Urteil des Bundesgerichts vom 20. Februar 2019

Die Kosten eines eigenmächtigen Schulwechsels müssen die Eltern selbst tragen

Eltern in einer aargauischen Gemeinde entschieden aufgrund eines schwelenden Konflikts ihrer Tochter mit einer Schulkollegin, die Tochter per sofort aus der Schule zu nehmen und in der Nachbarsgemeinde in die Schule zu schicken. Den Schulwechsel begründeten die Eltern mit dem Leidensdruck ihrer Tochter. Zwar wurde die Tochter in der Schule der Nachbarsgemeinde aufgenommen, doch wurden die Eltern verpflichtet, die Kosten für den auswärtigen Unterricht, den Transport sowie die Verpflegung aus der eigenen Tasche zu bezahlen. Die Wohngemeinde weigerte sich, diese Kosten zu übernehmen, da die Eltern eigenmächtig und ohne vorgängige Absprache mit der Gemeinde den Schulwechsel vollzogen hatten. Die Eltern wehrten sich gegen die Weigerung der Gemeinde, die Kosten zu übernehmen, und zogen den Entscheid bis vor das Bundesgericht. Die Beschwerde ans Bundesgericht war jedoch nicht von Erfolg gekrönt: Dieses hat nun nämlich entschieden, dass die Eltern die Schulkosten selbst berappen müssen, da sie eigenmächtig gehandelt hatten. 

Die Kantone müssen einen ausreichenden Grundschulunterricht sicherstellen, der allen Kindern offen steht. Er ist obligatorisch und an öffentlichen Schulen unentgeltlich (Art. 62 Abs. 2 sowie Art. 19 der Schweizerischen Bundesverfassung [BV]). Grundsätzlich besteht somit ein Anspruch auf unentgeltlichen Grundschulunterricht. Art. 19 Abs. 1 BV gewährleistet die Unentgeltlichkeit des Schulbesuchs jedoch nur in jenem Schulhaus, das dem Kind durch die Gemeinde des gewöhnlichen Aufenthalts zugewiesen wird (BGE 125 I 347 E. 6 S. 360).

Kein Anspruch auf die Übernahme des Schulgelds besteht, wenn das Kind auf Initiative der Eltern eine Privatschule bzw. eine öffentliche Schule in einer anderen Gemeinde besucht. In diesem Fall müssen die Eltern die Kosten selbst tragen. Eine Ausnahme ist gemäss Bundesgericht dann anzunehmen, wenn die Entwicklung des Kindes am ordentlichen Schulort ernsthaft gefährdet ist und es den zuständigen Schulbehörden nicht gelingt, die Situation - beispielsweise durch Umteilung in eine andere Klasse - zu entschärfen. Liegt eine solche Situation vor, muss die zuständige Gemeinde den unentgeltlichen Schulbesuch ausnahmsweise auch auswärts gewährleisten, wenn diese Massnahme geeignet ist, eine Besserung der Situation herbeizuführen. Verhindert werden muss, dass die Behörden durch die Eltern vor vollende Tatsachen gestellt werden.

Auch wenn der Konflikt für das Mädchen im vorliegenden Fall sehr belastend gewesen ist und ihr psychischer Zustand Anlass zu Sorgen gegeben hat, bestand gemäss der Einschätzung der Verwaltungsbehörden und der Gerichte keine psychische Ausnahmesituation, die sofortiges Handeln nahegelegt hätte. Nachdem die Eltern zudem regelmässig im Gespräch mit den Schulbehörden standen und kurz vor dem Schulwechsel ihr Vertrauen diesen gegenüber ausgesprochen hatten, bestand kein Grund für einen sofortigen und eigenmächtigen Schulwechsel. Das Bundesgericht hielt entsprechend im Entscheid vom 20. Februar 2019 fest, dass die Gemeinde die Kostenübernahme für den auswärtigen Schulunterricht sowie die Transport- und Verpflegungskosten zu Recht verweigert hatte.

Bundesgericht, II. öffentlich-rechtliche Abteilung, Urteil 2C_561/2018 vom 20. Februar 2019

Corinne Moser
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