Urteil des Bundesgerichts vom 2. Mai 2017

Folgen einer absichtlichen Einkommensreduktion auf die Höhe der Unterhaltsbeiträge

Grundsätzlich kann eine Einkommenseinbusse auf Seiten des Unterhaltsschuldners zu einer Reduktion der Unterhaltsbeiträge führen. Das Bundesgericht hatte sich nun mit der Frage zu befassen, ob dies auch dann gilt, wenn der Unterhaltsschuldner sein Einkommen absichtlich reduziert.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde:  

Der Ehemann wurde im Jahr 2013 während eines Scheidungsverfahrens verpflichtet, seiner Ehefrau für deren persönlichen Unterhalt monatlich Fr. 3'000.00 sowie für den Unterhalt seiner beiden Kinder je Fr. 2'000.00 zu bezahlen. Im Jahr 2015 beantragte der Ehemann dann die Reduktion der Unterhaltsbeiträge an die Frau. Er begründete dies mit einer inzwischen eingetretenen Arbeitslosigkeit.  

Das erstinstanzliche Gericht sowie die Berufungsinstanz hiessen das Gesuch des Ehemannes gut. Dagegen erhob die Ehefrau Beschwerde beim Bundesgericht. Diese Beschwerde wurde vom Bundesgericht gutgeheissen. Zur Begründung führten die Richter in Lausanne aus, der Ehemann habe seine gut bezahlte Arbeit in der Finanzbranche von sich aus aufgegeben ohne dass ihm von seiner Arbeitgeberin gekündigt worden wäre. Mit seiner Kündigung sei es ihm einzig und allein darum gegangen, seiner Ehefrau weniger bezahlen zu müssen. Dieses Verhalten stufte das Bundesgericht als böswillig und rechtsmissbräuchlich. Eine Abänderung des Unterhaltsbeitrags sei daher ausgeschlossen.  

Mit diesem Urteil änderte das Bundesgericht seine bisherige Praxis. In früheren Urteilen stellte es sich noch auf den Standpunkt, ein hypothetisches Einkommen dürfe nur dann angerechnet werden, wenn der betroffene Ehegatte seinen (selbst herbeigeführten) Verdienstausfall wieder rückgängig machen kann. Diese Praxis gilt nun nicht mehr. Laut Bundesgericht kann es nicht angehen, dass der Unterhaltschuldner mit einer eigenmächtigen Kündigung in Schädigungsabsicht gegenüber der Unterhaltsgläubigerin selbst den Sachverhalt schafft, den er später als Grundlage für eine Abänderung des Unterhaltsbeitrags vorschieben will. 

Bundesgericht, II. zivilrechtliche Abteilung, Urteil 5A_297/2016 vom 2. Mai 2017

Matthias Fricker
m.fricker@frickerseiler.ch