Urteil des Bundesgerichts vom 18. September 2018
Mängelbehebungsansprüche der Stockwerkeigentümergemeinschaft
Das Bundesgericht hatte den Streit zwischen dem Ersteller eines Mehrfamilienhauses und der entsprechenden Stockwerkeigentümergemeinschaft zu beurteilen. Es waren Baumängel aufgetreten und die Stockwerkeigentümergemeinschaft hatte vom Ersteller die Bevorschussung der Kosten verlangt, die zur Behebung der Mängel nötig waren. Die Stockwerkeigentümergemeinschaft hatte zwar den Beschluss gefasst, gegen den Ersteller gerichtlich vorzugehen, aber nicht alle Stockwerkeigentümer hatten ihre Mängelbehebungsansprüche an sie abgetreten. In dieser Situation machte der Ersteller geltend, dem einzelnen Stockwerkeigentümer könne ein Anspruch auf Mängelbehebung nur im prozentualen Umfang seiner Wertquote an der Gesamtliegenschaft zugesprochen werden. Diese Rechtsauffassung hat auch der früheren Bundesgerichtspraxis entsprochen.
In Änderung dieser Praxis hat das Bundesgericht im Entscheid BGE 145 III 8 vom 18. September 2018 entschieden, der werkvertragliche Nachbesserungsanspruch für gemeinsame Bauteile im Stockwerkeigentum sei nicht quotenbezogen. Vielmehr stehe jedem einzelnen Stockwerkeigentümer der ungeteilte Anspruch zu, die umfassende Nachbesserung zu verlangen. Der Unternehmer, der vertraglich die Erstellung einer Stockwerkeinheit übernehme, sei dem Besteller gegenüber zur Ablieferung des mängelfreien Werkes auch in Bezug auf Bauteile verpflichtet, die anderen Miteigentümern ebenfalls zur Nutzung zuständen. Der Nachbesserungsanspruch sei unteilbar und jeder einzelne Stockwerkeigentümer könne seine vertraglichen Nachbesserungsansprüche gegenüber dem Unternehmer auch dann ungeteilt ausüben, wenn diese Ansprüche gemeinsame Bauteile eines in Stockwerkeigentum aufgeteilten Werkes beträfen.
Im konkreten Fall erhielt die Gemeinschaft damit Recht und sie konnte gestützt auf die Abtretung der Ansprüche von einzelnen Stockwerkeigentümern gegenüber dem Unternehmer die gesamte Nachbesserungssumme durchsetzen. Diese Praxisänderung des Bundesgerichtes bedeutet im Grundsatz aber auch, dass es einem einzelnen Stockwerkeigentümer möglich ist, selber gegen den Ersteller vorzugehen und die Mängelbehebung nicht nur an Teilen in seinem Sonderrecht zu verlangen, sondern auch an gemeinschaftlichen Teilen des Gebäudes.
BGE 145 III 8 vom 18. September 2018
Roger Seiler
r.seiler@frickerseiler.ch