Tod des zweitversterbenden Ehegatten sollte mir ein Erbteil zufallen. Der Onkel ist längst verstorben. Seine Frau hat Jahre später und kurz vor ihrem Tod in einem Testament den ganzen Nachlass anderen Leuten zugewendet. Kann ich mich dagegen wehren?

Der seinerzeitige Erbvertrag ist für die Ehefrau verbindlich, sofern kein ausdrücklicher Vorbehalt für eine anderweitige Begünstigung gemacht worden ist. Dies bedeutet aber nicht, dass das neuere Testament keine Wirkung hätte. Es ist bloss anfechtbar. Sie als Begünstigte aus dem früheren und vorgehenden Erbvertrag müssten also mit einer gerichtlichen Klage gegen die im neueren Testament begünstigten Personen ihre Rechte durchsetzen, und zwar innert Jahresfrist ab dem Zeitpunkt, da Sie von diesem Testament Kenntnis erhalten haben. Nach unbenutztem Ablauf dieser Frist bleibt es bei den Anordnungen gemäss dem Testament.

Roger Seiler
r.seiler@frickerseiler.ch

Oktober 2018

Ich bin Eigentümer eines Mehrfamilienhauses mit sechs Wohnungen auf drei Stockwerken. Vor zwei Wochen stürzte die Mieterin einer Wohnung im obersten Stockwerk, als sie ihre Wohnung nachts um ca. 23.00 Uhr verlassen wollte, im Treppenhaus. Sie erlitt bei diesem Sturz einen Beinbruch und macht mich für die Unfallfolgen verantwortlich, mit dem Hinweis, das Licht im Treppenhaus habe an diesem Tag – wie schon seit rund zwei Wochen – nicht gebrannt. Letzteres trifft zu. Ich hatte jedoch unserem Elektriker bereits am ersten Tag, als der Defekt an der Treppenhausbeleuchtung festgestellt wurde, den Reparaturauftrag erteilt. Leider hat er die Reparatur erst zwei Tage nach dem Unfall, nach zweimaliger Mahnung, ausgeführt! Muss ich für die Unfallfolgen meiner Mieterin einstehen?

Die Rechtsgrundlage für eine allfällige Schadenersatzforderung ihrer Mieterin findet sich in Art. 58 OR (Werkeigentümerhaftung). Diese Bestimmung lautet: "Der Eigentümer eines Gebäudes oder eines anderen Werkes hat den Schaden zu ersetzen, den diese infolge von fehlerhafter Anlage oder Herstellung oder von mangelhafter Unterhaltung verursachen." Nach dieser Bestimmung gilt grundsätzlich: Sie als Eigentümer stehen aus gesetzlicher Sicht dann in Pflicht, wenn ein Werkmangel die Ursache für den eingetretenen Schaden war. Dabei unterscheidet Art. 58 OR zwei Arten von Werkmängeln: Die fehlerhafte Anlage oder Herstellung einerseits, und der mangelhafte Unterhalt andererseits. Der Mangel ist vom Geschädigten, in ihrem Fall von der Mieterin, zu beweisen.  

Die Tatsache, dass das Licht im Treppenhaus ihrer Liegenschaft nicht brannte, ist als mangelhafter Unterhalt im Sinne der erwähnten Gesetzesbestimmung, für den Sie als Eigentümer der Liegenschaft einzutreten haben, zu qualifizieren. Sie können sich auch nicht dadurch entlasten, dass sie ihrem Elektriker sofort den Reparaturauftrag erteilt haben. Die Werkeigentümerhaftung ist eine sogenannte Kausalhaftung, das heisst, Sie haben für den entstandenen Schaden auch einzutreten, wenn sie kein Verschulden trifft, was in ihrem Fall zutreffen dürfte, da sie ihren Elektriker sofort aufgeboten und zusätzlich mehrmals gemahnt haben.  

Ich gehe davon aus, dass Sie eine Haftpflichtversicherung haben. Wenn dies der Fall ist, müssten Sie ihr den Schadenfall umgehend melden. Wenn Sie ihr Risiko als Werkeigentümer versichert haben, wird ihre Haftpflichtversicherung den eingetretenen Schaden decken.

Kurt Fricker
k.fricker@frickerseiler.ch

September 2018

Mein Kind ist erkrankt und kann daher die Kita nicht besuchen. Ich habe nun meinen Chef gefragt, ob er mir für die Dauer der Krankheit freigeben kann. Dies hat er verneint. Er besteht darauf, dass ich arbeiten komme. Darf er das?

Gemäss Art. 36 Abs. 3 des Arbeitsgesetzes (ArG) hat der Arbeitgeber Arbeitnehmern bzw. Arbeitnehmerinnen mit Familienpflichten gegen Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses die zur Betreuung kranker Kinder erforderliche Zeit bis maximal drei Tage freizugeben. Diese Freitage sind zu bezahlen. Unter Familienpflichten versteht das Gesetz die Erziehung von Kindern bis 15 Jahren sowie die Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger oder nahestehender Kinder. Dieser Anspruch auf drei freie Tage zur Betreuung gilt pro Krankheitsfall. Jede erneute Erkrankung eines Kindes erneuert den Anspruch auf drei Tage. Die Eltern sind jedoch verpflichtet, die Arbeit wieder aufzunehmen, sobald die Betreuung des kranken Kindes organisiert ist. Dies kann auch bereits vor Ablauf der drei Tage der Fall sein. Genügen die drei Tage nicht, gelangt das Obligationenrecht (OR) zur Anwendung. Gemäss Art. 324a OR hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bzw. der Arbeitnehmerin für eine beschränkte Zeit Lohn zu bezahlen, wenn der Arbeitnehmer aus Gründen, die in seiner Person liegen ohne sein Verschulden an der Arbeitsleistung verhindert ist. Die Pflege eines kranken Kindes kann in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung fallen, sofern sie nicht anderweitig organisiert werden kann. Die Dauer des Lohnfortzahlungsanspruchs richtet sich nach der Dauer des Arbeitsverhältnisses und bewegt sich zwischen 3 Wochen bis zu mehreren Monaten. Dabei ist zu beachten, dass der Anspruch auf Lohnfortzahlung nicht mehr besteht, wenn man die Zeit durch eigene Krankheit bereits selbst ausgeschöpft hat. In diesem Fall bestünde lediglich noch ein Anspruch auf unbezahlte Freitage.

Matthias Fricker
m.fricker@frickerseiler.ch

August 2018

Ich bin Stockwerkeigentümerin einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus. Leider musste ich feststellen, dass meine Sonnenstore defekt ist. Die Nachfrage bei der Verwaltung hat ergeben, dass ich alleine für die Reparaturkosten aufkommen muss. Nun habe ich im Internet gelesen, dass die Sonnenstoren im gemeinschaftlichen Eigentum aller Stockwerkeigentümer stehen und für die Reparatur von gemeinschaftlichen Teilen die gesamte Stockwerkeigentümergemeinschaft aufkommen muss. Muss ich die Reparaturkosten der Sonnenstore nun alleine tragen oder können diese auf die Stockwerkeigentümergemeinschaft abgewälzt werden?

Grundsätzlich gilt, dass der jeweilige Eigentümer die Reparaturkosten selber tragen muss, wenn der defekte Gegenstand zum Sonderrecht gehört. Ist der Gegenstand hingegen gemeinschaftlich, muss die Stockwerkeigentümergemeinschaft für die Reparaturkosten aufkommen. Welche Bereiche zum Sonderrecht gehören, lässt sich der sogenannten Begründungserklärung entnehmen, mit der die Liegenschaft ins Stockwerkeigentum aufgeteilt wurde. Auch in den zugehörigen Aufteilungsplänen ist ersichtlich, welche Räume vom Sonderrecht erfasst sind und welche gemeinschaftlich sind. Nicht zu Sonderrecht erwerben lassen sich der Boden der Liegenschaft, die Bauteile, die für den Bestand, die konstruktive Gliederung und Festigkeit des Gebäudes von Bedeutung sind sowie die Räume, die für andere Stockwerkeigentümer von Bedeutung sind oder die äussere Gestalt der Liegenschaft bestimmen wie Fenster, Rollläden, Sonnenstoren und Jalousien.

Nachdem die Sonnenstore somit nicht zu Sonderrecht ausgeschieden werden kann, stellt sie zwingend einen gemeinschaftlichen Teil der, für dessen Reparatur grundsätzlich die Stockwerkeigentümergemeinschaft aufkommen muss. Da die Sonnenstore aber nur Ihnen persönlich dient, kann man im Reglement der Stockwerkeigentümergemeinschaft festlegen, dass Sie alleine für Reparaturkosten aufkommen müssen. Sollte das Reglement eine entsprechende Bestimmung enthalten, ist die Auskunft der Verwaltung korrekt, wonach Sie die Reparaturkosten selber tragen müssen. Findet sich im Reglement jedoch keine Bestimmung, können Sie die Reparaturkosten für die Sonnenstore auf die Stockwerkeigentümergemeinschaft abwälzen.

Corinne Moser-Burkard
c.moser@frickerseiler.ch

Juli 2018

Mein Mann und ich sind vor rund drei Jahren von unserem Einfamilienhaus in eine praktische, kleinere Vierzimmerwohnung umgezogen. Unser Eigenheim haben wir an eine alleinerziehende Mutter von zwei Kindern im Primarschulalter vermietet. Weil wir Mitleid mit der frischgeschiedenen Frau hatten und uns freuten, den beiden Kindern ein grosszügiges Zuhause, mit einem schönen Garten zum Herumtoben überlassen zu können, waren wir bereit, das Haus zu einem weit unter der Marktmiete liegenden Preis zu vermieten. Zu unserer grossen Enttäuschung mussten wird aber schon bald feststellen, dass unsere Mieterin unser Entgegenkommen keineswegs schätzte: Fast wöchentlich belästigte sie uns mit Briefen oder Telefonanrufen, weil die rund fünfzigjährige Liegenschaft ihrer Ansicht nach zahlreiche Mängel, wie tropfende Wasserhähne, schiefe Herdplatten und schlecht isolierte Fenster aufweise. Mit dem Hinweis, sie bezahle dafür ja auch einen sehr günstigen Mietpreis und wenn ihr das Haus nicht zusage, könne sie den Vertrag gerne wieder kündigen, versuchten wir unsere Mieterin zu beruhigen. Leider ohne Erfolg: Sie nahm sich einen – von ihrer Rechtsschutzversicherung bezahlten – Anwalt und drohte, bei der Mieterschlichtungsstelle eine Mietzinsreduktion wegen der zwischenzeitlich eingetretenen Senkung des Referenzzinssatzes und der eingeschränkten Bewohnbarkeit der Liegenschaft wegen ständigen Durchzugs einzureichen, wenn wir ihr mit dem Mietzins nicht nochmals entgegenkämen. Da mein Mann und ich mit über 70 Jahren nicht erstmals in ein Gerichtsverfahren verwickelt sein wollten, einigten wir uns mit dem Anwalt auf einen um Fr. 200.00 reduzierten Mietpreis. Da der Mietertrag nun kaum noch den Hypothekarzins und die Nebenkosten der Liegenschaft zu decken vermag, möchten wir den Mietvertrag so schnell wie möglich kündigen und das Haus an einen neuen Mieter teurer vermieten. Wie müssen wir dabei vorgehen?

Leider ist eine Kündigung des Mietverhältnisses durch Sie – aufgrund der gegebenen Umstände - nicht ohne Weiteres möglich. Dies deshalb, weil Sie sich erst kürzlich mit der Mieterin vergleichsweise über eine Reduktion des Mietzinses wegen der Senkung des Referenzzinssatzes und einer angeblich verminderten Wohnqualität geeinigt haben. Solche Vereinbarung lösen – auch wenn sie unabhängig von einem Verfahren vor der Mieterschlichtungsstelle getroffen werden – regelmässig eine Sperrfrist von 3 Jahren aus (vgl. Art. 271a Abs. 1 und 2 OR). Jede vor Ablauf dieser Sperrfrist ausgesprochene Kündigung des Mietverhältnisses kann vom Mieter angefochten werden und wird von der zuständigen Mieterschlichtungsstelle aufgehoben, wenn Sie nicht nachweisen können, dass einer der in Art. 271a Abs. 3 OR abschliessend aufgezählten Ausnahmetatbestände vorliegt. Diese Ausnahmegründe wären: Dringender Eigenbedarf von Ihnen oder Verwandten, Zahlungsrückstand oder Konkurs der Mieterin, Schwere Verletzungen der Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflichten durch die Mieterin, Verkauf der Liegenschaft oder andere wichtige Gründe, die eine Fortsetzung des Mietverhältnisses als unzumutbar erscheinen lassen. Bitte überlegen Sie sich gut, ob Sie einen der angeführten Gründe vorbringen und die Kündigung so begründen können. Ansonsten würde ich Ihnen von einer Kündigung innerhalb der nächsten drei Jahre abraten.

Karin Koch Wick
k.koch@frickerseiler.ch

Juni 2018

Ich möchte mit meinem Geschäft an einen neuen Standort umziehen und diesen mit einem zehnjährigen Mietvertrag langfristig absichern. Der neue Vermieter ist dazu bereit. Er ist aber schon älter und hat angedeutet, das gesamte Gebäude in nächster Zeit verkaufen zu wollen. Ich habe gehört, dass ein Käufer trotz laufendem Mietvertrag unter Umständen kündigen könnte. Was kann ich tun?

Tatsächlich kann der Käufer des Mietobjektes das Mietverhältnis mit der gesetzlichen Frist, bei Geschäftsräumlichkeiten sechs Monate, auf den nächsten gesetzlichen Termin, hier jedes Monatsende, kündigen, wenn er einen dringenden Eigenbedarf geltend machen kann. Das Gesetz sieht aber eine Möglichkeit vor, dem bestehenden Mietvertrag Vorrang vor dem Kündigungsrecht jedes allfälligen Käufers zu geben. Gemäss Art. 261b OR kann im Mietvertrag verabredet werden, dass das Mietverhältnis im Grundbuch auf dem entsprechenden Grundstück vorgemerkt wird. Diese Vormerkung bewirkt dann, dass jeder neue Eigentümer dem Mieter gestatten muss, das Grundstück entsprechend dem Mietvertrag zu gebrauchen. 

Sie sollten deshalb darauf beharren, diese Vormerkung des Mietverhältnisses im Mietvertrag zu vereinbaren und die Vormerkung dann dem Grundbuchamt auch anzumelden. Nur mit der Vormerkung im Grundbuch hat der Mietvertrag dann effektiv Vorrang vor einem allfälligen Kündigungsrecht des neuen Eigentümers.

Roger Seiler
r.seiler@frickerseiler.ch

Mai 2018

Im Jahr 1972 habe ich in einem damals noch weitgehend unüberbauten Quartier mein Einfamilienhaus gebaut. Es wurde über eine Hausanschlussleitung an das öffentliche Kanalisationsnetz angeschlossen. Ich musste damals der Gemeinde Anschlussgebühren und einen Klärbeitrag von insgesamt Fr. 9'500.00 bezahlen. In den letzten Jahren fand in unserem Quartier eine rege Bautätigkeit statt, weshalb die Gemeinde eine neue Kanalisationserschliessung beschlossen hat. Als Folge davon wurde ein Beitragsplan erarbeitet und öffentlich aufgelegt. Danach müsste ich erneut eine weitere Anschlussgebühr in der Höhe von Fr. 7'200.00 bezahlen. Das kann ich nicht verstehen. Die neue Kanalisationserschliessung bringt mir ja gar nichts. Muss ich wirklich bezahlen?

Gemäss § 34 Abs. 2 des Aargauer Baugesetzes (BauG) können die Gemeinden von den Grundeigentümern Beiträge an die Kosten der Erstellung, Änderung und Erneuerung von Anlagen der Abwasserbeseitigung erheben. Soweit keine kantonalen Vorschriften bestehen, regeln die Gemeinden und Gemeindeverbände die Beitragserhebung selber (§ 34 Abs. 3 BauG). Das Abwasserreglement Ihrer Gemeinde bestimmt, dass der Gemeinderat an die Kosten für Erstellung und Änderung von Anlagen der Abwasserbeseitigung von den Grundeigentümern - nach Massgabe der ihnen erwachsenen wirtschaftlichen Sondervorteile - Erschliessungsbeiträge erheben kann. Allerdings dürfen die Beiträge für Anlagen der Feinerschliessung höchstens 70 % der Baukosten betragen.  

Nach ständiger Praxis des Bundesgerichtes kann ein Grundstück, für das bereits früher einmal ein Erschliessungsbeitrag erhoben worden war, erneut mit einem nachträglichen Beitrag belastet werden, sofern ein neuer Sondervorteil entsteht. Das gilt etwa, wenn die bauliche Nutzungsmöglichkeit durch den Ausbau verbessert wird und namentlich, wenn eine bestehende Abwasseranlage ersetzt oder renoviert werden muss. Das muss aber auch gelten, wenn aufgrund geänderter gesetzlicher Vorschriften eine Abwasseranlage neu errichtet werden muss und erst der Bau dieser neuen Anlage zu einer nach neuem Recht gesetzeskonformen Erschliessung der betroffenen Grundstücke führt.  

Ob in Ihrem Fall die Erhebung eines weiteren Erschliessungsbeitrages begründet ist, kann ich aufgrund Ihrer Angaben nicht abschliessend beurteilen. Ich gehe aber davon aus, dass die neue Kanalisationserschliessung dem neusten Standard und damit im Vergleich zur Situation im Jahr 1972 nach neuem Recht gesetzeskonform ist. Dadurch erfährt Ihr Grundstück einen wirtschaftlichen Sondervorteil, der die Gemeinde im Grundsatz zur Erhebung einer weiteren Gebühr berechtigt.

Kurt Fricker
k.fricker@frickerseiler.ch

April 2018

Ich bin Eigentümer einer Eigentumswohnung. Unsere Stockwerkeigentümergemeinschaft besteht aus vier Eigentümern. Unsere bisherige Verwaltung hat nun ihren Vertrag gekündigt. Anlässlich der nächsten Eigentümerversammlung ist daher die Wahl einer neuen Verwaltung traktandiert. Dabei stehen zwei verschiedene Verwaltungen zur Wahl. Was geschieht nun, wenn beide zur Wahl stehenden Verwaltungen gleich viel Stimmen erhalten? Kommt jemandem der Stichentscheid zu?

Beschlüsse über die Wahl einer neuen Verwaltung werden mit der Mehrheit der anwesenden Stockwerkeigentümer, das heisst nach Köpfen, gefasst. Das Gesetz sieht keine Regelung für den Fall von Stimmengleichheit vor. Dies bedeutet, dass bei Stimmengleichheit kein Beschluss zustande kommt. Es wäre also in Ihrem Fall keine Verwaltung gewählt. Es empfiehlt sich daher, im Reglement den Fall der Stimmengleichheit zu regeln. Denkbar wäre zum Beispiel eine Regelung, nach der dem Vorsitzenden der Stichentscheid zukommt. Da ein solcher Stichentscheid jedoch erhebliche Tragweite haben kann, empfehle ich eher eine Lösung, nach welcher der Beschluss bei Stimmengleichheit angenommen ist, sofern die Befürworter eine grössere Wertquote vertreten.

Matthias Fricker
m.fricker@frickerseiler.ch

März 2018

Ich bin Eigentümer einer Wohnung. Anlässlich der letzten Stockwerkeigentümerversamm-lung wurde der Antrag gestellt, dass die Umgebung neu gestaltet werden soll. Ein Teil der alten Bäume soll gefällt und neue Bäume angepflanzt werden. Damit sind nun nicht alle Ei-gentümer einverstanden, weshalb sich folgende Frage stellt: Ist für den Entscheid über die Neugestaltung der Umgebung ein einstimmiger Beschluss erforderlich oder reicht ein Mehr-heitsbeschluss aus?

Grundsätzlich ist für das Fällen und Pflanzen von Bäumen relevant, was im Reglement der Stockwerkeigentümergemeinschaft steht. Sind dem Reglement keine Bestimmungen zu entnehmen, kommt die gesetzliche Regelung zum Tragen. Diese besagt, dass bei wichtigeren Verwaltungshandlungen die Mehrheit der Stockwerkeigentümer, die zugleich auch die Mehrheit der Anteile vertritt, zustimmen muss. Geht man davon aus, dass die Umgebungsgestaltung als wichtigere Verwaltungshandlung einzustufen ist, müssen für einen Beschluss über das Fällen und Pflanzen von Bäumen auf gemeinschaftlichem Eigentum somit nicht alle Eigentümer zustimmen. Zu beachten ist jedoch, dass teils in der Lehre auch die Meinung vertreten wird, es handle sich bei der Umgebungsgestaltung nicht um eine Verwaltungshandlung, sondern um eine bauliche Massnahme. Diesfalls müsste unterschieden werden, ob die baulichen Massnahmen als notwendig, nützlich oder luxuriös qualifiziert werden. Handelt es sich bei den geplanten Umgebungsarbeiten um luxuriöse bauliche Massnahmen, müssten alle Stockwerkeigentümer dem Fällen und Pflanzen von Bäumen zustimmen.

Corinne Moser-Burkart
c.moser@frickerseiler.ch

Februar 2018

Seit rund einem Jahr bin ich bei einer privaten Spitex als Krankenpflegerin tätig. Wegen der unregelmässigen Arbeitszeiten und des zum Teil recht belastenden Arbeitsalltages ist die Beziehung mit meinem langjährigen Lebenspartner leider vor wenigen Wochen in die Brüche gegangen. Dass es mir im Moment nicht so gut geht, sieht man mir wohl an und ich habe auch wieder zu rauchen begonnen. Als ob dies nicht schon genug wäre, kündigt mir nun meine Arbeitgeberin noch das Arbeitsverhältnis per Ende des nächsten Monats. Zur Begründung meint sie, mehrere Patienten hätten sich darüber beklagt, dass ich nicht mehr so fröhlich sei, wie vor einem Jahr und eine ältere Dame habe reklamiert, ihre ganze Wohnung würde wegen mir nach Rauch riechen. Muss ich diese Kündigung akzeptieren?

Haben effektiv nur die von Ihnen angeführten Gründe Ihre Arbeitgeberin dazu veranlasst, den Arbeitsvertrag zu kündigen, so wäre die Kündigung als im Sinne von Art. 336 Abs. 1 OR missbräuchlich zu qualifizieren. Sowohl ihre seelische Verfassung, wie auch die Tatsache, dass Sie rauchen, gelten als Eigenschaften, die Ihnen Kraft Ihrer Persönlichkeit zustehen. Gemäss Art. 336 Abs. 1 lit. a OR dürfen solche Eigenschaften nur dann Grund einer Kündigung sein, wenn sie Ihre Arbeit oder die Zusammenarbeit im Betrieb beeinträchtigen. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, kranke oder betagte Menschen zu pflegen. Dass Ihre verminderte Fröhlichkeit und der Zigarettenkonsum die Qualität Ihrer Arbeit gefährden würden, ist nicht anzunehmen und wird dem entsprechend auch von Ihrer Arbeitgeberin nicht geltend gemacht.

Ich rate Ihnen deshalb dringend, noch vor Ablauf der Kündigungsfrist bei Ihrer Arbeitgeberin schriftlich und per Einschreiben gegen die Kündigung Einsprache zu erheben (vgl. Art. 336b Abs. 1 OR). Sie haben in diesem Schreiben kurz auszuführen, weshalb die Kündigung aus Ihrer Sicht unbegründet ist und dass Sie deswegen am bestehenden Arbeitsverhältnis festhalten möchten. Zeigt sich Ihre Arbeitgeberin nicht einsichtig und beharrt sie auf ihrer Kündigung, können Sie innerhalb einer Frist von 180 Tagen seit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses beim Arbeitsgericht gegen Ihre ehemalige Arbeitgeberin auf Entrichtung einer finanziellen Entschädigung in Höhe von maximal sechs Monatslöhnen klagen (vgl. Art. 336b Abs. 2 i. V. m. Art 336a Abs. 2 OR). Eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gegen den Willen der Arbeitgeberin ist jedoch nicht erwirkbar.

Karin Koch Wick
k.koch@frickerseiler.ch

Januar 2018

Mein Ehemann hat für private Finanzanlagen bei Dritten erhebliche Schulden gemacht. Wir haben keinen Ehevertrag, unterstehen also dem ordentlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung. Hafte ich den Gläubigern gegenüber für diese Schulden meines Mannes?

Nein. Eine solidarische Haftung beider Ehegatten besteht grundsätzlich nur für die laufenden Bedürfnisse der Familie, wie Wohnen, Essen und Kleidung. Wenn das fragliche Rechtsgeschäft über die Deckung des Alltagsbedarfs hinausgeht, kann nicht mehr vom stillschweigenden Einverständnis des anderen Ehegatten ausgegangen werden. Eine ausserordentliche Vertretungsbefugnis besteht nur dann, wenn die Zustimmung des vertretenen Ehegatten, eine gerichtliche Ermächtigung oder ein dringlicher Fall vorliegen, z. B. eine grössere Reparatur am Haus, welche keinen Aufschub duldet. Darüber hinaus kann ein Ehegatte den anderen nicht verpflichten. Dies gilt grundsätzlich unabhängig vom Ehegüterstand. Einzig beim Güterstand der Gütergemeinschaft geht die Haftung mit gemeinsamem Vermögen weiter. Im konkreten Fall ist hingegen klar, dass es bei den vom Mann betätigten Geschäften nicht um die Vertretung der ehelichen Gemeinschaft gegangen ist, so dass eine solidarische Haftung der Frau nicht in Frage kommt

Roger Seiler
r.seiler@frickerseiler.ch

2017

Dezember 2017

Ich bin Eigentümerin einer Eigentumswohnung in einer Überbauung, die drei Mehrfamilienhäuser à acht Wohnungen umfasst. Der Überbauung stehen sechs Besucherparkplätze zur Verfügung. Vier Eigentümer haben ihre Wohnungen vermietet. Da zu jeder Wohnung nur zwei Abstellplätze in der Tiefgarage gehören, werden zwei bis drei Besucherparkplätze regelmässig und teilweise tagelang von zwei Mietern und einem Stockwerkeigentümer belegt. Ich habe die betreffenden Personen mehrfach darauf hingewiesen, dass sie die Besucherparkplätze nicht für dauerndes Parkieren benutzen dürfen. Leider ohne Erfolg. Zusammen mit zwei weiteren Stockwerkeigentümern habe ich unsere Verwaltung ersucht, den geschilderten "Missstand" zu beheben. Die Antwort der Verwaltung: "Da kann man nichts machen!" Trifft das tatsächlich zu?

Besucherparkplätze stellen gemeinschaftliches Eigentum der Stockwerkeigentümer-gemeinschaft dar. In der Regel regelt das Reglement der Stockwerkeigentümergemeinschaft die Nutzung der Besucherparkplätze. Unabhängig davon gelten gemäss Art. 712c Abs. 2 Ziff. 1 ZGB Autoparkplätze im Freien grundsätzlich als gemeinschaftlich.

Regelmässiges, längere Zeit dauerndes Parkieren auf einem Besucherparkplatz ist weder Mietern noch Eigentümern gestattet. Entgegen der Auskunft Ihres Verwalters kann man sehr wohl "etwas machen", wenn Mieter oder Eigentümer Ihrer Überbauung sich nicht an diesen Grundsatz halten. Es liegt im Aufgabenbereich Ihrer Verwaltung, dafür besorgt zu sein, dass die Besucherparkplätze für ihren eigentlichen Zweck zur Verfügung stehen. Führt die Intervention der Verwaltung zu keinem positiven Ergebnis, ist bezüglich des weiteren Vorgehens zu unterscheiden, ob es sich bei den "widerspenstigen" Personen um Mieter oder Stockwerkeigentümer handelt.

Handel es sich um Mieter, liegt es in der Verantwortung des vermietenden Stockwerkeigentümers, die Mieter abzumahnen. Sollten die Mieter der entsprechenden Aufforderung des Vermieters keine Folge leisten, müsste das Mietverhältnis gekündigt werden.

Beim fehlbaren Stockwerkeigentümer ist die Situation schwieriger. Zwar gibt es im Grundsatz die Möglichkeit, einen Stockwerkeigentümer aus der Gemeinschaft auszuschliessen. Dies setzt jedoch voraus, dass ein Stockwerkeigentümer sich "immer wieder streitsüchtig, gewalttätig oder arglistig" zeigt und dadurch ein friedliches Zusammenleben innerhalb der Gemeinschaft verunmöglicht. Das Fehlverhalten des von Ihnen erwähnten Stockwerkeigentümers ist indessen nicht derart gravierend, dass ein Ausschluss aus der Gemeinschaft möglich wäre.

Die Stockwerkeigentümergemeinschaft hat in Ihrem Fall die Möglichkeit, ein richterliches Verbot zu erwirken. Widerhandlungen gegen ein richterliches Verbot können auf Antrag mit einer Busse bis zu Fr. 2'000.00 geahndet werden. Konkret bedeutet dies, dass bei unberechtigtem Parkieren auf einem bezeichneten Besucherparkplatz von jedem Stockwerkeigentümer Strafanzeige eingereicht werden kann, die beim entsprechenden Nachweis der Widerhandlung gegen das Verbot zu einer Bestrafung mit einer Busse bis Fr. 2'000.00 führen wird.

Bei einem richterlichen Verbot könnte übrigens auch Strafanzeige gegen fehlbare Mieter eingereicht werden.


Kurt Fricker
k.fricker@frickerseiler.ch

November 2017

Auf dem Grundstück meines Nachbarn steht ein 4 Meter hoher Obstbaum. Der Abstand zu unserer Grenze beträgt 2.5 Meter. Meines Wissens wäre der Grenzabstand jedoch 3 Meter, weshalb ich den Nachbarn aufgefordert habe, den Baum zu entfernen. Nun stellt sich mein Nachbar auf den Standpunkt, sein Baum müssen lediglich einen Abstand zu meiner Grenze von 2 Metern einhalten. Wie ist die Rechtslage?

Grundsätzlich haben Sie Recht. Gemäss § 88 Abs. 2 des kantonalen Einführungsgesetzes zum ZGB (EG ZGB) Obstbäume mit Ausnahme der Nuss- und Kastanienbäume in einer Entfernung von 3 Metern zur Grenze gepflanzt werden. Der Obstbaum ihres Nachbarn steht somit in einem Unterabstand zur Grenze. Jedoch hat der Grosse Rat des Kantons Aargau dieses Jahr eine Totalrevision des EG ZGB verabschiedet, bei welcher auch die Abstandsvorschriften für Pflanzen überarbeitet wurden. Neu gilt gemäss § 73 Abs. 1 lit. b nEG ZGB für Bäume mit einer Höhe von 3 – 7 Meter ein Grenzabstand von 2 Meter. Das revidierte EG ZGB tritt am 1. Januar 2018 in Kraft. Da die neuen Grenzabstände auch für bestehende Pflanzen gelten, wird der Zustand auf dem Grundstück ihres Nachbarn per 1. Januar 2018 legalisiert.

Einen Vergleich zwischen den alten und neuen Bestimmungen finden Sie hier.

Matthias Fricker
m.fricker@frickerseiler.ch

Oktober 2017

Mein Kollege hat in einem Beitrag auf Facebook einen uns nicht sympathischen ehemaligen Arbeitskollegen als Dieb, Betrüger und Versager betitelt. Ich habe diesen Post meines Kollegen «gelikt». Nun hat der ehemalige Arbeitskollege gegen mich einen Strafantrag wegen ehrverletzender Delikte gestellt. Habe ich mich strafbar gemacht, indem ich den Beitrag meines Kollegen «gelikt» habe?

Das Bezirksgericht Zürich hat am 29. Mai 2017 einen Mann wegen mehrfacher üblen Nachrede verurteilt, weil er auf Facebook einen ehrverletzenden Eintrag mit «gefällt mir» («like») angeklickt hat. Das Gericht stellte sich auf den Standpunkt, dass mit dem «Liken» eines Eintrags dieser positiv bewertet und indirekt weiterverbreitet wird. Dass die Äusserung nicht vom Beschuldigten selbst stammt, spielt nach Ansicht des Gerichts keine Rolle. Diese Rechtsprechung des Bezirksgerichts Zürich wurde bis anhin vom Bundesgericht zwar nicht bestätigt. Doch solange das Bundesgericht nicht eine andere Meinung vertritt, riskiert man beim «Liken» von ehrverletzenden Äusserungen auf sozialen Netzwerken eine Bestrafung wegen Ehrverletzungsdelikten.

Corinne Moser-Burkard
c.moser@frickerseiler.ch

September 2017

Seit vielen Jahren verbringen wir jeweils in der ersten Woche im März unsere Skiferien in Arosa. Diese Reisezeit ist ideal: Die Tage sind schon etwas länger und wärmer und aufgrund dessen, dass die Schulferien praktisch überall in der Schweiz bereits vorbei sind, hat es weniger Leute auf der Piste. Wir sind immer im gleichen Chalet, welches wir jeweils gleich wieder fürs nächste Jahr buchen. So auch dieses Jahr für den März 2018. Nun ist unsere Tochter im Januar vier Jahre alt geworden und besucht seit dem 15. August 2017 den örtlichen Kindergarten. Anlässlich des Elternabends in der zweiten Schulwoche informierte die Kindergärtnerin alle Eltern, dass – wie uns sicher bekannt sei - der Kindergarten zur obligatorischen Schule zähle und wir nicht vergessen sollten, dass Ferien nur während der offiziellen Schulferien möglich seien. Stimmt das? Was können wir tun, damit wir trotzdem im März 2018 in die Skiferien verreisen können?

Die Volksschule des Kantons Aargau ist in folgende Stufen gegliedert: Zwei Jahre Kindergarten, sechs Jahre Primarschule und drei Jahre Oberstufe. Die obligatorische Schulpflicht eines Kindes dauert somit elf Jahre und beginnt gemäss Schulgesetz des Kantons Aargau ausdrücklich mit dem Eintritt in den Kindergarten (§ 4 Abs. 1 SchulG). Die Schülerinnen und Schüler sind verpflichtet, den Unterricht regelmässig zu besuchen und deren Eltern sind verantwortlich, dafür zu sorgen, dass ihr Kind dieser Verpflichtung auch tatsächlich nachkommt. Bleibt eine Schülerin oder ein Schüler während mehr als drei Tagen dem Unterricht unentschuldigt fern, so ist die Schulpflege verpflichtet, bei der Staatsanwaltschaft Strafanzeige zu erstatten und es droht eine Busse von Fr. 600.00 bis Fr. 1‘000.00 (§ 37 Abs. 3 SchulG). Die Kindergärtnerin ihrer Tochter hat also recht: Ferienreisen von einer Woche sind grundsätzlich nur während der offiziellen Schulferien möglich.

ABER: Es gibt auch Ausnahmen. Einerseits hat jede Schülerin und jeder Schüler Anspruch auf einen freien Schulhalbtag pro Quartal (§ 38 Abs. 1 SchulG). Diese vier Halbtage können zusammengefasst bzw. am Stück bezogen werden, wenn die Schulpflege Ihrer Gemeinde dies im Schulreglement so vorsieht (§ 16 Abs. 1 Verordnung Volksschule). Andererseits kann die Schulpflege (oder die Schulleitung, falls die Schulpflege ihre Kompetenz an diese abgetreten hat) Schülerinnen und Schülern bei Vorliegen eines wichtigen Grundes auf schriftliches Gesuch hin bis zu 30 Tage Urlaub gewähren (§ 38 Abs. 2 SchulG). Als wichtige Gründe gelten unter anderem „besondere Anlässe im persönlichen Umfeld der Schülerinnen und Schüler“ (§ 13 Abs. 2 lit. b Verordnung Volksschule). Ich rate Ihnen deshalb, zuerst einmal abzuklären, wie viele Halbtage Ihre Tochter während der fraglichen Woche im März 2018 effektiv im Kindergarten fehlen wird. Schulfreie Vor- oder Nachmittage oder bereits bekannte Unterrichtsausfälle zählen nicht dazu. Sieht das Reglement Ihrer Schule zudem vor, dass die jährlichen vier freien Schulhalbtage am Stück bezogen werden dürfen, so müssen Sie lediglich für die noch verbleibenden, maximal sechs Halbtage bei der Schulpflege oder der Schulleitung ein schriftliches Urlaubsgesuch einreichen. Dieses ist so zu begründen, dass Sie darin ausführen, weshalb diese Ferien besonders wichtig für Ihre Tochter sind und genau in dieser Märzwoche stattfinden müssen. Da jede Schulgemeinde entsprechende Gesuche unterschiedlich handhabt, kann ich Ihnen leider heute nicht sagen, ob Ihr Gesuch Erfolg haben wird. Sicher ist einzig, dass ausserordentliche Urlaubsgesuche, wie das Ihre, gemäss Schulgesetz stets eine Ausnahme sind und auch bleiben sollen. Das heisst: Mehr als einmal wird Ihnen die Schulpflege die Skiferien im März wohl eher nicht bewilligen.

Karin Koch
k.koch@frickerseiler.ch

August 2017

Ich habe meinem Nachbarn auf Zusehen hin die Nutzung einer leerstehenden Garagenbox auf meinem Grundstück erlaubt. Nun hätte ich eine Verwendung für diese Garage und möchte sie wieder selber nutzen. Der Nachbar stellt sich auf den Standpunkt, ich müsse eine dreimonatige Kündigungsfrist einhalten.

Bei der unentgeltlichen Überlassung einer Sache zum Gebrauch handelt es sich um eine Gebrauchsleihe im Sinne von Art. 305 ff. OR. Wird hingegen eine Entschädigung für die Nutzung der Sache bezahlt, kommt Mietrecht zur Anwendung. Ist der Gebrauch der Sache weder der Dauer noch dem Zweck nach zeitlich umrissen, so kann der Verleiher sie jederzeit zurückfordern. Im konkreten Fall brauchen Sie also keine bestimmte Kündigungsfrist einzuhalten, sondern es genügt, dem Benutzer einen kurzen Zeitraum von wenigen Tagen zu gewähren, um die Garage zurückzugeben bzw. zu räumen.

Roger Seiler
r.seiler@frickerseiler.ch

Juli 2017

Meine Frau und ich – wir sind beide 80-jährig - haben eine Tochter und einen Sohn. Wir möchten unserer Tochter, zu der wir eine viel bessere Beziehung haben als zum Sohn, unser Einfamilienhaus zum Vorzugspreis von Fr. 300'000.00 übergeben. Der Steuerwert des Einfamilienhauses beträgt Fr. 700'000.00. Können sich daraus Probleme ergeben?

Wenn der Steuerwert Ihres Einfamilienhauses Fr. 700'000.00 beträgt, dürfte der aktuelle Verkehrswert deutlich höher sein. Sie müssten deshalb prüfen, ob der Verkauf der Liegenschaft zum Vorzugspreis an Ihre Tochter dereinst nicht den Pflichtteil Ihres Sohnes verletzt. Dies kann ich mangels detaillierter Angaben Ihrer Vermögensverhältnisse nicht beurteilen. In jedem Falle müssten Sie das Notwendige vorkehren, damit der Pflichtteil Ihres Sohnes bei der dereinstigen Nachlassteilung nicht aufgrund des Verkehrswertes Ihres Einfamilienhauses im Zeitpunkt der Teilung des Nachlasses berechnet wird. Dies würde sich für Ihre Tochter sehr nachteilig auswirken.

Ein weiteres Problem könnte sich stellen: Neben Ihren Vermögensverhältnisse kenne ich auch Ihre Einkommensverhältnisse nicht. Je nach dem könnten Sie beispielsweise beim Eintritt in ein Pflegeheim auf Ergänzungsleistungen angewiesen sein. Bei der Frage, ob Anspruch auf Ergänzungsleistungen besteht, werden auch Vermögenswerte, auf die verzichtet worden ist, berücksichtigt. Falls Sie der Tochter Ihr Einfamilienhaus zum Vorzugspreis von Fr. 300'000.00 verkaufen, dürfte meines Erachtens ein relevanter Vermögensverzicht i. S. v. Art. 11 ELG vorliegen, der dazu führen dürfte, dass Sie keinen Anspruch auf Ergänzungsleistungen haben.

Zusammenfassend: Ich empfehle Ihnen dringend, sich von einer Fachperson beraten zu lassen.

Dr. Kurt Fricker
k.fricker@frickerseiler.ch

Juni 2017

Ich lebe in einer Überbauung mit fünf Mehrfamilienhäusern. Bei jedem Hauseingang befindet sich eine Briefkastenanlage. Nun verlangt unsere Verwaltung, dass sämtliche Briefkästen der gesamten Überbauung in einer Anlage an der Zufahrt zur Überbauung aufgestellt werden. Sie begründet dies mit entsprechenden Anforderungen der Post. Müssen wir das akzeptieren?

Nein. Die Regeln bezüglich Briefkästen und Briefkastenanlagen finden sich in Art. 73 – 76 der der Postverordnung (VPG). Zuerst statuiert die Verordnung in Art. 73 die Pflicht des Liegenschaftseigentümers für die Zustellung von Postsendungen einen frei zugänglichen Briefkasten einzurichten. In Art. 74 VPG finden sich dann die Vorschriften zum Standort des Briefkastens. Als Grundsatz gilt dabei, dass der Briefkasten an der Grundstückgrenze beim allgemein benutzten Zugang zum Haus aufzustellen ist (Abs. 1), wobei mehrere Briefkästen für die gleiche Hausnummer am gleichen Standort zu platzieren sind (Abs. 2). Bei Mehrfamilien- und Geschäftshäusern kann die Briefkastenanlage im Bereich der Hauszugänge aufgestellt werden, sofern der Zugang von der Strasse her möglich ist (Abs. 3). Dies entspricht der aktuell bei Ihnen herrschenden Situation. Eine zentrale Briefkastenanlage an der Zufahrt zu einer Überbauung, so wie es Ihre Verwaltung von Ihnen verlangt, ist gemäss Abs. 4 von Art. 74 VPG nur bei Überbauungen, die aus Ferien- und Wochenendhäusern bestehen, nicht aber bei dauernd bewohnten Liegenschaften, zulässig.

Die Postverordnung schreibt in Art. 73 im Übrigen auch sehr genau vor, wie ein Briefkasten auszusehen hat. So muss er aus einem Brieffach mit einer Einwurföffnung und einem Ablagefach bestehen (Abs. 2) und mit vollständiger und gut lesbarer Anschrift der Wohnungsbesitzerin, der Liegenschaftsbesitzerin oder der Firma beschriftet sein (Abs. 3). Auch zu den Mindestmassen des Briefkasten äussert sich die Postverordnung in Anhang 1.

Matthias Fricker
m.fricker@frickerseiler.ch

Mai 2017

Meine Mutter ist im vergangenen Monat verstorben. Sie liess sich vor vielen Jahren von meinem Vater scheiden und lebte vor ihrem Tod mit einem anderen Mann im Konkubinat. Obwohl die Beziehung des Lebenspartners meiner Mutter sowohl zu mir als auch zu meinem Bruder immer sehr angespannt war und auch heute noch ist, hat meine Mutter ihren Lebenspartner in einem Testament als Willensvollstrecker eingesetzt. Da mein Bruder und ich befürchten, dass der Lebenspartner unserer Mutter das uns zustehende Erbe für sich beanspruchen wird, möchten wir uns gegen die Einsetzung als Willensvollstrecker wehren. Ist dies möglich?

Jeder Erblasser hat die freie Wahl, wen er als Willensvollstrecker einsetzen will. Hat der Lebenspartner Ihrer Mutter keine Pflichten verletzt, müssen Sie als Erben Ihrer Mutter die Wahl des Lebenspartners als Willensvollstrecker akzeptieren. Selbstverständlich ist der Lebenspartner Ihrer verstorbenen Mutter aber nicht befugt, über das Ihnen zustehende Erbe frei zu verfügen. Ein Willensvollstrecker ist verpflichtet, das Erbe gemäss den Wünschen des Erblassers zu verteilen. Hat Ihre Mutter also Sie und Ihren Bruder als alleinige Erben eingesetzt bzw. sind Sie von Gesetzes wegen alleinige Erben, ist der Lebenspartner Ihrer Mutter verpflichtet, darum besorgt zu sein, dass Sie und Ihr Bruder je die Hälfte des Erbes erhalten. Sollte der Willensvollstrecker diese Pflichten verletzen und Geld für sich selber abzweigen, können Sie einerseits eine Aufsichtsbeschwerde gegen den Willensvollstrecker beim zuständigen Gericht einreichen und andererseits Strafanzeige wegen Veruntreuung bei den Strafverfolgungsbehörden erstatten.

Corinne Moser-Burkard
c.moser@frickerseiler.ch

April 2017

Vor zwei Jahren habe ich mich von meiner Lebenspartnerin getrennt. Wir waren nie verheiratet und sind Eltern einer fünfjährigen Tochter. Bereits als wir noch zusammen waren, hatten meine Partnerin und ich – in Zusammenarbeit mit der Vormundschaftsbehörde – vereinbart, dass die elterliche Sorge uns beiden zusteht, unsere Tochter im Trennungsfalle bei der Mutter wohnen, ich ein grosszügiges Besuchsrecht erhalten und auch einen Teil der Kinderbetreuung übernehmen würde. Nach der Trennung blieben wir beide in der gleichen Gemeinde im Bezirk Muri. Ich wohne nur fünf Gehminuten vom Kindergarten entfernt und die Kleine kann den Weg zu mir bereits problemlos alleine bewältigen. Wenn ihre Mutter am Dienstag und Donnerstag arbeitet, koche ich am Mittag für meine Tochter und betreue sie ab Schulschluss bis am Mittwoch- bzw. Freitagmorgen. Nun hat mir meine Expartnerin ganz überraschend eröffnet, dass sie mit dem Kind bereits im Juli dieses Jahres zu ihrem neuen Freund ins Oberwallis ziehen werde. Darf sie das? Da ich meine Tochter dann unter der Woche nicht mehr zu mir nehmen kann, bin ich klar gegen den Umzug.

Da Sie beide die elterliche Sorge gemeinsam ausüben, muss Ihre Expartnerin vor dem Umzug abklären, ob dafür nicht gemäss Art. 301a Abs. 2 ZGB Ihre Zustimmung notwendig wäre. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der neue Wohnort im Ausland liegt. Aber auch bei einem Wohnortwechsel innerhalb der Schweiz, wie in Ihrem Falle, gilt, dass Ihre Zustimmung dann nötig ist, wenn der geplante Umzug wesentliche Auswirkungen auf die Ausübung der elterlichen Sorge und des Besuchsrechts hat. Wohnt Ihre Tochter im Oberwallis, so werden Sie sie aufgrund der örtlichen Distanz nicht mehr im bisherigen Umfang zu sich auf Besuch nehmen und auch die Betreuung unter der Woche nicht mehr ausüben können. Damit bewirkt der geplante Umzug ganz offensichtlich für Sie und Ihre Tochter eine wesentliche Verschlechterung der bis jetzt gelebten Kontakt- und Betreuungszeiten.

Ich rate Ihnen, diese Bedenken der Mutter Ihres Kindes gegenüber zu äussern und sie darüber zu informieren, dass Sie mit dem Umzug eigentlich nicht einverstanden seien. Möchte Ihre Expartnerin trotzdem zügeln, so hat sie an die zuständige Kindesschutzbehörde zu gelangen. Diese wird im Rahmen ihrer Entscheidfindung prüfen, ob das Wohl Ihrer Tochter besser gewahrt ist, wenn sie mit der Mutter ins Oberwallis zieht oder – wenn Ihre Lebensumstände dies zulassen – bei Ihnen im Bezirk Muri bleibt. Der Ausgang dieses Verfahrens ist völlig offen und hängt sehr von den konkreten, mir nicht bekannten Umständen ab. Aufgrund des von Ihnen bis jetzt gelebten Betreuungsmodelles kann Ihre Expartnerin allenfalls trotz Ihres ausgedehnten Besuchsrechts als überwiegende Bezugsperson des Kindes betrachtet werden. Das Bundesgericht tendiert in solchen Fällen eher dazu, den Wegzug zu bewilligen und lediglich das zukünftige Betreuungskonzept entsprechend anzupassen.

Karin Koch Wick
k.koch@frickerseiler.ch

März 2017

Wir sind drei Mitglieder einer Stockwerkeigentümergemeinschaft. Zu Gunsten unseres gemeinschaftlichen Grundstückes und zu Lasten des Nachbargrundstückes besteht als Grunddienstbarkeit eine Pflanzbeschränkung, wonach Bäume auf dem belasteten Grundstück eine Höhe von fünf Metern nicht übertreffen dürfen. Der Nachbar weigert sich trotz Mahnung, seine Bäume auf diese Höhe zurückzuschneiden. Können wir unser Recht als Stockwerkeigentümergemeinschaft, vertreten durch den Verwalter, durchsetzen oder müssen wir je in eigenem Namen klagen?

Das Bundesgericht hat sich in einem Entscheid vom 11. Juli 2016 mit genau dieser Frage beschäftigt. Im Stockwerkeigentumsrecht ist die Aktivlegitimation, d. h. die Zuständigkeit, eine Sache vor Gericht zu vertreten, immer heikel und genau zu prüfen. Ginge es beispielsweise um ein Wegrecht, welches ja von jedem Stockwerkeigentümer einzeln ausgeübt wird, so könnte die Gemeinschaft als solche dieses nicht durchsetzen. Im vorliegenden Fall mit der Pflanzbeschränkung hat das Bundesgericht aber argumentiert, die Abwehr von übermässigen Immissionen durch solche Bäume stelle ein gemeinschaftliches Interesse aller Stockwerkeigentümer dar und damit eine gemeinschaftliche Verwaltungstätigkeit. Dementsprechend sei die Stockwerkeigentümergemeinschaft auch zur Klage legitimiert. Sie können also in einem entsprechenden Beschluss den Verwalter ermächtigen, diese Klage namens der Stockwerkeigentümergemeinschaft einzureichen.

Roger Seiler
r.seiler@frickerseiler.ch

Februar 2017

Vor sechs Jahren habe ich mit meinem Partner ein Haus gekauft, das wir gemeinsam bewohnt haben. Wir sind im Grundbuch als Miteigentümer zu je einem Zweitel eingetragen. Zum Hauskauf habe ich meine ganzen damaligen Ersparnisse von Fr. 60'000.00 beigesteuert. Vor vier Jahren wurde unser gemeinsames Kind Denise geboren. Ich reduzierte mein Arbeitspensum auf 50 %, um mehr Zeit für die Betreuung von Denise zu haben. Anfang November 2016 eröffnete mir mein Partner, er habe seit längerem eine Beziehung mit einer anderen Frau, mit welcher er nun zusammenleben möchte. Er habe für mich bereits eine Wohnung gefunden. Ich müsse den Mietvertrag nur noch unterschreiben. Im Schockzustand unterschrieb ich den Mietvertrag und bezog die neue Wohnung Anfang Dezember 2016. Die neue Geliebte wohnt nun mit meinem ehemaligen Partner in unserem gemeinsamen Haus.

Ich möchte mein Geld, das ich beim Erwerb des gemeinsamen Hauses investiert habe, zurück und mit diesem Haus überhaupt nichts mehr zu tun haben. Mein ehemaliger Partner lässt sich diesbezüglich auf keine Diskussionen ein. Was kann ich tun?

Im Weiteren will mein ehemaliger Partner, der gut verdient, auch den im Unterhaltsvertrag, den wir nach der Geburt von Denise abgeschlossen haben, vereinbarten Unterhaltsbeitrag von monatlich Fr. 1'300.00 nebst Kinderzulagen nur im Umfang von Fr. 800.00 bezahlen. Fr. 1'300.00 pro Monat seien zu viel. Was kann ich unternehmen?

Zu Ihrer ersten Frage:

Nach Art. 650 Abs. 1 ZGB hat jeder Miteigentümer grundsätzlich jederzeit und ohne Begründung das Recht, die Aufhebung des Miteigentums zu verlangen. Können sich die Miteigentümer darüber nicht einigen, kann jeder Miteigentümer für den Entscheid über die Durchführung der Aufhebung des Miteigentums an das Gericht gelangen. Das Gericht würde in Ihrem Fall eine öffentliche Versteigerung des Hauses anordnen.

Die Rechtslage ist somit klar: Wenn sich Ihr Partner weiterhin nicht auf Diskussionen einlässt, können Sie den Richter anrufen. Je nach dem bei der Versteigerung erzielten Erlös werden Sie Ihr investiertes Kapital sowie einen allenfalls seit Erwerb entstandenen Mehrwert erhalten.

Wenn Sie noch mehr zur Frage der Aufhebung von Miteigentum erfahren möchten, verweise ich Sie auf unsere Homepage (www.frickerseiler.ch). Dort finden Sie unter "Publikationen" eine Abhandlung mit dem Titel "Fussangeln bei der Aufhebung von Miteigentum".

Zu Ihrer zweiten Frage:

Selbstverständlich ist Ihr ehemaliger Partner verpflichtet, Ihnen den vereinbarten Unterhaltsbeitrag von monatlich Fr. 1'300.00 zu bezahlen. Sie können ihn, wenn er sich tatsächlich abschliessend weigert, seinen Verpflichtungen nachzukommen, betreiben. Nicht nur das: Mit dem seit 1. Januar 2017 geltenden neuen Unterhaltsrecht haben Sie sehr wahrscheinlich einen deutlich höheren Unterhaltsbeitrag zugut. Sie können neben dem Barunterhalt für Denise auch den Betreuungsunterhalt geltend machen, namentlich deshalb, weil Sie seit der Geburt Ihres Töchterchens Ihr Arbeitspensum auf 50 % reduziert haben.

Die sich in Ihrer Situation stellenden Fragen sind komplex. Ich empfehle Ihnen, eine Fachperson zu konsultieren.

Kurt Fricker
k.fricker@frickerseiler.ch

Januar 2017

Ich beabsichtige, einen Hund anzuschaffen. Welche gesetzlichen Vorgaben gibt es im Zusammenhang mit der Hundehaltung?

Die wesentlichen Bestimmungen zur Hundehaltung finden sich im Kanton Aargau im kantonalen Hundegesetz (HuG) sowie in der Verordnung zum Hundegesetz (Hundeverordnung, HuV). Die allgemeinen Pflichten des Hundehalters sind dabei in § 5 HuG festgehalten. Gemäss dieser Bestimmung sind Hundehaltende verpflichtet, a) ihren Hund so zu halten, dass Menschen und Tiere nicht gefährdet oder übermässig belästigt werden, b) ihren Hund jederzeit unter ihrer Aufsicht und Kontrolle zu halten, c) ihren Hund so zu halten, dass die Umwelt nicht belastet wird, d) den Hundekot aufzunehmen und zu entsorgen und d) dafür zu sorgen, dass Dritte, denen der Hund anvertraut wird, in der Lage sind, die Hundehalterpflichten wahrzunehmen. Die HuV präzisiert diese allgemeinen Pflichten in § 6 – 10. So ist es gemäss § 6 Abs. 1 HuV beispielsweise verboten, Hunde unbeaufsichtigt frei laufen zu lassen. Ebenfalls verbietet § 10 HuV die Förderung aggressiven Verhaltens. Weiter beinhalten HuG und HuV unter anderem Vorschriften bezüglich der Hundekontrolle (Meldepflicht,) sowie der Haltung von gefährlichen Hunden bzw. Hunden mit erhöhtem Gefährdungspotenzial. Die HuV listet die Hunde mit erhöhten Gefährdungspotential in § 11 abschliessend auf und regelt in § 12 ff. die Voraussetzung zur Haltung solcher „Listenhunde“. Schliesslich sieht das Hundegesetz in § 19 Stafbestimmungen vor, wonach vorsätzliche oder fahrlässige Übertretungen der Bestimmungen des Hundegesetzes mit Busse bis zu Fr. 10'000.00 bestraft werden können.

Keine expliziten Vorschriften kennen das HuG sowie die HuV zur Leinenpflicht. In § 5 Abs. 1 HuG werden lediglich die Gemeinden ermächtigt, Hundeverbotszonen zu bezeichnen und eine örtlich beschränkte Leinenpflicht vorzusehen. Jedoch sieht die kantonale Verordnung zum Jagdgesetz (Jagdverordnung, AJSV) eine Leinenpflicht für Hunde vor. Gemäss § 21 Abs. 1 AJSV sind Hunde im Wald und am Waldrand vom 1. April bis 31. Juli an der Leine zu führen. In der übrigen Zeit dürfen Hunde auf Waldstrasse unter direkter Aufsicht ohne Leine geführt werden. Ebenfalls regelt § 22 AJSV wie Jäger bei streunenden Hunden und Katzen vorzugehen haben.

Matthias Fricker
m.fricker@frickerseiler.ch