Urteile Bundesgericht vom 24.8.2023

Vermietete Wochenendhäuschen am Neuenbugersee

In einem Entscheid vom Oktober 2023 hatte sich das Bundesgericht mit dem Schicksal von Wochenendhäuschen am Ufer des Neuenburgersees zu befassen. In den Jahren 1961 und 1963 hatte der Kanton Waadt in der Gemeinde Yvonand am Ufer des Neuenburgersees vier Parzellen vermietet, mit der Erlaubnis, darauf Ferienhäuschen zu errichten, die im Eigentum der Mieter verbleiben sollten und die nach der Kündigung des Mietvertrages zu entfernen seien. Im Vertrag war ausdrücklich erwähnt, dass die Parzellen im Fall der Kündigung des Mietvertrages unbebaut zurückzuerstatten seien.

In den Jahren 1966 und 1967 waren zudem Baurechte zwischen dem Grundeigentümer und den Mietern für die mittlerweile darauf erstellten Ferienhäuschen mit einer Dauer bis Ende 2000 errichtet worden. Bei Vertragsablauf sollte der Baurechtsnehmer auf eigene Kosten jegliche bauliche Konstruktion und Installation entfernen und das Terrain ohne Entschädigungsanspruch im Naturzustand zurückgeben. Nach Ablauf der Baurechte im Jahr 2000 wurden die ursprünglichen Mietverträge stillschweigend fortgesetzt.

Im Juni 2019 kündigte der Kanton Waadt schliesslich die Mietverträge auf den 1. April 2000 und forderte die Mieter auf, die Häuschen auf jenen Zeitpunkt zu entfernen und die Grundstücke von jeglicher baulichen Konstruktion oder Installation zu befreien. Die vier Mieter fochten diese Kündigung an und verlangten subsidiär eine Mieterstreckung.

Ein Augenschein des Mietgerichtes ergab, dass die Häuschen auf in den Boden eingelassenen Fundamenten ruhten und allesamt über Strom-, Wasser- und Abwasseranschlüsse verfügten.

Das Mietgericht entschied zugunsten des Kantons als Vermieter und verpflichtete die Mieter, die vier Häuschen innert zweier Monate zu entfernen und die vermieteten Terrains innert dieser Frist zu räumen. Das Waadtländer Appellationsgericht bestätigte diesen Entscheid und auch das letztinstanzlich angerufene Bundesgericht bestätigte die Gültigkeit der Kündigung und die Pflicht der Mieter, ihre Ferienhäuschen auf eigene Kosten abzureissen.

Zur Begründung bezog sich das Bundesgericht auf Art. 677 des Zivilgesetzbuches, wonach Hütten, Buden, Baracken und dergleichen ihren besonderen Eigentümer behalten, wenn sie ohne Absicht bleibender Verbindung auf fremden Boden aufgerichtet sind. Es handelt sich hier um eine Ausnahme vom sogenannten Akzessionsprinzip, wonach in der Regel derjenige Eigentümer einer Baute ist, auf dessen Boden diese errichtet wurde. Mit anderen Worten fallen normalerweise das Eigentum am Boden und dasjenige von darauf errichteten Gebäuden zusammen.

Eine Ausnahme gilt dann, wenn es sich um sogenannte Fahrnisbauten handelt, die nicht fest mit dem Boden verbunden sind und insbesondere ohne die Absicht bleibender Verbindung errichtet wurden. Dabei kommt dem subjektiven Element, d.h. der Absicht der Beteiligten im Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes, besondere Bedeutung zu. Dies war hier entscheidend. Die Parteien hatten beim Abschluss des Mietvertrages klar die Absicht geäussert, dass die auf den Parzellen errichteten Häuschen nach Beendigung des Mietvertrages von den Mietern zu entfernen seien (und damit nicht in das Eigentum des Vermieters fallen sollten). Dies wurde mit den später abgeschlossenen Baurechtsverträgen noch bekräftigt. Dazu kam der Umstand, dass die Hauptsache, nämlich die vier vermieteten Uferparzellen, durch die Entfernung der Bestandteile, nämlich der Ferienhäuser, keinen signifikanten Schaden nehmen würden.

Im Resultat wurden die Eigentümer der Ferienhäuschen und Mieter der Uferparzellen also verpflichtet, ihre Häuschen abzureissen und die Parzellen dem Grundeigentümer zurückzugeben.

Bundesgericht, I. zivilrechtiche Abteilung, Urteil vom 24. Oktober 2023, 4A_337/2022, publiziert auch als BGE 150 III 103.
 

Roger Seiler
r.seiler@frickerseiler.ch